Buschfeuer: Australien-Thriller (German Edition)
Hat dir eigentlich schon mal jemand gesagt, dass man sich im Normalfall umgehend die Kündigung abholen kann, wenn man seinen Boss über sein Sexleben ausfragt? «
» Du bist nicht mehr mein Boss. «
» Ja, da hast du wohl recht. Nur dein künftiger Geschäftspartner. Der mit der Kohle. «
Sie grinste frech. » Und mit der Wagenladung leerer Drohungen. «
Liam kam mit einem Glas Limonade aus dem Pub und setzte sich zu ihnen.
Gil richtete sich auf und stützte die Ellenbogen auf den Tisch, das Bierglas zwischen den Händen.
» Apropos Drohungen « , setzte er an, » ich muss euch erzählen, was heute Nachmittag los war. Und gleich morgen in der Frühe werdet ihr von hier verschwinden. «
Natürlich erhoben sie Einspruch. Sie protestierten und widersprachen und erklärten hinter vorgehaltener Hand, dass doch nur Tony dahinterstecken könne und wie man ihn drankriegen könne, und sie ließen sich nicht davon abbringen, wenn Gil bliebe, dann auch zu bleiben.
» Ihr hört mir jetzt beide mal zu « , sagte er schließlich, » Tony Russo ist nicht der Einzige, der noch eine Rechnung mit mir offen hat. « Mit dem Daumen rieb er das Kondenswasser von seinem Glas, dann eröffnete er ihnen das Schlimmste: » Letzten Januar habe ich zwei korrupte Kriminalpolizisten, die mit Kevin Jones gemeinsame Sache gemacht haben, bei einem leitenden Polizeibeamten gemeldet. Das hat unmittelbar zur Verhaftung der Bullen und des größten Teils der Jones-Gang geführt. Die Einzige, die wissen konnte, dass womöglich ich dahintersteckte, war Marci, und es ist sehr wahrscheinlich, dass sie geredet hat, bevor sie starb. Wenn sie das getan hat, dann ist meine Lebenserwartung im Moment verdammt gering. «
» Himmel, Gil « , sagte Deb, » du hast Kevin Jones verpfiffen? Gehörst du dann nicht ins Zeugenschutzprogramm oder so was? «
» Nein. Wenn ich mich unter Polizeischutz stellen ließe, wüssten zu viele Beamte davon, und schon ein einziger korrupter Bulle reicht aus, um die Info weiterzuleiten. Solange ich mich ungeschützt auf freiem Feld bewege, werden sie mich ganz direkt angreifen, weil sie nicht auf Dritte angewiesen sind, um an mich ranzukommen. «
Diesmal lag kein Lächeln auf Liams Gesicht. Trotz seines fröhlichen Naturells kannte er die brutale Wirklichkeit des organisierten Verbrechens und die Strafe für Verrat, und zwar besser noch als Deb. Als kleinen Jungen hatte man ihn gezwungen, die Exekution seiner Mutter und Schwester mitanzusehen: eine blutige Nachricht an seinen Bruder, der zwischen die Fronten rivalisierender vietnamesischer Drogenkartelle geraten war.
» Deshalb willst du uns aus dem Weg haben « , konstatierte Liam tonlos.
» Ja. Es wäre mir am liebsten, ihr würdet noch heute Nacht losfahren, aber ihr seht beide aus, als würdet ihr jeden Moment zusammenklappen, also ist es besser, ihr schlaft noch eine Runde und seid einigermaßen wach, wenn ihr euch gleich in aller Frühe aus dem Staub macht. «
» Es muss doch etwas geben, was wir tun können « , insistierte Deb. » Wir können dich nicht einfach in der Scheiße sitzen lassen. Wir sind doch nicht nutzlos . «
» Ihr helft mir, wenn ihr für ein paar Tage von der Bildfläche verschwindet. Macht euch in der Frühe nach Osten auf, hebt am ersten Geldautomaten, an dem ihr vorbeikommt, so viel ab, wie nur geht, und lasst eure Handys ausgeschaltet. Falls sie hinter euch her sind, werden sie davon ausgehen, dass ihr nach Sydney wollt. Also fahrt stattdessen nach Norden und zahlt nur in bar. «
Widerwillig stimmten sie zu, und nachdem geklärt war, wie sie in Kontakt bleiben sollten, ließ er sie die Reiseroute allein festlegen.
Auf manchen Beobachter mochte es seltsam wirken, dass die drei sich ohne Familienbande oder Liebesbeziehung so gut verstanden. In der selbstbewussten und ihrer Fähigkeiten sicheren Deb hätte kaum noch jemand die geprügelte, jugendliche Ausreißerin erkannt, die er vor zehn Jahren am Hinterausgang des Pubs aufgelesen hatte. Und seit vor fünf Jahren dann Liam aufgetaucht war und angeboten hatte, für eine Mahlzeit zu arbeiten, war Deb seine Beschützerin. Liam hatte ihr die Freundschaft mit Loyalität und einer Fülle brüderlicher Frotzeleien vergolten. Die beiden würden aufeinander aufpassen, daran hegte Gil nicht den geringsten Zweifel.
Blieben also die anderen beiden Menschen, die in Gefahr schwebten, weil sie mit ihm zu tun hatten. Kris dazu zu bringen, von hier wegzugehen, dürfte praktisch unmöglich sein, und Megan…
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