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Buddenbrooks

Buddenbrooks

Titel: Buddenbrooks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Mann
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auffälliger Weise hervorzutreten …
    Man sah die Beiden an und fand, daß dies ein stark alternder, schon ein bißchen beleibter Mann, mit einer jungen Frau zur Seite, war. Man fand, daß Thomas Buddenbrook verfallen aussah – ja, dies war trotz der nachgerade ein wenig komisch wirkenden Eitelkeit, mit der er sich zurechtstutzte, das einzig richtige Wort für ihn – während Gerda sich in diesen achtzehn Jahren fast gar nicht verändert hatte. Sie erschien gleichsam konserviert in der nervösen Kälte, in der sie lebte und die sie ausströmte. Ihr dunkelrotes Haar hatte genau seine Farbe behalten, ihr schönes, weißes Gesicht genau sein Ebenmaß und die Gestalt ihre schlanke und hohe Vornehmheit. In den Winkeln ihrer etwas zu kleinen und etwas zu nahe bei einander liegenden braunen Augen lagerten immer noch die bläulichen Schatten … Man traute diesen Augen nicht. Sie blickten seltsam, und was etwa in ihnen geschrieben stand, vermochten die Leute nicht zu entziffern. Diese Frau, deren Wesen so kühl, so eingezogen, verschlossen, reserviert und ablehnend war und die nur an ihre Musik ein wenig Lebenswärme zu verausgaben schien, erregte unbestimmte Verdächte. Die Leute holten ihr Bißchen verstaubte Menschenkenntnis hervor, um sie gegen Senator Buddenbrooks Gattin anzuwenden. Stille Wasser waren oft tief. Mancher hatte es faustdick hinter den Ohren. Und {710} da sie doch wünschten, sich die ganze Sache ein Stückchen näher zu bringen und überhaupt irgend etwas davon zu wissen und zu verstehen, so führte ihre bescheidene Phantasie sie zu der Annahme, es könne wohl nicht anders sein, als daß die schöne Gerda ihren alternden Mann nun ein wenig betröge.
    Sie gaben wohl acht, und es dauerte nicht lange, bis sie einig darüber waren, daß Gerda Buddenbrook in ihrem Verhältnis zu Herrn Leutnant von Throta gelinde gesagt die Grenzen des Sittsamen überschritt.
    René Maria von Throta, aus den Rheinlanden gebürtig, stand als Seconde-Leutnant bei einem der Infanterie-Bataillone, die in der Stadt garnisonierten. Der rote Kragen nahm sich gut aus zu seinem schwarzen Haar, das seitwärts gescheitelt und rechts in einem hohen, dichten und gelockten Kamm von der weißen Stirn zurückgestrichen war. Aber obwohl er groß und stark von Gestalt erschien, rief seine ganze Erscheinung, seine Bewegungen sowohl wie seine Art zu sprechen und zu schweigen, einen äußerst unmilitärischen Eindruck hervor. Er liebte es, eine Hand zwischen die Knöpfe seines halb offenen Interimsrockes zu schieben oder dazusitzen, indem er die Wange gegen den Handrücken lehnte; seine Verbeugungen entbehrten jeglicher Strammheit, man hörte nicht einmal seine Absätze dabei zusammenschlagen, und er behandelte die Uniform an seinem muskulösen Körper genau so nachlässig und launisch wie einen Civilanzug. Selbst sein schmales, schräg zu den Mundwinkeln hinablaufendes Jünglings-Schnurrbärtchen, dem nicht Spitze noch Schwung hätte gegeben werden können, trug dazu bei, diesen unmartialischen Gesamteindruck zu verstärken. Das Merkwürdigste an ihm aber waren die Augen: große, außerordentlich glänzende und so schwarze Augen, daß sie wie unergründliche, glühende Tiefen erschienen, Augen, welche schwärmerisch, ernst und schimmernd auf Dingen und Gesichtern ruhten …
    {711} Ohne Zweifel war er wider Willen oder doch ohne Liebe zur Sache in die Armee eingetreten, denn trotz seiner Körperstärke war er untüchtig im Dienste und unbeliebt bei seinen Kameraden, deren Interessen und Vergnügungen – die Interessen und Vergnügungen junger Offiziere, die vor Kurzem von einem siegreichen Feldzuge zurückgekehrt waren – er zu wenig teilte. Er galt für einen unangenehmen und extravaganten Sonderling unter ihnen, der einsame Spaziergänge machte, der weder Pferde noch Jagd, noch Spiel, noch Frauen liebte, und dessen ganzer Sinn der Musik zugewandt war, denn er spielte mehrere Instrumente und war, mit seinen glühenden Augen und seiner unmilitärischen, zugleich saloppen und schauspielerhaften Haltung, in allen Opern und Konzerten zu sehen, während er Klub und Kasino mißachtete.
    Wohl oder übel erledigte er die notwendigsten Visiten in den hervorragenden Familien; aber er lehnte beinahe alle Einladungen ab und verkehrte eigentlich nur im Hause Buddenbrook … zuviel, wie die Leute meinten, zuviel, wie auch der Senator selber meinte …
    Niemand ahnte, was in Thomas Buddenbrook vorging, niemand durfte es ahnen, und gerade dies: alle

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