Bucheckern
mal im Internet nach“, wandte sich Lindt an seinen Mitarbeiter, der schon vor ihm gekommen war, „ob du eine Zusammenstellung dieser Zahlenkombinationen für Gefahrgut-Fahrzeuge findest. Mich interessiert, was es da alles gibt.“
Sternberg verstand: „Ach so, diese orangefarbenen Tafeln an den LKWs – ist doch für die Feuerwehr wichtig, wenn mal ein Unfall passiert, damit die wissen, wie sie mit den Stoffen umgehen müssen – Moment, das hab ich gleich ...“ und noch bevor Lindt seine Jacke aufgehängt hatte, war die entsprechende Website erschienen.
Gemeinsam betrachteten sie die Liste: alle Arten von Benzin, Diesel, Flugzeugtreibstoffe ...
Sternberg klickte weiter: Schmierstoffe, Fette, Öle... bis sie schließlich zu einer endlos langen Tabelle mit den verschiedensten Chemikalien gelangten. Feuergefährlich, explosiv, selbstentzündend, grundwassergefährdend, fischgiftig ...
„Hier, die Kombination, die Sie abgelesen haben, Chef, steht für Entsorgung von Motorschmieröl.“
„Was es da auch alles gibt!“ Lindt rieb sich die Augen. „Hoffentlich sieht unsere Chemikerin vom Untersuchungsamt da irgendwelche Zusammenhänge. In der Erdprobe war ein regelrechter Giftcocktail. Allein dreiundzwanzig Substanzen, die das Analysegerät nachweisen konnte. Vielleicht waren ursprünglich sogar noch mehr drin – etwa Stoffe, die sich in den zurückliegenden Monaten schon verflüchtigt haben.“
„Die Tüte schien aber dicht verschlossen, allzu viel konnte da kaum spurlos verschwinden“, gab Jan Sternberg zu bedenken und fuhr fort: „Der Paul ist übrigens heute morgen alleine los, um die Kinder zu befragen. Gestern waren sie alle bei einem Schulfreund zum Geburtstag eingeladen, aber es sind ja gerade Herbstferien und da haben wir mit der Mutter ausgemacht, dass wir uns heute Vormittag gleich am Gartengelände treffen. Paul hat dann gemeint, es würde reichen, wenn einer von uns hingeht. Ich habe in der Zwischenzeit mal versucht, mehr über das ›Blanco‹-Werk rauszubekommen. Die Hintergründe sind bestimmt wichtig, wenn die Kinder da auf dem Fabrikgelände waren.“
„Sehr gut, Jan, hast du auch was über diese Erweiterungspläne von damals gefunden? Und über diese nie nachgewiesenen Gerüchte, leitende städtische Beamte hätten dabei die Hand aufgehalten?“
„Dazu habe ich mit einem Redakteur vom ›Tagesspiegel‹ gesprochen, den ich schon lange gut kenne. Wir haben früher im gleichen Club Fußball gespielt, da bei der ›DJK-Ost‹ auf dem Gelände am Adenauerring. Wir treffen uns jetzt ab und zu noch im Sportheim auf ein Bierchen am Abend. Er hat mir versprochen, im Archiv nachzuschauen. Wird aber etwas dauern, weil er erst die alten Ausgaben wälzen muss. Fürs Online-Archiv ist die Sache schon zu lange her.“
„Na, umsonst wird der das aber auch nicht machen. Wartet er darauf, dass wir uns dann um seine unbezahlten Strafzettel kümmern, oder was hat er dafür verlangt?“
Lindt kannte den alten Spruch „Hand wird nur von Hand gewaschen und wenn du nehmen willst, dann gib!“ nur zu gut. „Führt das wieder zu deinen bekannten mittelbadischen Kompensationsgeschäften östlicher Prägung?“
„Aber Chef“, Jan Sternberg tat ganz entrüstet, obwohl er bei seinen Recherchen öfter einmal unkonventionelle Wege ging. „Niemals würde ich so was ... Nur einen kleinen Informationsvorsprung, was unsere Ermittlungsergebnisse angeht, den musste ich schon versprechen.“
„Untersteh dich, etwas Offizielles herauszugeben. Du weißt ja, wie sauer die von der Pressestelle sonst sind. Von unserem Chef ganz zu schweigen. Andererseits“, Lindt blinzelte kurz mit dem rechten Auge, „sind solche Beziehungen für unsere Arbeit manchmal auch ganz nützlich. Dein Freund von der Zeitung muss dann eben rein zufällig zur rechten Zeit am rechten Ort sein ... wenn du weißt, was ich meine. Eine positive Presse könnten wir dringend mal wieder gebrauchen.“
„Keine Sorge“, beruhigte Sternberg seinen Vorgesetzten, „Diskretion ist mein zweiter Vorname. Aber auch ohne Zeitungsarchiv habe ich einiges über ›Blanco‹ recherchieren können.“
Sternberg zeigte auf seinen Computermonitor, wo eine Seite mit Hintergrundinformationen aus dem Bereich der Automobilindustrie geöffnet war.
„Ein Kollege aus dem Wirtschaftsdezernat hat mir diese Quelle verraten. Interessant ist zum Beispiel, dass die Firma ihre Produktion von Formkunststoffen für die Armaturenbrettfertigung im PKW-Bau nahezu
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