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Brunetti 04 - Vendetta

Brunetti 04 - Vendetta

Titel: Brunetti 04 - Vendetta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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Signora«, sagte Brunetti, froh, doch wenigstens einen der beiden mit Erfolg provoziert zu haben. »Darum stelle ich gern Fragen, die leicht zu beantworten sind. Hier zum Beispiel mit einer Zahl. Seit wann arbeitete Signor Martucci für Ihren Gatten?«
    »Seit zwei Jahren«, antwortete Martucci.
    Brunetti richtete seine Aufmerksamkeit wieder ganz auf den Anwalt und fragte: »Wenn ich nun noch nach den sonstigen Testamentsbestimmungen fragen dürfte?«
    Martucci wollte schon antworten, aber Signora Trevisan hob die Hand. »Das beantworte ich, Avvocato.« Und zu Brunetti gewandt: »Der Großteil von Carlos Besitz geht, wie es gesetzlich durchaus üblich ist, an mich als seine Witwe und an seine Kinder, zu gleichen Teilen. Es wurden noch ein paar Verwandte und Freunde bedacht, aber der Großteil geht an uns. Befriedigt das Ihre Neugier?«
    »Durchaus, Signora.«
    Martucci machte jetzt Anstalten aufzustehen. »Wenn das alles ist, was Sie hier wollten...«, meinte er.
    »Ich habe noch mehr Fragen«, sagte Brunetti, zu Signora Trevisan gewandt. »An Sie, Signora.«
    Sie nickte, ohne ihn eines Wortes zu würdigen, und warf Martucci einen besänftigenden Blick zu.
    »Haben Sie ein Auto?«
    »Bedaure, diese Frage verstehe ich nicht«, sagte sie nach einer kurzen Pause.
    Brunetti wiederholte: »Haben Sie ein Auto?«
    »Ja.«
    »Was für eines?«
    »Ich weiß nicht, wozu das gut sein soll«, redete Martucci dazwischen.
    Ohne sich um ihn zu kümmern, antwortete Signora Trevisan: »Einen BMW. Drei Jahre alt. Grün.«
    »Danke«, sagte Brunetti, ohne eine Miene zu verziehen, und fragte dann: »Ihr Bruder, Signora, hinterläßt er eine Familie?«
    »Nur seine Frau. Sie hatten keine Kinder.«
    Wieder mischte sich Martucci ein. »Das steht doch sicher alles in Ihren Akten.«
    Ohne ihn zu beachten, fragte Brunetti, wobei er seine Worte sehr sorgfältig wählte: »Hatte Ihr Bruder in irgendeiner Weise mit Prostituierten zu tun?«
    Martucci sprang auf, aber Brunetti ignorierte ihn; seine ganze Aufmerksamkeit galt Signora Trevisan. Sie hob bei dieser Frage abrupt den Kopf, und fast als lauschte sie noch ihrem Echo nach, wandte sie kurz den Blick, bevor sie ihn wieder ansah. Es dauerte zwei sehr lange Sekunden, bis ihr Gesicht Empörung verriet, dann sagte sie laut, als deklamierte sie auf der Bühne: »Mein Bruder war nicht auf Huren angewiesen.«
    Martucci versuchte sich ihren Zorn zunutze zu machen und Brunetti nun mit dem seinen zu übergießen. »Ich lasse nicht zu, daß Sie das Andenken von Signora Trevisans Bruder in den Schmutz ziehen. Ihre Anwürfe sind widerlich und beleidigend. Wir müssen uns Ihre Unterstellungen nicht anhören.« Er machte eine Pause, um Luft zu holen, und Brunetti konnte regelrecht hören, wie sein Juristengehirn ansprang. »Im übrigen ist das verleumderische üble Nachrede, und Signora Trevisan kann bezeugen, was Sie gesagt haben.« Er sah von ihr zu ihm und wartete auf eine Reaktion, aber beide hatten seinem Ausbruch nicht die mindeste Beachtung geschenkt.
    Brunetti hatte Signora Trevisan keinen Moment aus den Augen gelassen, und auch sie machte keinen Versuch, seinem Blick auszuweichen. Martucci wollte wieder etwas sagen, ließ es aber, verwirrt ob der Aufmerksamkeit, mit der die beiden anderen einander bedachten, wobei ihm entging, daß es nicht das Ehrenrührige in Brunettis letzter Bemerkung war, was Signora Trevisan beschäftigte, sondern der genaue Wortlaut.
    Brunetti wartete, bis die anderen merkten, daß eine Antwort gefordert war, keine selbstgerechte Entrüstung. Er sah, wie die Frau sich die Frage durch den Kopf gehen ließ und überlegte, wie sie zu beantworten wäre. Er glaubte schon, in ihren Augen etwas zu sehen, was ihr gleich über die Lippen käme, doch als sie gerade etwas sagen wollte, fing Martucci wieder an: »Ich verlange eine Entschuldigung.« Als Brunetti ihn keiner Antwort würdigte, machte Martucci zwei Schritte auf ihn zu, bis er zwischen Brunetti und Signora Trevisan stand, so daß sie sich nicht mehr sehen konnten. »Ich verlange eine Entschuldigung«, wiederholte er, wobei er Brunetti von oben herab ansah.
    »Aber ja, aber ja«, sagte Brunetti mit einzigartigem Desinteresse. »Sie können so viele Entschuldigungen haben, wie Sie wollen.« Brunetti stand auf und trat neben Martucci, aber Signora Trevisan hielt jetzt den Kopf abgewandt und sah nicht mehr zu ihm hinüber. Ein Blick sagte ihm, daß Martuccis Dazwischenfunken jede Anwandlung, sich ihm anzuvertrauen, in ihr

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