Bushido
Premium Blend, einem kleinen Musikverlag aus Solingen, der schon ziemlich viele Rapper wie Curse unter Vertrag hatte, aber Götz Gottschalk, der Geschäftsführer des Ladens, hatte kein Interesse an mir. Dann brachten die Aggros einen gewissen Florian ins Spiel. Er hatte eine Edition bei der BMG UFA und schon Sido unter Vertrag. Außerdem kümmerte er sich bei Aggro Berlin um die Bookings der Künstler und hatte schon die ersten Sido-Konzerte organisiert. Wir saßen an einem Donnerstag in seinem Büro und er schaute mich strahlend an.
Er bot mir tatsächlich einen Verlagsdeal an. Ich fand das natürlich cool. Damals hatte ich ja von diesem Business noch keine Ahnung. Ich hörte nur den Namen BMG und badete gedanklich schon in Hunderttausenden von Euro-Scheinen. Er versprach mir sogar einen Vorschuss, ganze 3000 Euro! Plötzlich war meine Freude wieder verflogen. Er wollte tatsächlich nur 3000 Euro Vorschuss zahlen. Wie lächerlich war das denn bitte! Noch einmal zur Erinnerung: Das war nach der Veröffentlichung von Vom Bordstein bis zur Skyline.
Am darauffolgenden Dienstag diskutierte ich mit Specter, Spaiche und Halil im Aggro-Büro über meine Zukunft. Ich war pleite, brauchte Geld, wollte weg und hatte keine Ahnung, wie ich das alles anstellen sollte.
Halil machte den Vorschlag, mit Florian darüber zu sprechen. Für 5000 Euro sollte ich unterschreiben.
Hm, das waren immerhin 10000 Mark – verdammt viel Geld für jemanden, der nichts besaß. Ich überlegte nicht lange und stimmte zu. Deutscher Rap war zu der Zeit ja am Ende. Die Majors setzten keinen Pfifferling auf deutsche Rapper wie Sido oder mich. Im Gegenteil, deutsche Hip-Hop-Künstler wurden gedroppt und nicht unter Vertrag genommen. Das dachte sich dann auch dieser Florian und lehnte ab. 5000 Euro waren ihm wohl doch zu viel. Okay, dachte ich. Sein Problem. Thema abgehakt.
Ein paar Wochen später, ich renovierte gerade für ein paar Euro die Wohnung eines Kumpels, als er plötzlich auf der Baustelle auftauchte.
»Was willst du denn hier?«, fragte ich ihn verwundert und wischte mir den Schweiß am Blaumann ab.
Er versuchte, mich davon zu überzeugen, den Vertrag doch für
3000 Euro zu unterschreiben. Ich stand da, in voller Malermontur, schaute auf der Leiter stehend zu ihm runter und fing an, laut zu lachen. »Schau mal, lieber Florian, wenn ich dir keine 5000 Euro wert bin, dann kann ich mit dir auch keine Geschäfte machen. Ist doch egal. Nächstes Jahr ist auch noch ein Jahr. Lass uns dann noch mal telefonieren. Und jetzt muss ich diese Wand hier streichen. Also, auf Wiedersehen.«
Ich kam mir vor wie in einem schlechten Film. Unglaublich.
Im November 2003, als Sido gerade sein Debütalbum Maske aufnahm, teilte ich Aggro Berlin offiziell mit, dass ich meinen Vertrag auflösen wollte. Ich merkte, dass ich im internen Ranking nur noch an dritter oder vierter Stelle stand. In den zwei Jahren bei Aggro bekam ich keine einzige eigene Tour, obwohl ich ein Album in den Charts hatte. Dieser Super-Booker, ja, genau der, der für mich keine 5000 Euro ausgeben wollte, sagte mir sogar, dass ein Bushido unter der Woche auf gar keinen Fall Konzerttickets verkaufen würde. Zur gleichen
Zeit wurde aber schon Sidos zweite Tour geplant, obwohl er noch nicht einmal ein Release auf dem Markt hatte. Von allen Seiten hörte ich nur, dass mein Name keine Fans ziehen würde und dass man sich erst mal auf Sido konzentrieren wollte. Dann wurden immer häufiger unsere Meetings verschoben, Interviewanfragen wurden nicht an mich weitergeleitet und ich wusste nicht mehr, ob ich überhaupt noch zur Familie gehörte. Auf dem Aggro-Zettel stand immer nur Sido. Selbst als Neffi, Chef der Urban-Abteilung bei Universal, offiziell Interesse an mir bekundete, bekam ich davon nichts mit. Das war ja immer die Devise von Aggro Berlin: den Künstler schön dumm halten, damit er keinen Ärger macht!
Aggro Berlin machte Universal ein Gegenangebot. Sie wollten Sidos Weihnachtssong probehalber über Universal rausbringen, um zu checken, wie die Zusammenarbeit zwischen ihnen und einem Major funktionierte. Universal sollte Aggro Berlin helfen, Sido im Markt ein-
zuführen, dafür bekämen sie später eine Art Option auf mich. Universal musste also über Sidos Weihnachtssong an mich herankommen. Deshalb wurde der Track auch überall so krass gepusht. Sogar heute läuft das Video in der Weihnachtszeit noch auf MTV. So läuft dieses Business! Ganz schön scheiße, wa?
Heiner – der
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