Buffy - 22 - Spike & Dru
nichts.
Jetzt lag alles in Dunkelheit.
Sie holte langsam und tief Luft und schloss ihre Augen. Sie waren zu
zweit. Nein, zu dritt. Kein Problem, dachte sie.
In ihrer langen, schweren Jacke steckten zwei der sorgfältig geschnitzte
Holzpflöcke in maßgefertigten Taschen. Aber Sophie griff nicht nach den
Pflöcken. Denn in ihrer Jacke trug sie noch etwas anderes. An einem
Ledergürtel, der sich über ihre Schulter und Brust schlang, hing eine
Scheide, und in dieser Scheide steckte ein dänisches Kavallerieschwert,
geschmiedet im Jahre 1734, mit einer Doppelklinge und einem
muschelförmigen Handschutz über dem Knauf. Es war schon seit
zweihundert Jahren im Besitz ihrer Familie. Ihr Vater hatte ihr die Klinge
vererbt, das Schwert seiner Vorfahren, das er als Soldat des Königs getragen
hatte.
Hans Carstensen war jetzt tot. Ebenso Sophies Mutter. Von den Vampiren
gemeuchelt, als Gorm erfahren hatte, dass sie die Jägerin war. Aber mit dem
Schwert in der Hand kämpfte sie für beide. Für sie. Für den König und den
Rat. Und für sich selbst.
»Es ist unglaublich«, hörte sie einen der Vampire flüstern. »Die
Juwelen ... sie scheinen selbst in der Dunkelheit zu leuchten.«
Ein anderer, der ihr näher war, setzte zu einer Antwort an, verstummte
dann aber und starrte in ihre Richtung. Nur die Glasvitrine mit den Juwelen
trennte sie voneinander. Und den Vampiren entging nichts.
»Wir sssind nicht allein. Zzzeig dich, Mädchen«, zischte die Kreatur. »Ich
kann dich spüren, ich kann deine Furcht riechen. Ich kann dich dort sssehen,
blasss in der Dunkelheit.«
Sophie schauderte vor Abscheu, zwang sich aber zur Ruhe. Sie
konzentrierte sich ganz auf ihren Abscheu und ihren Hass. Mit einer
Bewegung, so schnell und geschmeidig, dass nur die Jägerin dazu in der
Lage war, zog sie das Schwert aus ihrer Jacke und dann aus der Scheide.
Etwas bewegte sich hinter ihr.
Sophie fuhr herum und schwang das Schwert über ihrem Kopf, um das
Glas der Vitrine nicht zu beschädigen. Lautlos sauste die Klinge nieder.
Sophie folgte der Bewegung mit ihrem ganzen Körper, und ihre Haare
flogen. Der Kampf, der nun folgte, war elegant und blutig zugleich. Der
Vampir, der versucht hatte, sie von hinten anzufallen, konnte nur noch
zusammenzucken, bevor das Schwert ihres Vaters knirschend seinen Kopf
von den Schultern trennte. Eine dünne Fontäne jenes Blutes schoss heraus,
das er gerade erst einem der Palastwächter geraubt hatte.
Dann explodierte er in einer Staubwolke.
Sie wirbelte wieder herum, drehte fast schon eine Pirouette. Schon immer
war sie ein anmutiges Kind gewesen, und jetzt war sie eine hoch
gewachsene, kräftige, geschmeidige und gefährliche junge Frau.
»Jägerin«, flüsterte der Vampir, der ihr am nächsten war.
Sophie konnte sie jetzt trotz der Dunkelheit erkennen. Jener, der beim
Sprechen zischte, war untersetzt und stämmig, mit einer gezackten Narbe in
einem grausigen dämonischen Gesicht. Der andere war dünn und bewegte
sich geduckt wie ein Wolf, der Beute witterte. Er sah wild und bösartig aus,
aber auch dumm.
»Was habt ihr mit Juwelen im Sinn?«, fragte sie gebieterisch.
»Sssie gehören unssserem Meissster.«
Der narbige Vampir beobachtete sie wachsam. Seine gelben Augen
huschten hin und her. Sophie nahm an, dass er sich darüber wunderte, wie
gut sie im Dunkeln sehen konnte. Nicht wirklich gut, dachte sie. Aber gut
genug. Sie verließ sich nicht nur auf ihre Augen.
»Dein Meister war vor fast eintausend Jahren ein König. Aber er starb. Er
ist nun nicht mehr König von Dänemark«, sagte sie entschieden.
Jeder Muskel ihres Körpers war gespannt. Vibrierte vor Energie. Ihre
Finger umklammerten den Knauf des Schwertes. Sie spürte die Innenseite
des stählernen Handschutzes an ihren Knöcheln.
»Was wollt ihr wirklich hier?«, fragte sie und wünschte, sie könnte die
Augen des Vampirs besser sehen. Zweifellos würden sie ihn verraten. Es
war nicht bloßer Stolz, der Gorm antrieb, da war sie sich sicher. Eins der
Artefakte in den Glasvitrinen musste einen anderen Wert für ihn haben und
verfügte vielleicht über magische Kräfte. In diesem Punkt waren Yanna und
sie einer Meinung.
»Wir führen nur den Befehl unssseres Meissstersss ausss. Er wird unsss
großzzzügig belohnen. Und noch viel großzügiger, wenn wir ihm deinen
Kopf vorsetzen, Mädchen. Mehr alsss einmal hat er unsss gesssagt, wie
sssehr er das Gefühl genießt, die Augen einer Jägerin
Weitere Kostenlose Bücher