Buffy - 22 - Spike & Dru
konnte.
Als sie sich wieder in seine Richtung drehte, stieß er zu. Ihre vollkommenen
Lippen formten ein erstauntes kleines O, als der Pflock sich in ihre Brust
und dann in ihr Herz bohrte.
Sie explodierte in einer Wolke aus Asche und Staub, und es roch
eindringlich nach feuchtem Holz und Gewürzen.
Er zahlte ihre Drinks, stand auf und ging hinüber zum Foyer. Der
Oberkellner traute kaum seinen Augen, als sich die von Krämpfen
geschüttelte Frau plötzlich aufsetzte und ein verrücktes Grinsen aufsetzte.
»In meinem Wein waren blutende Kinder«, sagte sie mit einem unmöglich
breiten Lächeln, dem Lächeln eines hungrigen Tigers. »Ich habe mich an
ihnen verschluckt. Aber jetzt geht es mir besser.«
Spike bückte sich, um ihr auf die Beine zu helfen, wischte den Staub von
ihrem Kleid und küsste sie auf den Mund. »Dann lass uns gehen, meine
Liebste.«
Einträchtig verließen sie das Lokal, im Rücken die fassungslosen Blicke
der Gäste.
Draußen, wo noch immer der kalte Wind wehte, rannten sie los und
brachen in unbändiges Gelächter aus.
»Sie hat es dir verraten, stimmt's?«, fragte Drusilla. »Das Vögelchen hat
es dir ins Ohr geflüstert?«
»Das hat es, meine Liebste. Das hat es. Wir reisen nach Norwegen.«
Drusilla blieb abrupt stehen, ihr Gesichtsausdruck entbehrte nicht einer
gewissen Komik. »Ooh, Spike, ist das denn sicher? Du weißt doch, dass
bald Krieg ist. Und zwar ein richtiger, nicht mehr diese albernen
Sandkastenspielchen. Jeden Tag kann's losgehen. Ich hatte eine Vision von
brennenden Zinnsoldaten, und vom Himmel regneten Babys. Ich habe es dir
erzählt, weißt du noch?«
»Mach dir keine Sorgen, Zuckerschnäuzchen«, erwiderte Spike
unbeschwert. Er schmiegte sein Gesicht an ihre Wange und dann in die
Wölbung ihres Halses. Zärtlich biss er zu. »Du bist die Sahne in meinem
Tee, Dru. Immer. Ich werde meiner Liebsten ihren Herzenswunsch erfüllen,
ganz einfach. Wenn es Krieg gibt, nun gut. Dann ziehen wir eben in den
Krieg.«
1
Der Atlantische Ozean
19. März
Spike stand auf dem Deck der Aberdeen, zog genussvoll an seiner Zigarette
und beugte sich gefährlich weit über die Reling. Der Abend dämmerte, und
die letzten Strahlen der Sonne ließen die Kämme der Wellen am westlichen
Horizont aufleuchten. Die See war rau und wunderschön. Die flüchtige
Turbulenz an der Oberfläche verdeckte die ewige Ruhe der Tiefe.
Die Langeweile brachte ihn schier um den Verstand.
Laut wummerten die Maschinen unter dem vibrierenden Deck. Niemand,
der atmen musste, konnte ihrem Geruch entfliehen. Jede Nacht saßen Spike
und Drusilla im Speisesaal und aßen den Schweinefraß, der ihnen vorgesetzt
wurde. Eigentlich entsprach das nicht ganz ihren Ernährungsgewohnheiten.
Doch auf dieser Reise dinierten sie mit den anderen an Bord des Schiffes,
um nicht aufzufallen, auch wenn das kaum nötig gewesen wäre.
Monotonie. Jede Nacht sahen sie dieselben Gesichter an Deck. Drei
britische Piloten, die heimkehrten, um für Seine Majestät ihre Pflicht zu
erfüllen. Eine junge Dame und ihre Gouvernante, die über England
unterwegs zu einem Elite-Internat in Paris waren. Die schmutzigen
Besatzungsmitglieder und besorgt dreinblickenden Stewards. Die dicke
amerikanische Frau mit den verkniffenen Gesichtszügen, die jeden Moment
zu explodieren und ihren bebrillten, zitternden Gemahl mit wüsten
Beschimpfungen zu überschütten drohte. Er war Vertreter einer
amerikanischen Firma, die darauf aus war, den Briten für den Krieg neue
Stahlschweiß- und Schiffsbautechniken zu verkaufen. Offenbar hatte ihm
niemand erklärt, dass die Briten kein Interesse an Ratschlägen von den
Yanks hatten.
Fast jeder von ihnen war während der Reise das Objekt von Spikes
Mordfantasien gewesen. Die meisten waren ungeschoren davongekommen.
Es hätte ihnen nichts genutzt, wenn die Wahrheit über seine und Drusillas
Natur auf einem Passagierschiff voller Menschen bekannt geworden wäre,
die wegen des drohenden Kriegsausbruchs ohnehin schon mit den Nerven
am Ende waren. Vor
allem nicht mitten auf dem Atlantik.
Spike nahm einen weiteren tiefen Zug von seiner Zigarette, sodass die
Spitze in der Dunkelheit aufglühte. Er beugte sich über die Reling, um in
das Wasser zu starren, das von der vorwärtsdampfenden Aberdeen
aufgewühlt wurde.
»Vorsicht, mein Bester. Dieses alte Mädchen ist zwar in gutem Zustand,
aber möglicherweise hält die Reling Ihrem Gewicht nicht stand.«
Die Stimme war
Weitere Kostenlose Bücher