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Brunetti 15 - Wie durch ein dunkles Glas

Brunetti 15 - Wie durch ein dunkles Glas

Titel: Brunetti 15 - Wie durch ein dunkles Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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nötig. Sag mir einfach, was du wissen möchtest.«
    »Gar nichts, mein Freund: Diesmal habe ich was für dich.«
    Brunetti verkniff sich die Bemerkung, daß er sich das Datum notieren würde, um es ja nicht zu vergessen, und sagte nur: »Ach, nein? Ich höre.«
    »Mir ist zugetragen worden, daß dein Chef sich von einem gewissen Gianluca Fasano einen Floh hat ins Ohr setzen lassen.«
    »So? Und was für einen?«
    »Die Sorte, mit denen Leute hausieren gehen, die's nicht mögen, wenn man ihre Freunde zu sehr unter die Lupe nimmt.«
    »Ich gehe wohl recht in der Annahme, daß du mir deinen Zuträger nicht nennen willst?« fragte Brunetti.
    »Richtig geraten.« »Ist er denn verläßlich?«
    »Oh, ja.«
    Brunetti überlegte eine Weile. Der Kellner! Entweder er oder Navarro. Er versuchte es mit einem Köder: »Ich hatte übrigens grade in einer Glasbläserei gleich neben Fasano zu tun.«
    »Bei De Cal?« fragte der Reporter.
    »Ja. Du kennst ihn?«
    »Gut genug, um zu wissen, daß er ein Gauner ist. Abgesehen davon ein schwerkranker Mann.«
    »Was heißt schwer krank?« hakte Brunetti nach. »Und woher weißt du das?«
    »Im Lauf der Jahre bin ich ihm ein paarmal begegnet. Und dann kam neulich ein Freund von mir in die Klinik, und als ich ihn besuchte, lag De Cal auf demselben Zimmer.«
    »Und?« drängte Brunetti.
    »Ach, du weißt ja, wie diese Onkologen sind«, entgegnete Pelusso. »Die sagen einem Patienten nie, was der ihrer Ansicht nach sowieso nicht hören will. Aber mein Freund hat oft genug das Wort ›Bauchspeicheldrüse‹ aufgeschnappt, um sich einen Reim darauf zu machen.«
    »Wie lange ist das her?«
    »Etwa einen Monat. De Cal war nicht zur Behandlung dort, sondern nur für irgendwelche Testreihen. Trotzdem hat man ihn zwei Tage dabehalten, und die reichten schon, um ihn meinem Freund genauso verhaßt zu machen, wie De Cal seinen Schwiegersohn zu hassen scheint.« Und dann, wohl weil er das Gefühl hatte, so langsam sei für seine Informationen eine Gegenleistung fällig, fragte Pelusso: »Was hast du eigentlich für ein Interesse an Fasano?«
    »Bisher eigentlich gar keins. Aber das dürfte sich jetzt ändern.«
    »Und wie steht's mit De Cal?«
    »Der hat den Mann einer Bekannten bedroht.«
    »Paßt zu ihm«, bemerkte Pelusso lakonisch.
    »Sonst noch was?« fragte Brunetti, wohl wissend, daß das unbescheiden war.
    »Nein.«
    »Dann danke für den Anruf«, sagte Brunetti. »Ich muß das erst mal in Ruhe durchdenken.«
    »All mein Sinnen und Trachten zielt darauf, Polizei und Justiz behilflich zu sein«, antwortete Pelusso in salbungsvollem Ton. Und legte auf, sobald er den erwarteten Lacher hörte.
    Mit dem aufgeschlagenen Inferno im Schoß überlegte Brunetti, wohin Dante wohl jemanden wie De Cal verbannt hätte. Unter die Diebe? Nein, es gab keinerlei Verdachtsmomente dafür, daß der Alte je etwas gestohlen hätte, abgesehen von dem, was jeder normale Geschäftsmann am Finanzamt vorbeischmuggeln muß, um überleben zu können, und das war ja wohl kaum eine Sünde. Zu denjenigen, die Beamte und Würdenträger bestochen hatten, um ihre Ziele durchzusetzen? Aber wie sonst sollte man sich am Markt behaupten? Brunetti sah das wutverzerrte Gesicht des Alten vor sich und entschied, daß er unter die zornigen Seelen gehörte, zu solchen wie dem Florentiner Filippo Argenti, den seine Mitverdammten in Stücke rissen. Wenn De Cal allerdings wußte, daß er todkrank war, und trotzdem in seiner Profitgier nicht nachließ, dann hätte Dante ihn vielleicht unter die Geizigen gesteckt und dazu verurteilt, mit seiner schweren Last bis in alle Ewigkeit gegen die seiner Mitschuldigen anzurennen.
    Im Wissenschaftsteil der Repubblica hatte Brunetti einmal einen Bericht über Experimente mit Alzheimerkranken gelesen. Bei vielen von ihnen versagte jener Gehirnmechanismus, der Hunger beziehungsweise Sättigung signalisiert. Setzte man solchen Patienten wiederholt Speisen vor, so verzehrten sie diese ein ums andere Mal, ohne ein Bewußtsein dafür, daß sie eben erst gegessen hatten, also gar nicht mehr hungrig sein konnten. Genauso, dachte Brunetti bisweilen, verhielt es sich auch mit Menschen, die vom Geiz befallen waren: Die Empfindung dafür, wann man genug hat, war in ihren Köpfen gelöscht.
    Brunetti faltete Tassinis Notizen zweimal zusammen und schob sie in seine Jackentasche. An der Pforte hinterließ er eine Nachricht für Vianello, worin er dem Inspektor mitteilte, daß er für heute Schluß mache, ihn aber am

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