Bullenhitze
einmal, mich ernst zu nehmen. Natürlich weiß ich, dass ich Sie in den zurückliegenden Jahren das eine oder andere Mal gefilmt habe, und das wissen Sie auch, aber jetzt geht es um mehr als Sympathie oder Antipathie. Ich bitte Sie wirklich um Ihre Hilfe.«
Lenz setzte sich aufrecht hin und sah dem Reporter fest in die Augen. »Dann mal Butter bei die Fische, Herr Peters«, erklärte er mit in Falten gelegter Stirn. »Sie würden doch nicht hier so rumsitzen wie Sie rumsitzen, nämlich schlotternd vor Angst, wenn Sie nicht über irgendwas informiert wären, das diesen Patzner in Gefahr hätte bringen können.«
Nun sprang Peters’ Ausdrucksprogramm übergangslos von Empörung zu Verwunderung. »Ich verstehe jetzt nicht, was Sie meinen, Herr Lenz. Wovon soll ich denn wissen?«
Die beiden Polizisten sahen ihn mit größtem Desinteresse an. »Ach, wissen Sie, Herr Peters«, beschied Hain dem Journalisten, »für Vermisstenanzeigen sind wir ja auch gar nicht zuständig. Gehen Sie am besten zu den Kollegen von …«
»Hören Sie doch auf mit Ihrem arroganten Scheiß!«, brüllte Peters völlig unvermittelt und so laut, dass sowohl Lenz als auch Hain zusammenzuckten, um sich jedoch umgehend zu entschuldigen. »Tut mir leid«, fügte er leise hinzu. »Ich bin völlig entnervt, weil ich mir solche Sorgen mache um ihn. Auch hab ich die ganze Nacht kein Auge zugemacht.«
Selbst wenn das stimmt, bist du noch immer nicht beschissener dran als ich, dachte Lenz.
»Wie kommt es eigentlich, dass Sie sich diese Sorgen um ihn machen?«, fragte Hain. »Ist er ein enger Freund von Ihnen? Oder ein Informant? Und warum haben Sie so auf Diskretion bestanden, wo Sie doch bis jetzt mit gar nichts Diskretem herausgerückt sind?«
Es gab eine kurze Pause, weil Peters einfach mit geschlossenen Augen dasaß und nichts sagte. Dann holte er tief Luft und stieß sie so plötzlich wieder aus, dass sein Doppelkinn vibrierte und seine fleischigen Wangen zitterten. »Gut«, sagte er, »Sie haben gewonnen. Es gibt da wirklich etwas, das mit ihm zusammenhängt und mir Sorgen macht.«
Hände und Hose gingen wieder eine kurze Verbindung ein, bevor er weitersprach.
»Es hat in den letzten Wochen ziemlich viele Irritationen gegeben zwischen ihm und seinem Chef, Anselm Himmelmann. Natürlich bin ich nicht in jedes Detail eingeweiht, aber es ging wohl in der Hauptsache um das geplante Krematorium. Patzner hatte immer einen guten Draht zu Werner Kronberger, der gestern tot in seinem Wagen gefunden wurde. Den konnte Himmelmann allerdings überhaupt nicht leiden, deshalb hat er sich auch sehr bedeckt gehalten, was eine eventuelle Auftragsvergabe an Kronberger angeht.«
»Werden solche Aufträge denn nach Sympathie vergeben?«, wunderte Hain sich. »Ich dachte immer, die würden ausgeschrieben, europaweit sogar.«
»Ach, hören Sie auf, Sie wissen doch, wie das geht.«
»Nein, tut mir leid, weiß ich nicht«, erwiderte der Oberkommissar schulterzuckend. »Erklären Sie es mir.«
»Später. Ich mache mir jetzt natürlich auch deshalb solche Sorgen, weil Kronberger sich das Leben genommen hat. Das passt doch alles gar nicht zusammen.«
»Stimmt«, bestätigte Lenz in der Gewissheit, dass Uwe Wagner die Pressemeldung sicher schon lanciert hatte. »Er hat sich auch gar nicht selbst getötet.«
Peters wich jegliche Farbe aus dem Gesicht. »Das heißt, er ist umgebracht worden?«
»Möglich. Möglich heißt allerdings nicht sicher, und ich will es auch nicht morgen so in der Zeitung lesen. Verstanden?«
»Ja, selbstverständlich. Aber das macht Patzners Verschwinden ja noch viel mysteriöser.«
Hain zog sich einen Notizwürfel auf dem Schreibtisch heran und griff nach einem Kuli. »Patzner mit TZ?«
»Ja, mit TZ.«
»Vorname?«
»Klaus.«
»Geboren?«
»Das weiß ich nicht.«
»Schon klar. Wo wohnt er denn?«
Der Reporter nannte ihm die Adresse.
»Auto?«
»Silberner BMW, aber das Kennzeichen weiß ich auch nicht.«
Der Oberkommissar riss den Zettel vom Block und ging zur Tür. »Dann lass ich nach ihm fahnden. Und hoffen wir für Sie, Herr Peters, dass er nicht mit runtergelassener Hose bei irgendeiner Kneipenbekanntschaft wach geworden ist.« Damit verließ er das Büro.
»Ihr Kollege verachtet mich, stimmt’s?«
Lenz lächelte ihn an. »Nehmen Sie es ihm nicht krumm. Vielleicht haben Sie uns einfach ein paarmal zu oft auf die Rolle genommen.«
»Mag sein. Aber das wird sich in der Zukunft ändern. Ich verspreche es.«
Du verdammter
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