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Brunetti 04 - Vendetta

Brunetti 04 - Vendetta

Titel: Brunetti 04 - Vendetta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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einen Schreibtisch und zwei Stühle stehen. Das einzige Fenster war zu, die Läden geschlossen. Sie knipste das Licht an, eine nackte, schwache Glühbirne, die an einem kurzen Kabel von der Decke hing.
    Ohne sich zu Brunetti umzudrehen, zog Mara ihre Jacke aus und hängte sie sorgsam über die Lehne des einen Stuhls. Dann setzte sie sich auf die Bettkante und löste die Riemchen ihrer Schuhe. Brunetti hörte sie erleichtert aufatmen, als sie die Dinger zu Boden fallen ließ. Immer noch ohne ihn anzusehen, machte sie ihren Rock auf, faltete ihn zusammen und legte ihn über die Jacke. Darunter hatte sie nichts an. Sie setzte sich zuerst, dann legte sie sich aufs Bett, wobei sie ihn noch immer keines Blickes würdigte.
    »Es kostet extra, wenn du meine Brüste anfassen willst«, sagte sie, bevor sie sich auf die Seite drehte, um den Bettüberwurf glattzustreichen, der sich unter ihrer Schulter verknüllt hatte.
    Brunetti ging durchs Zimmer und setzte sich auf den freien Stuhl. »Woher kommst du, Mara?« fragte er in normalem Italienisch, ohne venezianischen Akzent.
    Sie sah überrascht auf, entweder ob der Frage oder weil sie in ganz normalem Konversationston gestellt worden war. »Hör mal, du Rohrleger«, sagte sie, eher müde als ärgerlich, »du bist nicht zum Reden hier, und ich auch nicht, also kommen wir zur Sache, damit ich wieder an meine Arbeit gehen kann, ja?« Sie drehte sich ganz auf den Rücken und spreizte die Beine.
    Brunetti sah weg. »Woher kommst du, Mara?« fragte er noch einmal.
    Sie klappte die Beine zusammen und schwang sie über den Bettrand, um sich dann aufzusetzen und ihn anzusehen. »Hör mal, wenn du vögeln willst, dann bringen wir's hinter uns, ja? Ich kann nicht die ganze Nacht hier herumsitzen und reden. Und außerdem geht es dich einen Scheißdreck an, woher ich komme.«
    »Brasilien?« mutmaßte er aufgrund ihres Akzents.
    Sie gab einen ärgerlichen, angewiderten Ton von sich, stand auf und griff nach ihrem Rock. Sie bückte sich, stieg hinein, zog ihn hoch und zerrte wütend am Reißverschluß. Dann angelte sie mit einem Fuß nach ihren Schuhen, die sie vorhin unters Bett geschoben hatte. Schließlich setzte sie sich wieder auf die Bettkante und fing an, die Riemchen festzuziehen.
    »Er kann dafür eingelocht werden«, sagte Brunetti in unverändert ruhigem Ton. »Er hat Geld von mir genommen. Das könnte ihm ein paar Monate einbringen.«
    Die Riemchen, die ihre Schuhe an den Fußgelenken hielten, saßen beide fest, aber sie blickte weder zu Brunetti auf, noch machte sie Anstalten, sich vom Bett zu erheben. Sie saß mit gesenktem Kopf da und hörte zu.
    »Das wünschen Sie ihm doch sicher nicht, oder?« fragte Brunetti.
    Sie schnaubte angeekelt und ungläubig.
    »Dann denken Sie mal nach, was er wohl machen wird, wenn er wieder rauskommt, Mara. Sie haben mich nicht erkannt. Er muß ja wohl Ihnen die Schuld geben.«
    Jetzt sah sie auf und streckte die Hand aus. »Kann ich Ihren Ausweis sehen?«
    Brunetti reichte ihn ihr.
    »Was wollen Sie?« fragte sie, nachdem sie ihm den Dienstausweis zurückgegeben hatte.
    »Ich will wissen, woher Sie kommen.«
    »Warum? Damit Sie mich zurückschicken können?« fragte sie, wobei sie ihm in die Augen sah.
    »Ich bin nicht von der Ausländerpolizei, Mara. Es interessiert mich nicht, ob Sie legal oder illegal hier sind.«
    »Was wollen Sie denn dann?« fragte sie, Wut in der Stimme.
    »Ich möchte wissen, woher Sie kommen.«
    Sie zögerte nur kurz, suchte nach einem Haken, fand keinen und antwortete: »São Paulo.« Er hatte also recht gehabt; der leichte Akzent war brasilianisch.
    »Wie lange sind Sie schon hier?«
    »Zwei Jahre«, sagte sie.
    »Und arbeiten als Prostituierte?« Er versuchte das Wort so klingen zu lassen, daß es nur eine Bezeichnung war, keine Verurteilung.
    »Ja.«
    »Haben Sie schon immer für diesen Mann gearbeitet?«
    Sie sah ihn an. »Seinen Namen verrate ich nicht«, sagte sie.
    »Ich will seinen Namen nicht wissen, Mara. Ich will wissen, ob Sie schon immer für ihn gearbeitet haben.«
    Sie sagte etwas, aber ihre Stimme war so leise, daß er nichts verstand.
    »Wie bitte?«
    »Nein.«
    »Immer in dieser Bar?«
    »Nein.«
    »Wo haben Sie davor gearbeitet?«
    »Woanders«, antwortete sie ausweichend.
    »Seit wann arbeiten Sie in der Bar?«
    »Seit September.«
    »Warum?«
    »Warum was?«
    »Warum sind Sie in diese Bar gewechselt?«
    »Die Kälte. Ich bin nicht daran gewöhnt, und im letzten Winter bin ich bei der Arbeit draußen

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