Brunetti 07 - Nobiltà
nie richtig befriedigt. Sie waren ein Prinzip, kein Statussymbol, und kamen somit schnell wieder aus der Mode; man schenkte sie der Putzfrau oder bosnischen Flüchtlingen. Schlimmer noch, sie waren zu einem ökologischen Alptraum geworden: Riesenmengen an biologisch nicht abbaubarem Kunststoff. Und so waren wieder echte Pelze an die Kleiderstangen gekommen.
»Si, Signore?« fragte die Verkäuferin, die auf Brunetti zukam und ihn aus, seinen Gedanken über die Eitelkeit menschlicher Wünsche riss. Sie war blond, blauäugig und fast so groß wie er.
»Signorina Bonamini?«
»Ja«, antwortete sie und maß Brunetti, statt zu lächeln, mit einem argwöhnischen Blick.
»Ich würde gern mit Ihnen über Maurizio Lorenzoni sprechen, Signorina«, erklärte er.
Ihr Gesichtsausdruck wechselte schlagartig. Aus passiver Neugier wurde Unwille, sogar Schrecken. »Das ist alles erledigt. Sie können meinen Anwalt fragen.«
Brunetti trat einen Schritt zurück und lächelte höflich. »Entschuldigen Sie, Signorina, ich hätte mich vorstellen sollen.« Er zog seine Brieftasche heraus und hielt sie so, dass sie das Foto auf seinem Dienstausweis sehen konnte. »Ich bin Commissario Guido Brunetti und möchte Ihnen nur einige Fragen über Maurizio stellen. Dazu brauchen wir keinen Anwalt.«
»Was denn für Fragen?« erkundigte sie sich, noch immer in bangem Ton.
»Was er für ein Mensch ist. Über seinen Charakter.«
»Warum wollen Sie das wissen?«
»Wie Sie wahrscheinlich gehört haben, wurde die Leiche seines Vetters gefunden, und wir nehmen die Ermittlungen zu der Entführung wieder auf. Darum müssen wir noch einmal von vorn anfangen und uns über die Familie informieren.«
»Dann geht es also nicht um meine Hand?«
»Nein, Signorina. Ich weiß zwar über diesen Vorfall Bescheid, aber deswegen bin ich nicht hier.«
»Ich habe ihn ja nie angezeigt. Es war ein Unfall.«
»Aber Ihre Hand war gebrochen, nicht wahr?« fragte Brunetti, wobei er es sich versagte, auf ihre Hände zu sehen.
Wie auf eine unausgesprochene Frage, hob sie die linke Hand und bog und streckte die Finger. »Völlig in Ordnung, sehen Sie?«
»Ja, freut mich für Sie«, sagte Brunetti und lächelte wieder. »Aber warum sprachen Sie von einem Anwalt?«
»Ich habe, nachdem das passiert war, eine Erklärung unterschrieben, dass ich nicht gegen ihn klagen werde. Es war nämlich wirklich ein Unfall«, fügte sie nachsichtig hinzu. »Ich wollte auf seiner Seite aus dem Auto steigen, und er hat die Tür zugeschlagen, ehe er das merkte.«
»Warum mussten Sie dann diese Erklärung unterschreiben, wenn es doch ein Unfall war?«
Sie zuckte die Achseln. »Ich weiß es nicht. Sein Anwalt hat gesagt, das müßte ich.«
»Wurde Geld gezahlt?« fragte Brunetti.
Bei der Frage war es wieder vorbei mit ihrer Gelassenheit. »Das ist nicht verboten«, verkündete sie mit der Bestimmtheit dessen, der das schon von mehr als einem Anwalt gehört hat.
»Ich weiß, Signorina. Es war auch nur reine Neugier. Mit dem, was ich über Maurizio wissen will, hat das nichts zu tun.«
Hinter ihm fragte eine Stimme, an die Verkäuferin gewandt »Haben Sie diesen Fuchs auch in Größe vierzig?«
Ein Lächeln erschien auf ihrem Gesicht. »Leider nein, Signora. Vierzig ist ausverkauft. Aber in vierundvierzig haben wir ihn noch da.«
»Nein, danke«, sagte die Frau abwesend und ging weiter zu den Röcken und Blusen.
»Kannten Sie seinen Vetter?« fragte Brunetti, als Signorina Bonamini ihre Aufmerksamkeit wieder ihm zuwandte.
»Roberto?«
»Ja.«
»Nein, ich habe ihn nie kennen gelernt, aber Maurizio hat manchmal von ihm gesprochen.«
»Und was hat er dann über ihn gesagt? Erinnern Sie sich daran?«
Sie überlegte eine Weile. »Nein, an nichts Bestimmtes.«
»Können Sie mir dann sagen, ob Maurizio so von ihm gesprochen hat, als härten die beiden sich gern?«
»Sie waren Vettern«, antwortete sie, als wäre das Erklärung genug.
»Das weiß ich, Signorina, aber ich dachte, Sie konnten sich vielleicht erinnern, ob Maurizio einmal etwas Über Roberto erzählt hat und ob Sie - egal wie - einen Eindruck davon bekommen haben, was er über ihn dachte.« Brunetti versuchte es noch einmal mit einem Lächeln. Sie streckte abwesend die Hand aus und hängte eine Nerzjacke gerade. »Nun«, meinte sie, überlegte kurz und fuhr dann fort: »Wenn Sie mich so fragen, würde ich sagen, dass Maurizio nicht viel von ihm hielt«
Brunetti hütete sich; sie zu unterbrechen oder weiter in sie zu
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