Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Brunetti 08 - In Sachen Signora Brunetti

Brunetti 08 - In Sachen Signora Brunetti

Titel: Brunetti 08 - In Sachen Signora Brunetti Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
Vom Netzwerk:
Rohstoffe? Darüber wußte Brunetti nicht gut genug Bescheid, um beurteilen zu können, ob sie etwas hatten, worauf ein gefräßiger Westen erpicht war.
    Er warf einen Blick auf die Uhr und sah, daß es schon nach sechs war; da würde ein ausgewachsener Commissario, zumal einer, der offiziell noch immer suspendiert war, doch wohl beruhigt nach Hause gehen können.
    Unterwegs grübelte er weiter, blieb einmal sogar stehen und betrachtete erneut den Zettel mit den Ländern. Dann ging er ins Antico Dolo und genehmigte sich ein Glas Weißwein und zwei calamaretti, aber er war mit den Gedanken so sehr woanders, daß er kaum etwas davon schmeckte.
    Es war kurz vor sieben, als er in die leere Wohnung kam. Er ging in Paolas Arbeitszimmer, nahm sich den Weltatlas, setzte sich auf das schäbige alte Sofa, den aufgeschlagenen Atlas auf dem Schoß, und betrachtete grübelnd die bunten Karten der jeweiligen Regionen. Schließlich machte er es sich etwas bequemer und legte den Kopf an die Rückenlehne.
    So fand Paola ihn eine halbe Stunde später in tiefem Schlaf. Sie rief einmal seinen Namen, dann noch einmal, aber erst, als sie sich neben ihn setzte, wachte er auf.
    Wenn er tagsüber schlief, wachte er immer ganz benommen und dösig auf und hatte einen komischen Geschmack im Mund.
    »Was ist das?« fragte sie und zeigte, während sie ihn aufs Ohr küßte, auf den Atlas.
    »Sri Lanka. Und hier sind noch Bangladesch, Ägypten, Kenia, die Elfenbeinküste und Nigeria«, sagte er umblätternd.
    »Laß mich raten - die Route für unsere zweite Hochzeitsreise durch die Armutshauptstädte der Welt?« fragte sie lachend. Als sie ihn lächeln sah, fuhr sie fort: »Und ich darf die gute Fee spielen und immer die Taschen voller Kleingeld haben, das ich bei den Sehenswürdigkeiten unters Volk werfe?«
    »Interessant«, sagte Brunetti. Er klappte den Atlas zu, behielt ihn aber auf dem Schoß. »Dir fällt dabei auch als erstes Armut ein.«
    »Armut oder - in den meisten dieser Länder - Unruhen.« Sie dachte kurz nach und fügte dann hinzu: »Oder billiges Imodium.«
    »Wie?«
    »Weißt du noch, wie wir in Ägypten waren und ein Mittel gegen Durchfall brauchten?«
    Brunetti erinnerte sich an ihre Ägyptenreise vor zehn Jahren, als sie beide schrecklichen Durchfall bekommen hatten und zwei Tage lang von Joghurt, Reis und Imodium leben mußten. »Ja«, sagte er. Aber so ganz genau wußte er es doch nicht mehr.
    »Kein Rezept, keine Fragen, und billig, billig, billig. Wenn ich damals eine Liste mit den Sachen bei mir gehabt hätte, die meine neurotischen Freunde so nehmen, hätte ich für die nächsten fünf Jahre meine Weihnachtseinkäufe erledigen können.« Sie sah, daß er über den Witz nicht lachen konnte, und wandte ihre Aufmerksamkeit wieder dem Atlas zu. »Aber was ist mit diesen Ländern?«
    »Mitri hat von dort Geld bekommen, große Summen.
    Oder seine Firmen, das weiß ich nicht so genau, weil alles in die Schweiz gegangen ist.«
    »Geht dahin nicht letztlich alles Geld?« fragte sie mit einem müden Seufzer.
    Er schüttelte den Gedanken an diese Länder ab und legte den Atlas neben sich aufs Sofa. »Wo sind die Kinder?« fragte er.
    »Sie essen bei meinen Eltern zu Abend.«
    »Dann könnten wir ja mal ausgehen?«
    »Du willst mich wieder ausführen, dich mit mir sehen lassen?« fragte sie obenhin.
    Brunetti wußte nicht recht, ob sie das scherzhaft gemeint hatte, darum antwortete er nur: »Ja.«
    »Wohin?«
    »Wohin du willst.«
    Sie kuschelte sich an ihn und streckte die Beine neben den seinen aus, die länger waren. »Ich möchte nicht weit weg. Wie wär's mit einer Pizza bei Due Colonne?«
    »Wann kommen denn die Kinder heim?« fragte er, wobei er seine Hand auf die ihre legte.
    »Nicht vor zehn, denke ich«, antwortete sie mit einem Blick auf die Uhr.
    »Fein«, sagte er und hob ihre Hand an seine Lippen.

22
    W eder am nächsten noch am übernächsten Tag erfuhr Brunetti etwas über Palmieri. Im Gazzettino erschien ein Artikel, in dem es hieß, es gebe noch keine Fortschritte im Mordfall Mitri, Paola aber wurde darin nicht erwähnt, woraus Brunetti schloß, daß sein Schwiegervater in der Tat mit einigen Leuten gesprochen hatte, die er kannte. Die überregionale Presse hüllte sich ebenfalls in Schweigen; dann verbrannten elf Menschen in der Sauerstoffkammer eines Mailänder Krankenhauses, und die Geschichte um Mitris Tod mußte allgemeinen Beschimpfungen gegen das gesamte Gesundheitssystem weichen.
    Signorina Elettra hielt

Weitere Kostenlose Bücher