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Brunetti 17 - Das Mädchen seiner Träume

Brunetti 17 - Das Mädchen seiner Träume

Titel: Brunetti 17 - Das Mädchen seiner Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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»Zumindest nicht auf seiner Website. Da ging es nur um Erziehung und Berufsausbildung.« Und bevor Brunetti nachhaken konnte: »Er ging wohl davon aus, dass Leute, die im Internet unterwegs sind, sich eher für Bildung interessieren als für Religion.« »Mag sein«, erwiderte Brunetti. »Und weiter?«
    »Tja, aufgeflogen ist das Ganze, als jemand die Fotos von Antonins glücklicher Gemeinde auf der Website einer Schule wiederfand, die von einem Bischof in Kenia geleitet wurde. Und nicht nur die Fotos - sogar die frommen Sprüche von Hoffnung und Zuversicht waren identisch.« Mit einem feinen Lächeln setzte sie hinzu: »Die Beteiligten haben offenbar darauf vertraut, dass man so was in Kirchenkreisen nicht gegenchecken würde, wenn ich's mal so salopp ausdrücken darf.« Und zum Schluss blitzte doch noch ihr Zynismus auf: »Außerdem sehen diese Schwarzen doch alle gleich aus, nicht wahr?«
    Brunetti überhörte die Spitze und fragte: »Was ist passiert?«
    »Ein Journalist, der für einen Artikel über solche missionarischen Projekte recherchierte, hat den Schwindel entdeckt.« »Ein Journalist mit oder ohne Einfühlungsvermögen?«, wollte Brunetti wissen.
    »Mit - zum Glück für Antonin.« »Und weiter?«
    »Nun, der Journalist verständigte jemanden im Vatikan, der ein vertrauliches Gespräch mit Antonins Bischof führte, und im Handumdrehen wurde der Padre in die Abruzzen versetzt.« »Und das Geld?«
    »Ha, da wird's interessant!«, rief Signorina Elettra. »Es stellte sich nämlich heraus, dass Antonin mit den Spendengeldern gar nichts zu tun hatte: Die flossen alle auf ein Privatkonto seines Bischofs, der außerdem noch Prozente von seinem Amtsbruder in Kenia für die Nutzung von Antonins Fotos kassierte. Der Padre hatte keine Ahnung, welche Summen da zusammenkamen, und es interessierte ihn auch nicht, solange er nur genug zur Verfügung hatte, um seine Schule zu finanzieren und die Kinder zu verköstigen.« Sie belächelte die Einfalt des Kirchenmannes.
    »Man hat ihn dort in Afrika als Strohmann benutzt«, fuhr sie fort. »Er war Europäer, hatte Verbindungen nach Italien, wusste, wer eine Website einrichten konnte, und vor allem, wie man die Spendierfreudigkeit der Menschen weckt.« Diesmal fiel ihr Lächeln merklich kühler aus. »Ohne diesen Journalisten säße er wahrscheinlich immer noch dort unten und würde Seelen für den Heiland retten.«
    Brunetti, der sich über das Antonin angetane Unrecht ebenso empörte wie über seine nun entlarvten Vorurteile gegen den Priester, fragte aufgebracht: »Aber hat er sich denn nicht gewehrt? Er war doch unschuldig.«
    »Armut. Keuschheit. Gehorsam.« Nach jedem Wort machte Signorina Elettra eine Pause. »Antonin nimmt seine Gelübde offenbar sehr ernst. Also folgte er dem Befehl aus Rom, kehrte brav zurück und trat sein Amt in den Abruzzen an. Doch dann ist offenbar jemand dahinter gekommen, was wirklich passiert war - vermutlich durch einen Hinweis des Journalisten -, und Antonin wurde nach Venedig versetzt.«
    »Hat er jemanden über die wahren Zusammenhänge aufgeklärt?«, fragte Brunetti.
    Sie zuckte mit den Schultern. »Er macht seine Arbeit, kümmert sich um die Patienten in der Klinik und begräbt die Toten.«
    »Und versucht, andere Menschen davor zu bewahren, dass sie ähnlichen Betrügereien aufsitzen wie er?«, mutmaßte Brunetti.
    »So scheint es«, versetzte sie widerstrebend. Offenbar wollte sie sich ihre Vorbehalte gegen den Klerus nicht nehmen lassen, auch wenn diesmal alle Indizien dagegensprachen. Sie machte Anstalten, sich zu erheben, und fragte abschließend: »Soll ich mich weiter um diesen Leonardo Mutti kümmern?«
    Brunettis Instinkt warnte ihn davor, noch mehr Zeit auf den Sektenprediger zu verschwenden. Doch nach dem, was er eben gehört hatte, fühlte er sich in Antonins Schuld. »Bitte, tun Sie das. Antonin war ziemlich sicher, dass eine Spur nach Umbrien führt. Vielleicht hilft Ihnen das weiter.«
    »Geht in Ordnung, Commissario.« Jetzt stand sie wirklich auf. »Vianello hat mir von dem Mädchen erzählt. Schrecklich!«
    Meinte sie den Tod der Kleinen oder ihre Krankheit oder den traurigen Umstand, dass sie offenbar einen läppischen Einbruch mit dem Leben bezahlt hatte und anscheinend von niemandem vermisst wurde? Brunetti umschiffte eine direkte Antwort mit dem Geständnis: »Ich werde ihr Bild einfach nicht los.«
    »Genau das hat Vianello auch gesagt, Dottore. Aber vielleicht bessert sich das, wenn der Fall geklärt

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