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Brut des Teufels

Brut des Teufels

Titel: Brut des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Leather
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als er schluckte. Sein Herz raste, und er holte tief Luft und atmete langsam aus. Er wusste, dass er nicht im Haus sein sollte, aber er konnte nicht weggehen, nicht ohne zu wissen, ob den Millers etwas zugestoßen war, und falls ja, was. Auf dem Weg zum Flur quietschten seine Hush Puppies auf dem glänzenden Linoleum.
    Der Flur war mit einem Teppich ausgelegt, der auf blauem Hintergrund ein rotes Sechseckmuster zeigte, das eher zu einem Pub gepasst hätte als zu einer Privatwohnung. Über einem kleinen Teakholztischchen hing ein gerahmtes Gemälde der Jungfrau Maria, deren Augen ihm zu folgen schienen, als er langsam Richtung Vordertür ging. Er sah die Treppe hinauf, halb in der Erwartung, dort eine Leiche hängen zu sehen, aber da war nichts. Links stand eine Tür angelehnt. Nightingale stieß sie auf. » Mr Miller? Mrs Miller?«
    Ein Feuer brannte im Kamin, neben dem links und rechts ein Ohrensessel stand. Im linken Sessel saß eine zusammengesunkene Frau. Er sah nur ihren Oberkopf, das von grauen Strähnen durchzogene, hellbraune Haar und einen Arm, der auf der Lehne ruhte.
    » Mrs Miller?«, sagte er. Es kam keine Antwort.
    Eine rotbraun-weiße Katze lag zusammengerollt auf dem Sofa neben dem Fenster. Sie hob den Kopf und starrte Nightingale mit ausdruckslosen grünen Augen an. Nightingale war kein Katzenfreund. Er zog Hunde vor. Ein Hund konnte seine wahren Gefühle nicht verbergen. Wenn er glücklich war, wedelte er mit dem Schwanz, und seine Augen funkelten. Wenn er Angst hatte, legte er die Ohren an und klemmte den Schwanz zwischen die Beine. Aber Katzen zeigten keine Gefühle; sie starrten einen einfach nur an und hielten Rat mit sich selbst. Hunde waren auch loyal, aber Katzen lag nur ihr eigenes Wohlergehen am Herzen. Als er noch ein Constable gewesen und Streife gegangen war, hatte man ihn mal zum Haus einer alten Dame gerufen, weil diese seit mehr als zwei Wochen nicht mehr gesehen worden war. Er hatte die Tür aufbrechen müssen, und er hatte die alte Frau vor dem Fernseher auf dem Teppich liegend gefunden. Das heißt, das, was von ihr noch übrig war. Die Frau hatte vier Katzen gehabt, und die hatten getan, was zum Überleben nötig gewesen war. Sie hatten mit dem weichen Gewebe angefangen– Gesicht und Oberschenkel–, und als Nightingale dort eintraf, war nicht mehr viel Menschliches an der Frau zu erkennen gewesen. Er hatte nie vergessen, wie die Katzen sich an seinen Beinen gerieben, miaut und den Rücken gekrümmt hatten, während er auf die Leiche hinunterstarrte. Hunde fraßen ihre Besitzer nie, gleichgültig wie hungrig sie waren. Sie saßen da und warteten auf Hilfe, oder sie bellten, um auf sich aufmerksam zu machen, aber das war auch alles.
    Die Katze miaute leise, und ihr Schwanz zuckte. Dann legte sie den Kopf auf die Tatzen und starrte Nightingale weiter an. Als er zum Kamin ging, sah er, dass die Frau purpurrote Hausschuhe trug und dass einer von ihnen abgefallen war. Auf einem Tischchen neben dem Sessel stand eine unberührte Tasse Tee. Falls sie tot war, schien es keinen Kampf gegeben zu haben.
    Nightingale streckte die Hand aus und berührte die Frau sanft an der Schulter. In diesem Moment wandte sie sich ihm zu, starrte ihn entsetzt an und schrie, als hätte ihr gerade jemand ein Messer in die Brust gestoßen.

16
    Mrs Miller stellte Tasse und Untertasse auf das Tischchen neben dem Sofa. » Mit Milch und ohne Zucker«, sagte sie. Sie stellte einen Teller mit Schokokeksen neben die Teetasse. » Von Marks & Spencer«, meinte sie. » Die machen köstliche Kekse.« Sie setzte sich in den Sessel und lächelte ihn an. » Sie müssen sich furchtbar erschreckt haben, als ich geschrien habe.«
    Nightingale nickte. » Ich dachte, Sie wären…« Er zuckte mit den Schultern. » Ich weiß nicht, was ich dachte.«
    Mrs Miller hielt ihren iPod mit den In-Ear-Kopfhörern hoch. » Ich höre Musik immer mit dem hier«, sagte sie. » Ich bin ein bisschen schwerhörig, und da kann ich die Lautstärke aufdrehen, ohne die Nachbarn zu stören. Das ist eine wunderbare Erfindung.«
    » Das habe ich auch schon gehört«, sagte Nightingale.
    » Wissen Sie, wie viele CD s ich auf dem hier gespeichert habe?«
    Nightingale lächelte. » Viele?«
    » Das kann man wohl sagen. Über fünfzig. Fünfzig Alben, und schauen Sie nur, das Gerät ist kaum größer als ein Päckchen Streichhölzer, nicht wahr?«
    » Es ist winzig«, stimmte Nightingale zu.
    » Darum habe ich Sie nicht klopfen gehört und auch das Telefon

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