Bujold, Lois McMaster - Die magischen Messer 2
hinab. Sie glich sehr dem Unterschlupf des Übels von Glashü t ten, auch wenn sie viel kleiner war. Jetzt war diese Höhle leer. Schiefer war in einem Erdrutsch herabgefallen und staute das Wasser teilweise. Entlang des Bachs war die Erde übersät von mannstiefen Gruben, die sich an manchen Stellen so dich t aneinanderdrängten, dass es wie ein aufgeplatztes Wespennest aussah. Hier hatte das Übel vermutlich seine ersten Erdleute herangezüchtet.
»Mit all diesen Leuten in der Nachbarschaft «, bemer k te Griff, »kann man sich nur schwer vorstellen, dass ni e mand die frühen Anzeichen für das Übel entdeckt hat. «
»Vielleicht hat das jemand «, sagte Fawn, »aber ni e mand hat es ernst genommen. Weil diejenigen, die es entdeckt haben, zu jung und zu klein waren. Dieses Waldstück war Gemeindeland für die ganze Stadt. Man kann drauf wetten, dass die Kinder ständig an diesem Bach gespielt haben und zwischen den Bä u men. «
Dag beugte sich über den vorderen Sattelbaum und atmete b e dächtig ein, versuchte, seinen revoltierenden Magen wieder zu beruhigen. Ja. Futter für das Übel, und von der nahrhaftesten Sorte. Frisch geliefert. Deshalb war das Übel so schnell so stark geworden. Er erinnerte sich, wie schön es im silbernen Mon d licht gewirkt hatte. Wie viele Häutungen …? So viele es nur wollte.
»Kam denn keiner auf die Idee zu fliehen? «, fragte Varleen. »Oder ist es einfach zu schnell aufgetaucht? «
»Es kam schnell, sicher, aber nicht so schnell «, meinte Mari. »Einige hatten einfach Pech, aber ich nehme an, die meisten starben aus Unwissenheit. «
»Warum waren …«, setzte Fawn an und verstummte.
Dag wandte den Kopf und blickte sie fragend an.
»Ich wollte sagen, warum waren sie so unwissend «, sagte sie leise. »Aber es ist noch gar nicht so lange her, da wusste ich ebenso wenig. Also kann ich mir diese Frage wohl selbst b e antworten. «
Dag hatte den Kopf immer noch voll von albtraumhaften Vo r stellungen, die ihm die Sprache verschlugen, und schüttelte nur den Kopf. Dann wendete er Feuerschopf. Sie ritten auf dem am besten ausgetretenen Pfad aus dem Tal empor.
Als sie nahe der Anlegestelle wieder auf die Haup t straße trafen, hob Saun plötzlich den Kopf. »Ich könnte schwören, ich höre Stimmen. «
Dag öffnete sein Essenzgespür ein wenig, verschloss es beinahe augenblicklich wieder und krümmte sich unter der sengenden Empfindung. Aber er hatte die Leben s funken spüren können. » Da hinüber . «
Sie ritten weiter und bogen in eine Seitenstraße, g e säumt von kahlen Bäumen und leeren Gebäuden, einige neuere mit Schi n deln verkleidet, die älteren einfache Blockhäuser. Manche ha t ten geborstene Fenster, aber die meisten trugen noch eine al t modischere Pergamentb e spannung oder einfache, sommerliche Insektennetze zw i schen den Rahmen, die ebenfalls aufgerissen waren. Die Straße wandelte sich zu einem von Wagenspuren aufgepflügten Weg, und dahinter erstreckte sich ein ausgedeh n tes Feld, dessen niedergetrampelte Gräser und Pflanzen matt und grau dalagen. Ungefähr zwanzig menschliche Gestalten liefen am anderen Ende des Felds umher, entlang der Überreste einer Baumreihe. Einige Wagen standen daneben, an denen kraftlose Pferde ang e bunden waren.
»Sie können doch unmöglich versuchen, hier etwas anzuba u en! «, rief Saun bestürzt.
»Nein «, erwiderte Dag, stellte sich in den Steigbügeln auf und blinzelte. »Das ist kein Saatgut, was sie heute hier anpflanzen. «
»Sie schaufeln Gräber «, stellte Mari ruhig fest. »Das müssen ein paar Flüch tl inge sein, die zurückgekehrt sind, um nach ihren Angehörigen zu suchen. Genau wie in den Knochensümpfen. «
Griff schüttelte mitfühlend den Kopf.
Dag wickelte sich die Zügel um den Haken, um die Rechte fre i zubekommen, obwohl sein linker Arm sich noch immer sehr geschwächt anfühlte. Er winkte seine Patrouille voran, brachte sie aber noch in einiger Entfernung von den überlebenden Grünquell - Landleuten mit einer warnenden Geste zum Stehen.
Die Bewohner der Stadt bildeten eine unregelmäßige Reihe und umklammerten Schaufeln und Hacken auf eine Weise, die Dag sehr an die erste furchtsame Annäherung der Hufenfurts eri n nerte, als er so zurückhaltend auf ihrer Veranda gesessen hatte. Wenn die Hufenfurts Grund g e habt hatten, nervös zu sein, so hatten diese Le u te einen Grund, halb wahnsinnig zu sein. Oder womö g lich auch ganz wahnsinnig.
Nachdem sie untereinander einige Blicke und
Weitere Kostenlose Bücher