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Brunetti 08 - In Sachen Signora Brunetti

Brunetti 08 - In Sachen Signora Brunetti

Titel: Brunetti 08 - In Sachen Signora Brunetti Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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hin und her, sagte ein ums andere Mal ihren Namen. Noch nie hatte er sie mehr geliebt als in diesem Augenblick. Für einen Sekundenbruchteil wollte ihn ein Gefühl gehässigen Triumphs überkommen, doch sogleich stieg ihm deswegen die Schamröte ins Gesicht. Er verdrängte mit Gewalt jedes Gefühl der Rechthaberei, des Sieges und empfand nichts anderes mehr als Schmerz darüber, daß seine Frau, seine andere Hälfte, sich so quälte. Er küßte sie noch einmal aufs Haar, und als er fühlte, wie ihre Schluchzer abebbten, hielt er sie an den Schultern von sich weg. »Alles wieder gut, Paola?«
    Sie nickte, konnte aber nicht sprechen und hielt den Kopf gesenkt, damit er ihr Gesicht nicht sehen konnte.
    Er griff in die Hosentasche und holte sein Taschentuch hervor. Es war nicht unbedingt bügelfrisch, aber das spielte jetzt wohl keine Rolle. Er tupfte ihr das Gesicht damit ab, unter den Augen, unter der Nase, dann drückte er es ihr fest in die Hand. Sie nahm es, wischte sich auch das übrige Gesicht ab und schneuzte sich zuletzt vernehmlich. Dann hielt sie sich das Taschentuch vor ihre Augen, um sich vor ihm zu verstecken.
    »Paola«, sagte er mit einer Stimme, die wieder halbwegs, wenn auch noch nicht völlig normal war, »was du getan hast, war durch und durch ehrenhaft. Ich finde es nicht gut, daß du es gemacht hast, aber du hast ehrenhaft gehandelt.«
    Im ersten Moment dachte er, das würde sie wieder zum Weinen bringen, aber dem war nicht so. Sie nahm das Taschentuch vom Gesicht und sah ihn aus geröteten Augen an. »Wenn ich gewußt hätte.«, begann sie.
    Er hob die Hand, um sie zu unterbrechen. »Nicht jetzt, Paola. Vielleicht später, wenn wir beide darüber reden können. Jetzt laß uns in die Küche gehen und sehen, ob wir etwas zu trinken finden.«
    Sie brauchte keine Sekunde, um anzufügen: »Und zu essen.« Sie lächelte, froh über den Aufschub.

16
    A m nächsten Morgen ging Brunetti zur üblichen Zeit in die Questura und kaufte sich unterwegs drei Zeitungen. Il Gazzettino widmete dem Mord an Mitri noch immer ganze Seiten und beklagte einen Verlust für die Stadt, den er nicht näher bezeichnete, aber die überregionalen Blätter schienen das Interesse verloren zu haben, nur eines erwähnte ihn überhaupt noch in zwei kurzen Absätzen.
    Auf seinem Schreibtisch lag Rizzardis Abschlußbericht. Der Doppelstriemen an Mitris Hals war, wie er herausgefunden hatte, auf ein »Zögern« des Mörders zurückzuführen, der das Kabel wahrscheinlich kurz losgelassen hatte, um nachzufassen, und dabei war der zweite Striemen auf Mitris Haut entstanden. Das Gewebe unter den Nägeln von Mitris linker Hand war tatsächlich Menschenhaut, dazu noch ein paar dunkelbraune Wollfasern, wahrscheinlich von einem Jackett oder Mantel, und beides mit Sicherheit das Ergebnis von Mitris verzweifeltem und vergeblichem Versuch, seinen Angreifer abzuwehren. »Liefern Sie mir einen Verdächtigen, und ich beweise die Übereinstimmung«, hatte Rizzardi an den Rand gekritzelt.
    Um neun Uhr fand Brunetti, daß es nicht mehr zu früh sei, seinen Schwiegervater, den Conte Orazio Falier, anzurufen. Er wählte die Geschäftsnummer, nannte seinen Namen und wurde sofort verbunden.
    »Buon dì, Guido«, sagte der Conte. »Che pasticcio, eh?«
    Ja, es war ein Schlamassel, mehr als das. »Deshalb rufe ich an.« Brunetti wartete, aber der Conte sagte nichts, also sprach er weiter. »Hast du schon etwas gehört? Oder dein Anwalt?« Wieder machte er eine kleine Pause, bevor er fortfuhr: »Ich weiß ja gar nicht, ob dein Anwalt überhaupt damit befaßt ist.«
    »Noch nicht«, antwortete der Conte. »Ich warte erst einmal ab, was der Richter macht. Außerdem weiß ich nicht einmal, was Paola vorhat. Hast du eine Ahnung?«
    »Wir haben gestern abend darüber gesprochen«, sagte Brunetti und hörte seines Schwiegervaters geflüstertes »Gut«.
    »Sie hat gesagt«, sprach Brunetti weiter, »daß sie die Strafe bezahlen und das Schaufenster ersetzen will.«
    »Und andere Forderungen?«
    »Danach habe ich sie nicht gefragt. Mir hat erst einmal ihre Zusage genügt, die Strafe zu bezahlen und den Sachschaden zu ersetzen, prinzipiell zumindest. Dann könnte es sein, daß sie sich mit eventuellen anderen Forderungen auch einverstanden erklärt.«
    »Gut, sehr gut. Das könnte klappen.«
    Es störte Brunetti, daß der Conte offenbar annahm, sie beide heckten zusammen ein Komplott aus, um Paola zu überlisten oder zu manipulieren. Mochten sie noch so gute Motive

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