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Buch des Flüsterns

Buch des Flüsterns

Titel: Buch des Flüsterns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Varujan Vosganian
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heute verschwundenen Tätigkeit über die kleine Tischleuchte gebeugt: Sie stopfte die Maschen an den Damenstrümpfen. Anton Merzian und Krikor Minasian, die Schuster. Mein Pate Sahag Șeitanian mit der Konditorei beim Bahnhof, die er zu nachtschlafender Zeit schon für die Reisenden öffnete, die den Zug nach Bukarest nahmen. Der letzte der Juden, Herr Weißmann, der das Geschäft aller Geschäfte durch seinen Kommissionshandel mit alten Möbeln und Gebrauchsgegenständen am Marktplatz betrieb. Und dazwischen ein ständiges Kommen und Gehen der fliegenden Händler, die alles Mögliche anboten. Von Fisch über Rindermägen bis zu Löffeln und Kochlöffeln, die von den Mönchen in Sihla aus Holz geschnitzt wurden.
    In einer feindseligen Welt, die nun lernen musste, sich möglichst wenig zu bewegen, wo Kleidungsstücke auf Punkte verkauft wurden und das Brot auf Bezugsscheine, wo die meisten der munteren Geschäfte von einst mit neuen Gepflogenheiten ausgestattet wurden, mit Verwaltern, Revisoren, Gewerkschaftssitzungen, Plakaten zum Arbeitsschutz und zum Schutz vor Bränden, mit Inventuren und den Kitteln der Angestellten, ließ der wahre Handel seine unruhigen Triebe wie Rinnsale unter einer dichten Schneedecke voranrieseln.
    Das Blut ist nur lebendig, wenn es sich in Blut ergießt. Ebenso suchten die Kaufleute sich mitunter gegenseitig auf. Angheluță schließt die Rollläden über seiner Wunderwelt und steigt von der Westschranke her in die Stadt hinab. Mercan lässt die frei herumfliegenden Wesen sich wie eine Wolke über der Stadt versammeln und folgt ihm nach. Am schwierigsten zu erweichen ist Bobârcă. Er, der sich in der Dunkelheit seines Ladens nicht einmal im Spiegel betrachten kann, scheut die Begegnung mit den Menschen. Es ist dunkel, obwohl ein unwirkliches Licht in der Luft liegt. Aber dort oben gibt es ein anderes Licht, das sich selbst beleuchtet und niemals auf die Erde herabsinkt. Sodass Bobârcă, der seine Rollläden nicht herablassen muss, denn seine Schaufenster liegen ohnehin im Schatten, schüchtern hinaustritt und gemächlich über das Pflaster geht. Die anderen Kaufleute treten aus der Dunkelheit der Mauern, fließen wie die Farbanstriche auf den Wänden, schlüpfen durch die Türkanten, gleiten unter den abblätternden Lidern der Schlagläden dahin. Sie schlagen die geflickten Kragen hoch, vergraben die Hände tief in den ausgebesserten Hosentaschen, grüßen sich schweigend, als wären sie sich zufällig begegnet, und gehen doch eng beieinander, Schulter an Schulter und Schritt an Schritt wie in der unaufhörlichen und tiefen Ordnung der Wallfahrer. Eine der vielen gleichen Gestalten hebt einen Abakus hoch und reiht mit den Fingerspitzen weiße und schwarze Kugeln auf, als spielte er Harfe. Ein anderer pfeift durch die Nasenlöcher, sie sind ihm zu eng geraten für den Hunger seines Blutes. Niemand schaut zum Himmel, denn Himmel gibt es überall. Sie schauen auch nicht auf das Kopfsteinpflaster, auf die morastigen Furchen und die freigelegten Wurzeln, denn dort kommen sie her. Die Finger suchen in den Säumen die versteckten Goldstücke. Sie sind an ihrem Platz. Oder auch nicht. Die Finger suchen weiter, tasten die Verstecke in den Kleidern oder an den Körpern ab. Die Goldmünzen, Napoleondor, Taler, Dublonen und Dukaten klimpern. Gott sei Dank ist die Welt noch nicht ganz verloren, sind ihre Konturen noch nicht gänzlich verwischt. Gott sei Dank hat die Welt noch eine Münzrändelung. Begleitet vom Sporengeklingel in den Hosentaschen schreitet das Gefolge voran. Schweigend und im Schneckentempo ziehen die Kaufleute durch die Straßen. Die weiten Kleider gleiten über Zäune, durch Stacheln hindurch und durch spaltweit offene Türen, ohne irgendwo hängen zu bleiben. Ein vollendetes Gleiten. Ebenso das Murmeln, Klimpern und Rascheln der blinden, dafür nicht weniger genauen Zählung in den Tiefen der Taschen. Sie bewegen sich auf die gleiche Weise und sind doch so verschieden. Schafhirten mit zottigen Pelzjacken und bis auf die Brauen in die Stirn gedrückten Mützen. Die Krämer vom Viehmarkt, die Gemüseverkäufer, Obsthändler, die Hüter der Melonenhaufen, die Metzger und die Fischverkäufer mit den schwarzen Rändern unter den Fingernägeln vom getrockneten Blut. Juden mit forschenden Augen, mit breiten und geflochtenen Bärten, eingezogenen Schultern und feuchten Händen. Die Griechen mit den Hosen in den Stiefeln, die aus Brăila und Galați Käsewaren, Oliven und getrockneten

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