Buschfeuer: Australien-Thriller (German Edition)
ihm zu nehmen und ihm zu geben, dem sie nicht widerstehen wollte. Sie ließ das Denken sein, ließ ihr wildes Herz ohne Fesseln sprechen.
Schneller und schneller raste ihr Herz, ihre Hände erkundeten seinen harten Brustkasten, die Schultern, den Rücken, wovon sie seit der ersten Nacht geträumt hatte. So kühn und besitzergreifend wie seine Hände, heiß auf ihrer Haut und durch den Stoff des Kleides, und er zog sie an sich, ein durchgehender Kontakt von Mund zu Schenkel. Verlangen und Sehnen und Gil war alles, was sie wahrnahm.
Bis er sich löste. Abrupt und grob stieß er sie von sich, drehte sich auf dem Absatz um, ging ein paar Schritte, um sich dann mit der Hand an einem Baum abzustützen, während er abgehackt Luft holte.
Sie schlang das leichte Jäckchen um sich, die Nachtluft kalt auf erhitzter Haut, Worte und Empfindungen zu verworren, um ihnen verständlich Ausdruck zu verleihen.
Er lachte hart und bitter auf. » Herrgott. Ich muss mir echt den Kopf untersuchen lassen. «
Definitiv kein Süßholzraspeln, aber ehe sie eine Replik formulieren konnte, kündigte das Knirschen trockenen Laubes einen Näherkommenden an. Sie wandte sich um und sah Mark im Mondschein stehen.
» Alles in Ordnung, Kris? «
» Ja. Bestens. « O ja, bestens, sofern man außer Acht ließ, dass sie hyperventilierte und der Boden unter ihren Füßen Achterbahn fuhr. Es gelang ihr, noch so etwas wie Umgangsformen zu zeigen: » Mark, du erinnerst dich an Gil Gillespie? «
Mark nickte ihm kurz zu, und die Männer beäugten sich mit dem Argwohn zweier Wildhunde, die einander umkreisen. » Gil. Ist lange her. «
Ihr Blutdruck, der sich allmählich beruhigen wollte, schnellte in die Höhe, als ihr die Bedeutung dieses Zusammentreffens bewusst wurde. Es war in der Tat lange her– vor achtzehn Jahren hatten sie zusammen mit Marks Freundin Paula in einem Auto gesessen. Am Ende dieser Nacht war Paula tot, Mark schwer verletzt im Krankenhaus und Gil verhaftet. Kein Wunder, dass Mark ihm nicht mit der gewohnten Offenherzigkeit die Hand gereicht hatte.
» Ja « , entgegnete Gil irgendwann. » Lange her. « Und dann sah er sie an, verschlossen und unerreichbar, als habe es einen hemmungslosen Kuss nie gegeben. » Dann lass ich euch zwei mal in Ruhe feiern. «
Er drehte sich um und verschwand zwischen den Bäumen in der Finsternis.
Er musste ein paar Schritte gehen. Er lief am Pub vorbei, durch die Nebenstraße zur Schule, über den Sportplatz und sprang über den Bach. Jenseits des Ortes erhellte der Vollmond die unbefestigte Piste durch den Busch, und schwarz ragten die Silhouetten der Bäume vor silbrigem Licht auf. Seine Gedanken wirbelten durcheinander, viel zu viel passierte auf einmal, und jeder Strang verhaspelte und verknotete sich mit allen anderen. Der Mord an Marci. Der Mord an Vince. Der Brand bei Jeanie. Jeanie verletzt im Krankenhaus. Der tote Fernfahrer in der Raststätte. Die Durchsuchung des Vaterhauses. Das Skelett seiner Mutter. Megan. Kris. Der Kuss mit Kris und der Wunsch, sie aus den Kleidern zu schälen und sie zu schmecken und zu fühlen und in ihr zu sein und alles, alles zu vergessen und nur noch zu spüren, dass sie zusammen waren.
Er stöhnte auf und zwang sein Denken, von diesem Irrsinn abzulassen. Er musste sich jetzt hinsetzen, die anstehenden Themen Punkt für Punkt logisch durchdenken, eine Strategie ausarbeiten und dann danach handeln. Und das Austauschen von Intimitäten mit Kris war keiner dieser Punkte.
Zwischen den Bäumen tat sich ein Durchschlupf zu einer großen, gerodeten Weide auf, die in der Ferne sanft abfiel. Das Gatter war alt und wackelig, aber der Pfosten war solide und ohne Stacheldraht, also hievte er sich darauf in der Hoffnung, freies Land und frische Luft würden ein wenig Klarheit in seine Gedanken bringen.
Sein Blick schweifte über die idyllische, vom Mond beschienene Weite, und er erinnerte sich, wie oft er in seiner Jugend die nächtliche Landschaft durchstreift hatte. Als Kind hatte er den Busch zugleich geliebt und gehasst, wenn er vor dem Vater dort Zuflucht suchte. Asyl und Fegefeuer. Manchmal beides auf einmal. Aber als er gelernt hatte, sich dort zurechtzufinden, groß und stark genug, um keine Angst mehr zu haben, da war ihm der Busch weit mehr Heimat als die heruntergekommene Hütte mit dem Vater.
In den langen Tagen und Nächten des Arbeitens im Pub hatte er fast vergessen, wie der Mond zu scheinen vermochte, wenn die Lichter der Großstadt ihm nicht den Glanz
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