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Brunetti 14 - Blutige Steine

Brunetti 14 - Blutige Steine

Titel: Brunetti 14 - Blutige Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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konnten Brunetti und Vianello mithören, wie im Haus ein erregtes Wortgefecht entbrannte - in einer Sprache, die keiner von beiden verstand. Eine Stimme klang besonders laut und hitzig, wurde aber schließlich von einer anderen besänftigt. Und nach einigem Hin und Her meldete sich der Mann von vorhin wieder über die Sprechanlage: »Kommen Sie herein.«
    Der Summer schnarrte, und Brunetti stieß die Tür auf. Im Hausflur führte eine schmale Stiege nach oben, und auf dem Treppenabsatz versperrten drei Schwarze Seite an Seite den Weg. Brunetti ging voraus, Vianello folgte dicht hinter ihm. Zwei Stufen unter dem Treppenabsatz blieb Brunetti stehen und sah zu den Männern auf. Der in der Mitte war größer und älter als die beiden anderen, und seine ohnehin breite Nase wirkte noch breiter dadurch, daß man sie ihm offensichtlich einmal gebrochen hatte. Links von ihm stand ein kleiner, untersetzter Mann, der eine wattierte Jacke trug, so als sei er entweder eben erst heimgekommen oder auf dem Weg nach draußen. Der dritte im Bund war so klapperdürr, daß selbst die enggeschnittenen Jeans ihm um die Beine schlotterten. Der Hautfarbe nach war er der Dunkelste; seine Züge dagegen wirkten feiner als die der anderen, vor allem die fast europäische Nase und der schmallippige Mund, den er jetzt mißbilligend zusammenkniff.
    »Danke, daß Sie bereit sind, mit mir zu reden. Ich bin Commissario Guido Brunetti, von der Kriminalpolizei«, stellte Brunetti sich vor.
    Kaum hatte er das gesagt, scherte der Dürre auf der rechten Seite abrupt aus und wich mit einem wilden Sprung zurück, wobei sein rechter Arm wie leblos nach hinten wegpendelte und die Hand aufs Gesäß prallte. Der hochgewachsene ältere Mann, den das offenbar nicht beirrte, trat gemessen beiseite und gab den Weg frei. Brunetti stieg die letzten beiden Stufen hinauf, wartete, bis Vianello ihn eingeholt hatte, und streckte dann die Hand aus. »Piacere«, sagte er, erst zu dem einen, dann zum anderen der zwei auf dem Treppenabsatz verbliebenen Männer.
    Überrascht ergriffen sie nacheinander die dargebotene Hand, blieben jedoch stumm. Nachdem auch Vianello sich vorgestellt und ebenfalls beiden die Hand geschüttelt hatte, blieb ihnen wohl keine andere Wahl, als sich auf das Gebot der Höflichkeit zu besinnen. Der Hochgewachsene ging auf die Wohnungstür zu und forderte die Polizisten mit einer anmutigen Geste auf einzutreten.
    Brunetti folgte der Einladung erst, nachdem er mit einer artigen Floskel um Erlaubnis gebeten hatte; Vianello folgte seinem Beispiel. In der Wohnung war das erste, was Brunetti auffiel, der durchdringende Geruch: nach Fleisch - Schaf vielleicht - und Gewürzen, die er nicht identifizieren konnte. Damit vermischt die Ausdünstung von Menschen, die auf engstem Raum zusammenleben und es versäumt oder keine Gelegenheit haben, ihre Kleider oft genug zu waschen.
    Der Mann mit dem steifen Arm hatte sich ans hintere Ende des Zimmers zurückgezogen. Vier andere standen gleich bei der Tür und erwarteten die Besucher. Zwei von ihnen lächelten Brunetti entgegen, während die übrigen sich höflich verneigten. Ihre Begrüßung war herzlich und bar jeder Drohung. Brunetti und Vianello verbeugten sich ebenfalls; dann warteten sie ab, wer als erster das Wort ergreifen würde.
    Der hochgewachsene ältere Mann schien ihr Anführer zu sein, jedenfalls blickten die anderen ständig zwischen ihm und den weißen Besuchern hin und her.
    Der Raum, in dem sie sich befanden, eine Art Wohnküche, war spartanisch eingerichtet. In der Mitte ein Tisch mit Linoleumplatte und einfachen Plastikstühlen; an der Rückwand, über roh gezimmerten Unterschränken, ein Resopal-verkleideter Tresen mit einem zweiflammigen Gaskocher, der durch einen Gummischlauch mit einer bauchigen Gasflasche verbunden war. Brunetti, der solche Herde aus seiner Kindheit kannte, fragte sich, wo um alles in der Welt man heutzutage noch die entsprechenden Gasflaschen herbekam.
    Auf den Kochplatten standen große Töpfe, und in der Spüle, die offenbar nur einen Hahn hatte, stapelte sich schmutziges Geschirr. Tisch und Arbeitsflächen waren dagegen makellos sauber.
    »Was wollen Sie von uns?« fragte der Anführer. Er sprach italienisch mit einem Akzent, den Brunetti nicht einordnen konnte; seine Stimme war tief, aber keineswegs laut.
    »Mich interessiert alles, was Sie mir über den Mann sagen können, der Sonntag abend ermordet wurde«, versetzte Brunetti.
    Bevor der Wortführer darauf antworten

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