Buffy - 22 - Spike & Dru
leise.
»Schoßtiere. Er fühlte sich einsam. Tiere machen das Alleinsein
erträglicher.« Nachdenklich legte Drusilla den Kopf zur Seite und entblößte
das weiche weiße Fleisch ihres Halses. Die Kerze auf dem Tisch flackerte
und warf tanzende Schatten.
Geistesabwesend wühlte Spike in den Taschen des dunklen Anzugs, den
er einem Mann von seiner Größe abgenommen hatte – im Lauf der Jahre
hatte er gelernt, derartige Dinge einzuschätzen. Drusilla neigte dazu, Frauen
zu töten, deren Kleider etwas zu groß für sie waren. Aber das störte sie
nicht, vor allem, wenn es um Samtkleider ging.
Spike zog ein silbernes Zigarettenetui aus seiner linken Brusttasche. Er
klappte es auf, nahm eine Zigarette heraus, schloss das Etui wieder und
steckte es in die Tasche zurück. Dann klemmte er die Zigarette zwischen die
Lippen, beugte sich über die Kerze und zog ein paar Mal, um sie
anzuzünden. Er inhalierte den Rauch, lehnte sich zurück und stieß ihn
zufrieden wieder aus.
Drusilla beobachtete ihn dabei, verzaubert von dem Selbstvertrauen, dem
Hochmut, die sich in jeder seiner Bewegungen verrieten. Er wusste, wie
man sich durchsetzte. Nur nicht gegen sie. In ihrer Beziehung gab Drusilla
den Ton an. Spike liebte sie viel zu sehr, um sie zu dominieren. Es erregte
sie, so viel Macht über eine derart wilde Bestie zu haben, aber manchmal
fragte sie sich auch, ob es nicht eines Tages langweilig werden würde.
»Das dauert länger, als ich dachte«, sagte er zu Drusilla. »Ich frage mich
allmählich, ob wir uns in unserem Mann nicht getäuscht haben.«
Drusilla sah ihn unter langen schwarzen Wimpern hervor an. Dann blickte
sie durch das Lokal mit seinen vielen Tischen und dem eigentümlichen
Geruch nach dänischem Bier. In einer Ecke saßen drei deutsche Soldaten in
voller Uniform, und ein vierter stand neben der Tür und beobachtete die
Gäste. Er war mit den anderen hereingekommen, hatte aber offenbar den
niedrigsten Rang von ihnen und sollte wohl dafür sorgen, dass es keinen
Ärger gab.
Drusillas Blick war jedoch von etwas anderem gefesselt. Ihre
Aufmerksamkeit galt einem großen, muskulösen Mann mit zottigen roten
Haaren und Bart. Wenn man dem gutmütigen Lallen mehrerer anderer
Biertrinker in der Nähe glauben konnte, hieß er Thorvald. Sie warteten
schon seit fast einer Stunde darauf, dass er die betrunkene Frau abschleppte,
mit der er in einer Ecke flüsterte.
»Du starrst, Dru«, warnte Spike und nippte an seinem Bier.
Mit einem angedeuteten Schulterzucken drehte sich Drusilla zu ihm um.
»Er sieht aus wie ein Wikinger.«
»Könnte durchaus sein, dass er ein verdammter Wikinger war«, erinnerte
Spike sie.
Hinten in der Ecke half Thorvald seiner Freundin in den Mantel. Drusilla
zog die Brauen hoch. Spike warf die Zigarette in sein Bier und stand
langsam auf.
Als sich Thorvald und das Mädchen an dem ernsten deutschen Soldaten
vorbeidrängten und durch die Tür verschwanden, waren Drusilla und Spike
nicht weit. Draußen auf der Straße war es dunkel. In der Nähe hörte man
deutsche Kommandos, gefolgt von dem Poltern vieler Lederstiefel auf dem
Straßenpflaster. Aus etwas größerer Entfernung drang das Hämmern einer
kurzen Gewehrsalve.
Ein Spion, dachte Drusilla. Oder bloß jemand, der etwas gesagt hat, was
er nicht hätte sagen sollen.
Nicht, dass es eine Rolle spielte. Es war nicht ihr Problem. Im Moment
galt ihr Interesse allein Thorvald, dem ersten Vampir, den sie in
Kopenhagen aufgespürt hatten. Drusilla legte einen Arm um Spike, und sie
blieben hin und wieder stehen, um sich zu küssen, während sie durch die
Straßen schlenderten. Thorvald verloren sie dabei jedoch nie aus den
Augen.
Als er verschwand, huschten sie davon, Gespenster in den Schatten.
Normalerweise bewegten sich Vampire wie Menschen, um ihre wahre Natur
nicht preiszugeben. Aber in diesem Moment, als sie sich beeilten, um
Thorvald und seine Beute einzuholen, rannten sie so schnell, dass ein
zufälliger Passant sofort erkannt hätte, dass sie keine Menschen waren.
Sondern Vampire. Dämonen. Allerdings wären die Bewohner von
Kopenhagen kaum überrascht gewesen. Sie waren inzwischen mit der
Vorstellung vertraut, dass Dämonen unter ihnen weilten.
Sie erreichten eine schmale Gasse, die von der Straße zum Hinterhof einer
Metzgerei führte. Drusilla und Spike hielten sich dicht an der Mauer, als sie
sich dem dunklen Hinterhof näherten. Dort stießen sie auf Thorvald, der
gerade das
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