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Brunetti 15 - Wie durch ein dunkles Glas

Brunetti 15 - Wie durch ein dunkles Glas

Titel: Brunetti 15 - Wie durch ein dunkles Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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ausgleichen mußte«. Brunetti legte die Gabel hin, um beides gebührend auszukosten, Gibbon und die Lasagne.
    Als er zum Salat überging, den er mit Essig, Öl und einer Prise Salz angemacht hatte und dann gleich aus der Schüssel aß, starb Elagabal unter den Schwerthieben seiner Leibwachen.
    Kaffee und Nachspeise nahm Brunetti bei Ballarin, auf dem Weg zurück zur Questura, die er zugleich mit Signorina Elettra erreichte.
    Nach der Begrüßung sagte Brunetti: »Ich möchte Sie bitten, Signorina, in einer bestimmten Angelegenheit für mich zu recherchieren.«
    »Gern«, antwortete sie bereitwillig, »wenn ich kann.«
    »Es handelt sich um De Cals Patientenunterlagen«, erklärte Brunetti. »Von seiner Tochter weiß ich, daß er gestern nachmittag einen Arzttermin hatte. Und da sein Gesundheitszustand von mehreren Seiten kommentiert wurde, wüßte ich gern, ob - nun ja -, ob Grund zur Sorge besteht.«
    »Das dürfte nicht schwierig sein, Commissario.« Elettra war auf dem zweiten Treppenabsatz stehengeblieben. »Sonst noch was?«
    Wenn jemand es herausfinden konnte, dann sie! »Ja, eins noch. Tenente Scarpa erkundigt sich überall nach einer Ausländerin. Hat er Sie auch darauf angesprochen?«
    Signorina Elettra machte ein verdutztes Gesicht. »Nein. Mit keinem Wort. Wer ist denn die bedauernswerte Person?«
    »Eine Ungarin«, versetzte Brunetti. »Sie heißt Mary Dox.«
    »Was?« rief Elettra scharf. »Wie war der Name?«
    »Mary Dox«, wiederholte Brunetti verwundert. »Scarpa wollte mir unterstellen, daß ich mit ihr zu tun hätte, und vorher hat er schon die Kollegen im Bereitschaftsraum nach ihr ausgefragt.«
    »Hat er gesagt, um was es geht?« forschte Elettra, wieder einigermaßen gefaßt.
    »Nein, nicht daß ich wüßte. Als ich ihm in die Arme lief, hatte er eine Akte dabei.« Während er das sagte, erinnerte Brunetti sich plötzlich ganz deutlich. »Sah aus wie einer von unseren Ordnern.« Er hatte gehofft, Elettra würde etwaige Informationen freiwillig beisteuern, doch da sie schwieg, hakte er nach: »Kennen Sie diese Frau?«
    Nach einer Pause, die er nur als grüblerisch bezeichnen konnte, bejahte sie schließlich und sagte, den Blick ins Weite gerichtet, als wäre der Grund für Scarpas Neugier an der gegenüberliegenden Wand abzulesen: »Mary ist die Putzfrau meines Vaters.«
    »Die, von der Sie dem Vice-Questore erzählt haben?«
    »Ja.«
    »Haben Sie ihm ihren Namen genannt?«
    »Ja, und die Aktennummer.«
    »Glauben Sie, er könnte ihre Daten an Scarpa weitergeleitet haben, damit er den Fall recherchiert?«
    »Wäre möglich«, antwortete Elettra. »Allerdings habe ich dem Vice-Questore die Angaben auf den Schreibtisch gelegt, wo jeder sie hätte einsehen können.«
    »Aber warum sollte Scarpa sich nach der Frau erkundigen, wenn Patta ihn nicht dazu beauftragt hätte?«
    »Keine Ahnung.« Mit einem tapferen Lächeln versuchte sie das Unbehagen darüber zu verscheuchen, daß Scarpa bei irgend etwas, das sie betraf, und sei es noch so geringfügig, seine Finger im Spiel hatte. »Ich werde den Vice-Questore fragen, ob er noch weitere Informationen über Mary braucht.«
    »Ich bin sicher, um nichts anderes geht es«, sagte Brunetti, der sich dessen ganz und gar nicht sicher war.
    »Danke, nett, daß Sie das sagen«, antwortete Elettra. »Ich kümmere mich dann mal um die Patientenunterlagen, ja?«
    »Wenn Sie so gut sein wollen«, versetzte Brunetti und begab sich nach oben; in seinem Kopf wirbelten Scarpa, Elagabal und die geheimnisvolle Mary Dox bunt durcheinander.

14
    D en meisten Menschen gelten nächtliche Telefonanrufe als böses Omen. Sie fürchten die Nachricht eines Unglücks, Verbrechens oder Todesfalls, und die Gewißheit, daß die eigene Familie friedlich schlafend in ihren Betten liegt, mindert diese Ängste nicht im geringsten, sondern verlagert sie lediglich nach außen. Und so erschrak auch Brunetti gewaltig, als am folgenden Morgen kurz nach fünf bei ihm das Telefon klingelte.
    »Commissario Brunetti?« erkundigte sich eine Stimme, die er auf Anhieb erkannte. Zu jeder anderen Tageszeit hätte er Alvise gefragt, welcher männliche Teilnehmer sich denn wohl unter seinem Privatanschluß melden solle, aber diesmal war es für Sarkasmus noch zu früh. Wobei es für Alvise immer zu früh war, wenn etwas über das platt Prosaische hinausging.
    »Ja, was gibt's denn?«
    »Wir hatten gerade einen Anruf von Murano.« Alvise brach ab, als hielte er diese Information schon für

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