Brüder Des Zorns
unauffällig. Bei den Soldaten handelte es sich um einfache Burschen vom Land, die sich bei lang anhaltenden Kämpfen, bei denen mit hohen Verlusten gerechnet werden musste, als nützlich erwiesen. Sie waren schnell und einfach zu ersetzen. Die meisten trugen wattierte Brustpanzer und Leder- oder Flechtschilde. Die Rüstungen der Offiziere bestanden aus farbig lackierten Bambusstäben. Die Speere hatten Stein- oder Bronzespitzen, und ein paar Männer hielten Streitkolben in den Händen.
Nun marschierte eine Truppe von der Südküste auf. Diese Männer trugen das lange schwarze Haar auf dem Kopf zu einem Knoten verschlungen. Lange Schnurrbärte hingen bis auf die Brust herab. Jeder Krieger führte einen mehr als mannshohen Bogen und einen armlangen Köcher voller Pfeile mit sich. Sie trugen weiße Kilts, aber keine Rüstung, und in den Gürteln steckten scharfe Messer für den Nahkampf.
Mit besorgtem Blick beobachtete Gasam die nächste Truppe, die Caboreiter aus dem chiwanischen Hochland. Er hatte gehofft, eine starke Kavallerie aufzubauen, lernte jedoch schon bald, den Fähigkeiten der Reiter und ihrem Nutzen zu misstrauen. Mit eigenen Augen hatte er erlebt, welche Erfolge Haels berittene Bogenschützen erzielten, aber seine Leute waren im Gegensatz zu Haels Kriegern nicht im Sattel geboren worden und vermochten seine hohen Erwartungen nicht zu erfüllen. Er hatte nicht vor, sich bei dem bevorstehenden Feldzug zu sehr auf. diese Truppe zu verlassen, da die tropische Hitze den Cabos angeblich nicht bekam.
Nach den Truppen, die aus besiegten Völkern bestanden, marschierte das eigentliche Rückgrat der Armee auf: die Insulaner. Sie stammten aus verschiedenen Stämmen, die ausnahmslos sehr kriegerisch waren. Die Verweichlichung der Festlandbewohner hatte sie nie erreicht. Ihren Fähigkeiten vertraute Gasam ohne jeden Zweifel.
Zuletzt erschien sein ganzer Stolz: die Shasinn. Das Volk, dem auch er angehörte. Die Männer waren groß, schlank, kräftig und muskulös. Sie hatten bronzefarbene Haut, und sämtliche Haarfarben von silberweiß bis goldblond waren vertreten. Alle Krieger sahen blendend aus und waren sich dessen bewusst. Die kunstvoll geschmiedeten Bronzespeere und langen schwarzen Schilde waren überall bekannt. Gasam hatte sämtliche Stammesfehden auf den Inseln beendet und herrschte nun über mehr Shasinn, als er sich je hätte träumen lassen. Vor ihm standen erfahrene Männer, die seit Jahren für ihn kämpften, und zahlreiche junge Krieger, deren Haare der Sitte gemäß in viele winzige Zöpfe geflochten waren.
Mit diesen Kriegern ging Gasam äußerst umsichtig um. Bei der Schlacht bildeten sie die Reserve und wurden nur im Notfall eingesetzt oder wenn sich die Möglichkeit ergab, den Kampf durch einen schnellen Vorstoß zu beenden. Dafür verehrten sie ihn mit der Hingabe, mit der die Leute vom Festland ihren Göttern huldigten.
Auf den Inseln hüteten die Shasinn große Viehherden und verübten Raubzüge. Sie lebten in Kriegergemeinschaften, und es war ihnen verboten zu heiraten, ehe sie nicht zu den älteren Kriegern zählten, was in der Regel erst geschah, wenn sie Ende Zwanzig waren. Das alles hatte Gasam geändert. Er löste die Gemeinschaften auf und schenkte seinem Volk Sklaven, um die Herden zu hüten. Inzwischen beschäftigten sich alle Krieger ausschließlich mit dem Kampf. Er ermunterte sie, jung zu heiraten und so viele Kinder wie möglich in die Welt zu setzen, um seine Macht zu untermauern. Shasinn konnte er nie genug haben.
»Sie sind bereit, mein König«, sagte ein narbengesichtiger Offizier, der neben ihm stand.
»Das sind sie«, antwortete Gasam zufrieden. »Morgen marschieren wir. Luo, du wirst deine Truppen durch den mittleren Pass fuhren. Urlik, du nimmst den südlichen.« Urlik war ein Häuptling der Asasa, die den Shasinn bis auf die dunklen Haare und Augen sehr ähnlich sahen.
»Wie mein König befiehlt«, sagte Urlik. »Wie willst du die Armee aufteilen?«
»Jeder von euch nimmt ein Regiment Shasinn mit, die übrigen behalte ich. Luos Truppen und auch meine haben außerdem eine kleine Schwadron Berittener. Beim Kampf nützen sie uns nicht viel, sie mögen aber als Späher hilfreich sein. Urlik, du nimmst den Rest. Das Gebiet im Süden ist besser für sie geeignet.«
Urlik nickte. »Gut. Ich habe mir schon ein paar Neuerungen für sie überlegt und brenne darauf, sie zu erproben.«
»Wunderbar! Erstatte mir genauen Bericht, wenn du Erfolg hast.« Gasam sah es gerne,
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