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Brunetti 04 - Vendetta

Brunetti 04 - Vendetta

Titel: Brunetti 04 - Vendetta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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Finanzgeschäfte anvertraut hat, dachte ich, Sie könnten uns vielleicht sagen, ob es unter seinen Klienten jemanden gab, der - ich weiß nicht recht, wie ich es ausdrücken soll - der möglicherweise unzufrieden mit Signor Trevisan war.«
    »›Unzufrieden‹, Commissario?«
    Brunetti blickte auf seine Knie, ganz der Mann, der sich schon wieder im Netz seiner eigenen sprachlichen Unbeholfenheit verfangen hat, einer, den Lotto beruhigt für einen ebenso unbeholfenen Polizisten halten konnte.
    Schließlich brach Lotto das lange Schweigen. »Es tut mir leid, aber ich verstehe immer noch nicht«, sagte er, und seine viel zu dick aufgetragene ehrliche Verwirrung erfreute Brunetti, zeigte sie doch, daß Lotto sich in Gesellschaft eines Mannes wähnte, der sich auf Feinheiten oder komplizierte Zusammenhänge nicht verstand.
    »Nun, Signor Lotto, da wir kein Motiv für diesen Mord haben... «, begann Brunetti.
    »War es denn kein Raubmord?« unterbrach ihn Lotto mit erstaunt hochgezogenen Augenbrauen.
    »Es wurde nichts gestohlen, Signore.«
    »Der Dieb wurde vielleicht gestört? Überrascht?«
    Brunetti würdigte die Überlegung mit der Nachdenklichkeit, die sie verdient gehabt hätte, wäre sie noch nie vorgebracht worden, und genau das wollte er Lotto ja gern glauben machen. »Möglich wäre es«, meinte er dann, als hätte er es mit seinesgleichen zu tun. Er nickte vor sich hin, während er diese neue Möglichkeit bedachte. Doch mit der Beharrlichkeit eines Hundes kam er wieder auf seinen ersten Gedanken zurück. »Wenn es aber nicht so war, wenn wir es hier tatsächlich mit einem Mord zu tun haben, könnte das Motiv mit seinem Beruf zusammenhängen.« Brunetti fragte sich, ob Lotto nun versuchen würde, den klar vorgezeichneten Gang dieser Überlegungen abzukürzen, bevor er bei der nächsten Möglichkeit landete, daß nämlich das Motiv in Trevisans Privatleben zu suchen war.
    »Wollen Sie damit andeuten, es könnte ein Klient gewesen sein?« fragte Lotto ungläubig: Dieser Polizist hatte wohl nicht die mindeste Vorstellung von der Sorte Klienten, mit denen ein Mann wie Trevisan zu tun hatte.
    »Ich weiß, wie unwahrscheinlich das ist«, sagte Brunetti mit einem Lächeln, das hoffentlich nervös aussah. »Aber es wäre immerhin möglich, daß Signor Trevisan in seiner Eigenschaft als Anwalt in den Besitz von Informationen gelangt ist, die für ihn gefährlich waren.«
    »Über einen seiner Klienten? Wollen Sie dies damit sagen, Commissario?« Der schockierte Unterton in Lottos Worten machte deutlich, wie überlegen er sich diesem Polizisten gegenüber dünkte.
    »Ja.«
    »Unmöglich.«
    Brunetti lächelte noch einmal kurz. »Mir ist klar, daß es schwer zu glauben ist, aber dennoch brauchen wir, und sei es nur, um diese Möglichkeit auszuschließen, eine Liste von Signor Trevisans Klienten, und ich dachte, Sie als sein Geschäftsführer könnten sie uns geben.«
    »Haben Sie vor, die Leute in die Sache hineinzuziehen?« fragte Lotto, nicht ohne dafür zu sorgen, daß Brunetti die vorweggenommene Entrüstung in seinen Worten auch verstand.
    »Ich versichere Ihnen, wir werden alles in unserer Macht Stehende tun, sie überhaupt nicht merken zu lassen, daß wir ihre Namen kennen.«
    »Und wenn Sie diese Namen nun nicht bekämen?«
    »Dann würden wir uns gezwungen sehen, eine gerichtliche Verfügung zu beantragen.«
    Lotto trank aus und stellte sein leeres Glas links von sich auf den Tisch. »Ich könnte Ihnen wohl eine Liste zusammenstellen lassen.« Sein Widerstreben war hörbar. Schließlich hatte er es mit der Polizei zu tun. »Aber ich möchte Sie daran erinnern, daß es sich dabei nicht um die Art Leute handelt, die üblicherweise Objekt polizeilicher Ermittlungen sind.«
    Unter anderen Umständen hätte Brunetti hier angemerkt, daß die Polizei in den letzten Jahren kaum etwas anderes getan hatte, als gegen ›die Art Leute‹ zu ermitteln, aber er behielt es diesmal für sich und antwortete statt dessen: »Mir ist das sehr wohl klar, Signor Lotto.«
    Der Steuerberater räusperte sich. »Ist das alles?«
    »Ja«, sagte Brunetti, wobei er die restliche Flüssigkeit in seinem Glas kreisen ließ und zusah, wie sie an den Seitenwänden hochstieg und wieder heruntersank. »Eine Kleinigkeit hätte ich noch, aber die ist kaum der Rede wert.« Das ekelhafte Gesöff kreiste weiter in Brunettis Glas.
    »Ja?« fragte Lotto desinteressiert, nachdem nun der eigentliche Grund für den Besuch dieses Polizisten abgehakt

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