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Buddha-Boy

Buddha-Boy

Titel: Buddha-Boy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jordan Sonnenblick
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trägst du dazu bei?«
    Ich hatte nicht die geringste Ahnung, also schenkte ich ihr mein unergründliches Halblächeln. »Du wirst schon sehen.«
    Â»Wann?«
    Â»Morgen, Woody. Morgen wirst du es sehen.«
    Was bedeutete, dass ich den Abend mit meiner guten Freundin Mildred verbringen würde.

Nicht
das wahre Tao
    Wer hätte gedacht, dass es möglich ist, zwei geschlagene Stunden lang ein Buch über das Gärtnern zu lesen. Leider ist es allerdings nur sehr schwer möglich. Nach der Schule hatte ich zwei Stunden, um die Zeit totzuschlagen, bevor meine Mutter aus dem Krankenhaus kam und ich sie in die Bibliothek abschleppen konnte. Also beschloss ich, schnell das Zen-Gartenbuch zu lesen. Nach ungefähr zehn Minuten, in denen ich verzweifelt mit der Einleitung kämpfte, legte ich eine Pause ein. In echter Zen-Manier machte ich mir einen schönen großen Becher Tee. Und in ziemlich unechter Zen-Manier schüttete ich drei Esslöffel Zucker hinein und kippte das Ganze in einem Zug runter. Ich nahm gerade wieder Platz für die zweite Runde meines Kampfes mit der Einleitung, als mich der Koffein-Zucker-Stoß übermannte. Danach war ich viel zu zappelig, um mich auf die Einleitung zu konzentrieren. Also blätterte ich das Buch nur durch, um die Abschnitte mit Diagrammen und Bildern zu überfliegen. Der Grundgedanke war ziemlich einfach. Ein Zen-Garten war ein riesiger Sandkasten, in dem sich Kies, vielleicht noch drei große Steine und häufig überhaupt keine Pflanzen befanden. Das Ganze dann Garten zu nennen, ergab ungefähr so viel Sinn, wie meine Sandale als Schokoladenfabrik zu bezeichnen. Es war wohl eine Art ironischer Garten. Mit dem Rechen zeichnete man Linien und Muster im Sand um die Steine herum, ohne dabei zu versuchen, ein bestimmtes Bild oder irgendeine Form wiederzugeben. Wenn du es fertigbringst, dich in den Zen-Zustand des Nicht-Denkens zu versetzen, dich also konzentrierst, ohne dich zu konzentrieren – jedenfalls so etwas in der Art –, wird sich dein Garten auf natürliche Weise und völlig aus deinem Unterbewusstsein heraus entfalten. Du wirst eins mit der Natur. Außerdem sieht es richtig hübsch aus.
    Ich musste pinkeln.
    Dann brauchte ich noch einen Becher Tee. Der erste war so süß und gut gewesen.
    Als ich wieder am Tisch saß, entdeckte ich unter einem der Gartenbilder das folgende Zitat aus dem Buch des Tao : ›Das Tao, von dem sich sprechen lässt, ist nicht das wahre Tao.‹ Ich wusste noch aus Houston, dass es für das Tao ungefähr fünf verschiedene Definitionen gibt, aber dass es im Grunde entweder ›wahre Realität‹ oder ›Weg‹ bedeutet. Wenn das hieß, dass ich die Art des Zen-Gärtnerns allein durch das Lesen von Wörtern nicht verstand, wurde es Zeit für die Feldforschung. Ich nahm mir einen Schuhkarton, kürzte die Seiten, bis sie nur noch ungefähr vier Zentimeter hoch waren, und zog meine Windjacke und Sandalen an. Dann lief ich wieder ins Bad, um erneut zu pinkeln.
    Als ich endlich die Wohnung verließ, überquerte ich die Straße und betrat den verkommenen, kleinen Spielplatz, wo sich ein Sandkasten befand. Ich sah mich um, um sicher zu sein, dass mich niemand beobachtete. Ich war tatsächlich der einzige Idiot, der bei Frost im Sandkasten spielte. Ich schaufelte ungefähr drei Zentimeter Sand in meinen Schuhkarton und rannte wieder über die Straße, wobei mir das Gefühl eisigen Sandes zwischen den Zehen keine Freude bereitete. Dann wurde mir klar, dass mein Garten noch nicht komplett war, und ich bückte mich, um ein paar Steinchen aufzuheben. Dabei verschüttete ich Sand. Also musste ich wieder zum Sandkasten laufen und neuen in meine Schuhschachtel schaufeln. Eine alte Frau kam mit ihrer Gehhilfe knarrend um die Ecke, sah mich und rief: »Was soll denn das? Was machst du da?«
    Worauf ich am liebsten geantwortet hätte: Faszinierende philosophische Frage! Was mach ich wohl da? Oder: Ich klaue Sand. Wussten Sie nicht, dass das bei Leuten, die noch Zähne haben, in ist? Das hätte aber die Begegnung verlängert, und ich musste zurück in die Wohnung. Und wieder pinkeln. Also sagte ich nur »Schulprojekt« und machte mich aus dem Staub, wobei ich versuchte, gleichzeitig mit einer Hand voller Kieselsteine, dem Sandkarton und meiner schreienden Blase fertigzuwerden. Die Frau rief hinter mir her: »Was ist aus

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