Bullet Catcher: Jack (German Edition)
auftauchte.
Und wenn Theo die Wohnungstür nicht öffnete, würde Jack sie eben aufbrechen. Sie schloss für einen Moment die Augen. Wie gut, dass er eine Waffe bei sich trug, ganz gleich, ob das legal war oder nicht.
Doch wenn Theo öffnete, würde Jack dann ahnen, dass sie hier festgehalten wurde? Nachdem sie nicht ans Handy gegangen war? Wahrscheinlich schon. Aber wie würde er vorgehen?
So wie sie ihn kannte, würde er wahrscheinlich den Typen kurzerhand über den Haufen schießen und sie anschließend befreien.
Jack, der einsame Rächer. In Situationen wie dieser hatte die Vorstellung durchaus etwas Beruhigendes.
Draußen war es still geworden, und sie tastete den Türknauf ab, um zu prüfen, ob ihr das Dietrichset in ihrer Hosentasche etwas nützen würde, doch der Knauf hatte innen leider kein Schloss.
Am Boden fiel ein wenig Licht durch den Türspalt, und sie kauerte sich auf die Knie, um darunter hindurchzuspähen und vielleicht Theos Füße zu entdecken.
Stattdessen stieg ihr plötzlich ein durchdringender, widerlicher Gestank in die Nase.
Verfaulte Eier? Schwefel? Oh Gott, Gas!
Der charakteristische Geruch von Merkaptan, das dem geruchslosen Erdgas zugesetzt wurde, damit ein unkontrolliertes Entweichen rascher auffiel. Aber würde es hier bemerkt werden, in diesem ruhigen Apartmenthaus mitten am Vormittag? Würde jemand die Feuerwehr rufen?
Und wenn, wäre sie schnell genug da? Wenn er nämlich sämtliche Gasflammen am Herd aufgedreht hatte, würde schon ein Funke genügen, um ein Inferno auszulösen.
Und sie saß im Schrank fest.
Lucy trat so weit wie möglich zurück und warf sich mit Schwung gegen die Tür. Sie rüttelte am Knauf, trat gegen die Tür, trommelte dagegen und schrie, so laut sie konnte.
Dann ließ sie alle Luft aus ihren Lungen entweichen und stellte sich aufrecht hin – so war die Chance am größten, dass sie nicht das Bewusstsein verlor.
Sie schloss die Augen und dachte an Theos Schrank und die makabre Notizensammlung, die sie darin gefunden hatte. Offensichtlich schreckte er nicht davor zurück, sein Wissen immer wieder anzuwenden. In geringer Dosis war das Gas nicht tödlich – aber eingeschlossen in einer winzigen Kammer, während das Gebäude darum herum in Flammen aufging, gab es kein Entrinnen. Es war eine absolut todsichere Methode, jemanden aus dem Weg zu räumen.
Wo blieb Jack?
»Verdammt noch mal!« Warum hatte sie nur kein Handy und keine Waffe mehr?
Der Gestank nahm zu, während Lucy mit der Tür kämpfte, immer bemüht, möglichst flach zu atmen.
Zehn Minuten vergingen. Dann fünfzehn.
Wo in Gottes Namen blieb Jack Culver?
Das Schwindelgefühl nahm zu, geschwächt glitt sie an der Wand entlang nach unten. Am Boden kauernd, barg sie ihr Gesicht zwischen Knien und Brust, um diese letzte Luftblase zu nutzen.
Dann roch sie Rauch und hörte das Krachen einer Explosion. Jetzt würde Hilfe kommen. Und vielleicht würden sie sie ja noch rechtzeitig finden, dachte sie noch schläfrig, während ihr Gehirn immer träger wurde.
Sie öffnete den Mund, um zu schreien, doch ihre Kräfte reichten nicht mehr.
Ihr Kopf fühlte sich an wie abgetrennt, ihre Ohren klingelten, und ein Stechen erfüllte ihre Nase, als die ersten Rauchschwaden unter der Tür hindurchgekrochen kamen.
Es gelang ihr noch, ihre Jacke abzustreifen und sie sich auf das Gesicht zu legen. Dann konnte sie nur noch beten, um den Feueralarm. Um einen Ausweg. Um Jack.
Einen Moment lang war ihr Kopf klar, dann tat der Rauch seine Wirkung. Ihre Augen verdrehten sich im selben Moment, als draußen mit lautem Getöse ein Fenster barst und das Geräusch von zersplitterndem Glas die rauchgeschwängerte Luft erfüllte.
Während langsam Schwärze ihr Blickfeld ausfüllte, bemühte sich Lucy, umzusetzen, was sie für solche Situationen gelernt hatte: flach atmen, das Gesicht bedeckt halten. Ein letztes Mal versuchte sie, sich gegen die Tür zu werfen, doch sie war schon viel zu schwach, um sich bewegen zu können.
Zusammengerollt lag sie auf dem Boden und ergab sich schließlich dem Gas. Jeden Augenblick würden die Flammen durch die Tür brechen, doch sie würde nicht mehr die Kraft haben, sich zu wehren.
Ihr letzter Gedanke galt Cilla und warum sie Jack nie die Wahrheit gesagt hatte.
Jack zog sein Handy heraus. Wie konnte es nur passieren, dass ihm der kleine Saturn schon wieder entwischt war? Als er an dem Gebäude emporblickte, sah er Rauch – im dritten Stock, in der Wohnung am Ende des
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