Brunetti 04 - Vendetta
der sich an meinem Apparat meldet, nein?«
»Selbstverständlich nicht«, sagte Brunetti, obwohl er diese Bitte merkwürdig fand.
»Und ich rufe Sie an, wenn mir der Name Trevisan noch einmal begegnet. Sehen Sie mal, ob sich nicht irgendeine Verbindung zwischen den beiden finden läßt. Eine Telefonnummer ist nicht gerade viel.«
Der Meinung war Brunetti auch, obwohl es immerhin etwas war, und was Trevisans Tod anging, sogar einiges mehr, als sie bisher hatten.
Della Corte verabschiedete sich so abrupt, als wäre er zu etwas Wichtigerem gerufen worden.
Brunetti legte den Hörer auf und lehnte sich in seinem Schreibtischsessel zurück. Er versuchte sich vorzustellen, was den venezianischen Anwalt mit dem Steuerberater aus Padua verbinden könnte. Beide Männer waren sicher in den gleichen gesellschaftlichen und beruflichen Kreisen herumgekommen, so daß es einen nicht erstaunen mußte, wenn sie sich kannten oder wenn im Adreßbuch des einen die Telefonnummer des anderen stand. Wie merkwürdig aber, daß sie dort ohne Namen stand und in welch eigenartiger Gesellschaft: zwei öffentliche Telefonzellen und einige Nummern, die es offenbar nirgends gab. Und noch merkwürdiger war, daß diese Nummer im Adreßbuch eines Mannes stand, der in derselben Woche umgebracht wurde wie Trevisan.
12
Brunetti rief unten bei Signorina Elettra an, um zu fragen, ob die Telecom schon auf sein Ersuchen reagiert hatte, ihm eine Liste mit Trevisans sämtlichen Telefongesprächen der letzten sechs Monate zu geben, und mußte hören, daß sie ihm die Liste schon gestern auf den Schreibtisch gelegt hatte. Er bedankte sich, legte auf und fing an, die vor ihm liegenden Papiere zu sortieren, schob die Personalberichte beiseite, die er schon vor vierzehn Tagen hätte bearbeiten sollen, ebenso den Brief eines Kollegen, mit dem er in Neapel zusammengearbeitet hatte, der aber zu deprimierend war, um ihn noch einmal zu lesen oder zu beantworten.
Die Liste mit den Telefonaten war da, eine Mappe mit fünfzehn Seiten Computerausdruck. Ein kurzer Blick auf die erste Seite sagte ihm, daß nur die Ferngespräche aufgeführt waren, sowohl von der Kanzlei als auch von Trevisans Privatanschluß aus. Jede Spalte begann mit der Ortsoder gegebenenfalls der Ländervorwahl, gefolgt von der angewählten Teilnehmernummer sowie Uhrzeit und Dauer des Gesprächs. Rechts waren in einer Sonderspalte die Namen der Städte und Länder aufgeführt, zu denen die jeweiligen Nummern gehörten. Er blätterte rasch die Seiten durch und stellte fest, daß nur die abgehenden Gespräche aufgelistet waren, nicht aber die eingehenden. Vielleicht waren letztere nicht angefordert worden, oder vielleicht brauchte die Telecom länger, sie zuzuordnen, oder vielleicht, und ebensogut möglich, war irgendein neuer bürokratischer Alptraum für die Bearbeitung solcher Ersuchen ersonnen worden, und die Informationen kamen später.
Brunetti ließ seinen Blick über die rechte Spalte mit den Städtenamen wandern. Auf den ersten Seiten ergab sich noch kein Schema, aber ab der vierten sah er, daß Trevisan, oder, wie er sich gewissenhaft sagte, wer sonst von dessen Apparat aus telefonierte, regelmäßig drei Nummern in Bulgarien angerufen hatte, mindestens zwei- oder dreimal im Monat. Dasselbe galt für Nummern in Ungarn und Polen. Er erinnerte sich, daß schon della Corte Bulgarien und Polen erwähnt hatte, Ungarn allerdings nicht. Dazwischen waren Gespräche mit den Niederlanden und England aufgeführt, die vielleicht durch Trevisans Anwaltstätigkeit zu erklären waren. Die Dominikanische Republik tauchte nirgends auf, und bei den Gesprächen mit Österreich und den Niederlanden, die della Corte beide auch erwähnt hatte, ließ sich keine Regelmäßigkeit erkennen.
Brunetti hatte keine Ahnung, wie viele von den Geschäften eines Anwalts wohl übers Telefon abgewickelt wurden, und konnte darum auch nicht sagen, ob die Liste, die er hier las, eine unüblich hohe Zahl von Gesprächen verzeichnete.
Er rief in der Zentrale an und ließ sich mit der Nummer verbinden, die della Corte ihm gegeben hatte. Als er den anderen am Apparat hatte, meldete Brunetti sich mit Namen und bat um die Nummern in Padua und Mestre aus Faveros Adreßbuch.
Als della Corte sie ihm durchgegeben hatte, sagte Brunetti: »Ich habe hier eine Liste von Trevisans Telefonaten, aber nur von den Ferngesprächen, da ist die Nummer in Mestre nicht dabei. Wollen Sie warten, während ich nach der Nummer in Padua
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