Buch des Flüsterns
uns gibt es ehemalige Arbeiter von Ihnen vom Tabak, sogar enge Mitarbeiter. Sie sagen, Sie hätten diese Telefonnummer häufig benutzt ... Zohrab schaute ihn an, das Lächeln des anderen war erstorben. Wenn ich sterbe, dachte der Alte, werden die Karten verlorengehen, ich habe Micael versprochen, auf sie achtzugeben. Außerdem war Levon Zohrab außer den Karten und dem durchdringenden Blick seines Vaters nichts mehr geblieben. Seufzend sagte er: Es ist die Nummer des Direktors der Türkischen Staatsbank ... Auf Chivu Stoicas Gesicht kehrte ein breites Lächeln zurück. Er nahm den Hörer ab und reichte ihn Zohrab: Rufen Sie ihn an ... Was soll ich ihm denn sagen, zumal in dieser Situation? Wir haben viele Feinde, Herr Zohrab ... Nach der Verstaatlichung sind die Konten Rumäniens in den ausländischen Banken blockiert worden. Im Hafen Constanța warten mehrere türkische Schiffe mit Erzen. Wir können nur mit frischem Geld bezahlen. Die Kapitäne drohen, die Anker zu lichten. Und unser Land benötigt die Ladung ... Und was könnte ich tun? Den Direktor der Türkischen Staatsbank anrufen ... Wir benötigen drei Tage, um das Geld zusammenzukriegen. Wir werden auch die Verzögerung bezahlen ... Um welche Summe geht es?, fragte Zohrab. Chivu Stoica drehte den Zettel um und schrieb eine Folge von Zahlen hin, die kaum auf die Breite des Zettels passte. Zohrab riss verwundert die Augen auf. Und wie wollen Sie für diese hohe Summe bürgen? Mit Ihrem Ehrenwort, Herr Zohrab. Und wieder hielt er ihm den Hörer hin: Ich warne Sie, einer dieser Männer wurde ausgewählt, weil er Türkisch kann. Chivu Stoica wählte bedächtig, verlangte in herrschaftlichem Tonfall von der Frau in der Zentrale, mit dieser Nummer verbunden zu werden, und Levon Zohrab nahm den Hörer und sprach. Stoica schaute fragend seinen Mann an, der bestätigte, dass alles richtig laufe. Zohrab sprach ein paar Minuten, dann legte er langsam den Hörer nieder. Alles in Ordnung, sagte er, die Schiffe werden warten ... Während der Mann im Leinenanzug den Hut aufsetzte, wobei er wieder die Verbeugung vergaß, und dann von den anderen gefolgt laut polternd im Treppenhaus verschwand, rührte er sich nicht.
Dann drehte Zohrab das Telefon zu sich, nahm den Hörer ab und wählte langsam, sein Gedächtnis bemühend, eine Nummer. Er konnte kaum glauben, getan zu haben, was er eben getan hatte. Sein Vater wiederum, Krikor Zohrab, wäre stolz auf ihn gewesen, vielleicht zum ersten Mal, selbst wenn er ihn hier in dieser Mansarde gesehen hätte, mit Bad über dem Flur und am Ende einer schmalen steilen Treppe, die sein einziger Kontakt mit der Welt geworden war, und die schon seit geraumer Zeit nur noch der Mann erklommen hatte, der ihm die Rente brachte, sowie die Männer, von denen wir hier erzählt haben. Und vielleicht wäre sein Vater vor allem deshalb stolz auf ihn gewesen, weil das mit bebender Stimme gegebene Ehrenwort dessen, der von vier Männern umringt war, deren Waffen man unter der Achselhöhle erahnen konnte, sich als eine verlässlichere Garantie erwiesen hatte, als sie ein ganzer Staat hatte anbieten können.
Sahag Șeitanian kam gleich am frühen Morgen des nächsten Tages. Er tat alles genau so, wie Levon Zohrab es ihn gelehrt hatte; ein paarmal ging er vor dem Haus auf und ab, bis zum Gemeni-Platz und wieder zurück, blieb etwas weiter unten vor dem Ioanid-Park stehen und beobachtete die Fenster an der Straßenfront, ob sich vielleicht ein Vorhang bewegte. Dann erst stieg er die Treppe hoch und vermied dabei jedes Geräusch. Sie setzten sich einander gegenüber, Levon Zohrab und Sahag Șeitanian, beide miteinander durch die Erinnerung an die Todeskreise verbunden. Es ist, als hättest du ihn begraben, sagte Sahag Șeitanian, wer weiß. Was du tun konntest, hast du getan. Ich hätte ihn nicht allein lassen dürfen, flüsterte Levon Zohrab. Er war an der Schwelle des Alters, ich hätte mit ihm gehen müssen. Die hätten dich auch umgebracht. In gewisser Weise haben sie es getan. Sieh,
Baron
Zohrab, sagte mein Pate Sahag Șeitanian und beugte sich über den Tisch. Wir beide tragen das gleiche Leiden in uns, du den Blick deines Vaters und ich den meiner Mutter. Und ich glaube, wir konnten uns nur so verhalten. So war es auch für sie leichter. Wenn du deine Eltern wirklich liebst, musst du sie vor dir sterben lassen.
Aber diesmal war der Grund, weshalb Levon Zohrab ihn zu sich gebeten hatte, ein anderer. Er erzählte ihm von seinem vortägigen Besuch
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