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Brunetti 04 - Vendetta

Brunetti 04 - Vendetta

Titel: Brunetti 04 - Vendetta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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war.
    »Rino Favero«, sagte Brunetti und ließ den Namen so leicht wie einen flatternden Schmetterling in die Luft entschweben.
    »Was?« entfuhr es Lotto, der seine Verblüffung nicht verbergen konnte. Und Brunetti blinzelte zufrieden und so einfältig wie nur möglich, bevor er wieder in sein Glas schaute. Lotto formulierte seine Frage zu einem neutralen »Wer?« um.
    »Favero, Rino. Er war auch Steuerberater. In Padua, soviel ich weiß. Ich dachte nur, ob Sie ihn vielleicht kennen, Signor Lotto.«.
    »Kann sein, daß ich den Namen schon mal gehört habe. Warum fragen Sie?«
    »Er ist vor kurzem gestorben. Von eigener Hand.« Für Brunettis Geschmack war das genau der Euphemismus, den ein Mann von Lottos sozialer Stellung in Verbindung mit dem Selbstmord eines Mannes von Faveros Stellung gebrauchen würde. Er wartete ab, wie groß dessen Neugier wohl war.
    »Warum fragen Sie?«
    »Ich dachte, wenn Sie ihn vielleicht kannten, wäre es doch traurig für Sie, zwei Freunde so rasch hintereinander zu verlieren.«
    »Nein, ich kannte ihn nicht. Jedenfalls nicht persönlich.«
    Brunetti schüttelte den Kopf. »Eine tragische Geschichte.«
    »Ja«, antwortete Lotto kurz und erhob sich. »Haben Sie sonst noch etwas, Commissario?«
    Brunetti stand auf, sah sich hilflos nach einem Platz für sein noch halbvolles Glas um und ließ es sich gern von Lotto abnehmen, der es neben sein eigenes auf den Tisch stellte. »Nein, nur die Liste mit den Klienten.«
    »Morgen. Oder übermorgen«, sagte Lotto, schon auf dem Weg zur Tür.
    Brunetti vermutete, daß es wohl letzteres sein würde, ließ sich dadurch aber nicht davon abhalten, dem anderen die Hand hinzustrecken und sich wortreich für die geopferte Zeit und das Entgegenkommen des Steuerberaters zu bedanken.
    Lotto brachte Brunetti zum Ausgang, schüttelte ihm noch einmal die Hand und schloß die Tür hinter ihm. Im Flur blieb Brunetti kurz stehen und sah sich das diskrete Bronzeschild an, das rechts neben der gegenüberliegenden Tür hing: »C. T REVISAN A VVOCATO«. Er hegte nicht den geringsten Zweifel, daß hinter dieser Tür die gleiche Atmosphäre tüchtiger Geschäftigkeit herrschte wie hinter der, aus der er soeben gekommen war; ebenso überzeugt war er, daß die beiden Büros weit mehr verband als nur die räumliche Nähe; und zum dritten war er jetzt sicher, daß beide auch irgendwie mit Rino Favero in Verbindung standen.

15
    Am nächsten Morgen fand Brunetti auf seinem Schreibtisch, gefaxt von Capitano della Corte aus Padua, eine Kopie der Akte Rino Favero, dessen Tod zumindest gegenüber der Presse und der Öffentlichkeit noch immer als Selbstmord dargestellt wurde. Die Akte sagte ihm über Faveros Tod wenig mehr, als della Corte ihm schon am Telefon gesagt hatte; interessant fand Brunetti höchstens, was sie über Faveros Stellung in der Gesellschaft und Finanzwelt von Padua aussagte, einer verschlafenen, reichen Stadt etwa eine halbe Stunde westlich von Venedig.
    Favero war auf Körperschaftsrecht spezialisiert gewesen und stand einer Firma mit sieben Steuerberatern vor, die nicht nur in Padua, sondern in der gesamten Provinz höchstes Ansehen genoß. Zu seinen Klienten zählten wichtige Geschäftsleute und Unternehmer dieser fabrikenreichen Provinz sowie die Dekane dreier verschiedener Fakultäten der Universität, die als eine der besten in ganz Italien galt. Brunetti kannte die Namen vieler der Firmen, deren Finanzen von Favero betreut wurden, ebenso die Namen vieler seiner Privatklienten. Ein Muster war nicht zu erkennen: Chemie, Lederwaren, Reisebüros, Stellenvermittlungen, das Politikwissenschaftliche Institut; Brunetti sah keinerlei Verbindungslinien zwischen ihnen.
    Er war so kribbelig und auf Handeln erpicht, oder auch nur schon auf einen Ortswechsel, daß er daran dachte, nach Padua zu fahren und mit della Corte zu reden, aber nach kurzer Überlegung beschloß er, ihn statt dessen anzurufen. Dabei fiel ihm della Cortes Mahnung ein, er solle mit niemand anderem über Favero sprechen, eine Warnung, die ihm sagte, daß es mehr über Favero - vielleicht auch über die paduanische Polizei - zu wissen gab, als della Corte vorerst preisgeben mochte.
    »Della Corte«, meldete sich der Capitano beim ersten Klingeln.
    »Guten Morgen, Capitano. Hier ist Brunetti. Aus Venedig.«
    »Guten Morgen, Commissario.«
    »Ich wollte fragen, ob es bei Ihnen etwas Neues gibt«, sagte Brunetti.
    »Ja.«
    »In Sachen Favero?«
    »Ja«, antwortete della Corte kurz und meinte

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