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Bußestunde

Bußestunde

Titel: Bußestunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
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das Schlüsselwort so oft, dass sich dieselbe Anzahl von Buchstaben ergab wie im Klartext: »gelbgelbgelbgelbgelbge«. Aus dem Klartext und dem Schlüsselwort wurde anschließend ein Kryptogramm gebildet. Man stellte den Klartext senkrecht neben die Tabelle und das Schlüsselwort waagerecht darüber und folgte den Buchstaben bis zu dem Punkt, an dem sie sich trafen. Im Schnittpunkt zwischen »a« und »g« lag der Buchstabe »a«. Das Kryptogramm begann also mit dem Buchstaben »a«. Dann nahm man »u« und »e« und fand in ihrem Schnittpunkt wieder »a«.
    Das Kryptogramm begann dann mit »aa«. Und je mehr Paul Hjelm im Internet las und sich in die Vigenèrechiffre vertiefte, desto einfacher erschien sie ihm.
    Er betrachtete erneut Tore Michaelis’ Autorenliste. Vigenère war gelöst, ein einfaches Anagramm. Blieben noch Sezaock und Eschine. Sie hatten gleich viele Buchstaben, in diesem Fall handelte es sich also um die einfachste Form der Chiffre, bei der das Schlüsselwort nicht wiederholt zu werden brauchte.
    Also ausprobieren. Er wollte, dass der Klartext horizontal oberhalb der Tabelle stehen sollte, und platzierte folglich das potenzielle Kryptogramm senkrecht nach links. Es blieb jetzt noch die Frage, welches von beiden das Kryptogramm und welches das Schlüsselwort war. Er begann mit Eschine als Kryptogramm. Er kam dabei auf den Klartext »Omxhgpu«.
    Paul Hjelm stöhnte. Allmählich war er der Spionagespiele jedweder Couleur schon etwas überdrüssig geworden. Entweder war es der Anfang einer neuen Chiffrierrunde, ein unregelmäßiges Verb aus dem Baskischen, oder es war falsch.
    Der Einfachheit halber ging er von Letzterem aus und tauschte Kryptogramm und Schlüsselwort. Jetzt stellte er »Sezaock« senkrecht nach links neben die Tabelle. Er begann mit »s« und folgte der Reihe »stuvw« und so weiter nach innen, bis er auf den ersten Buchstaben des eventuellen Schlüsselworts »Eschine« traf. Bei »e« in der »s«-Reihe folgte er der Kolumne nach oben und landete bei »m«. Dann ging er weiter zu »s« und fand am oberen Rand der Tabelle »o«, und vom dritten Buchstaben, »z«, gelangte er über das »c« des Schlüsselworts zum Buchstaben »d«.
    So trat Buchstabe für Buchstabe Tore Michaelis’ möglicher Klartext hervor.
    »Modhult«.
    Es sah auf jeden Fall vielversprechender aus als »Omxhgpu«.
    Er suchte Modhult im Netz. Es gab nur einen Treffer, und zwar im Protokoll einer Sitzung des Gemeinderats der Kommune Nykvarn vor gut einem halben Jahr. In einem Nebensatz war von gewissen Problemen mit dem Stromnetz in dem allem Anschein nach mikroskopisch kleinen Ortsteil Modhult die Rede.
    Schließlich suchte Hjelm Modhult auf einer sehr detaillierten Taxikarte. Es lag am westlichen Rand der Kommune Nykvarn, mitten im Wald. Er ging auf direktem Weg hinunter in die Polizeigarage, setzte sich in sein umweltfreundliches Auto, schob Bach in den CD-Spieler und rollte davon mit dem Ziel Modhult in Nykvarn.
    In Södertälje verließ er die E 20, fuhr zum Zentrum von Nykvarn und folgte von dort immer schmaleren und kleineren Straßen, bis er am Ende zu einer Schotterpiste gelangte, die durch dichter werdenden Nadelwald führte. Das Licht sickerte fahl und grünlich durch endlose Schichten von Tannenzweigen und verschmolz mit Bachs h-Moll-Harmonien zu einem perfekten Einklang. Alles fügte sich zu einer erschreckend schönen Wehmut zusammen.
    Dann war er am Ziel. Ein sehr kleines Schild im Nirgendwo verriet, dass dies Modhult war. Es machte wahrlich nicht viel her. Zwei Grundstücke mit Häusern und diversen Schuppen. Auf dem einen einige von Unkraut halb überwucherte Schrottautos, auf dem anderen akribisch geschnittene Herbstblumen einer ihm unbekannten Sorte. Das erste Haus wirkte verlassen, aus dem Schornstein des zweiten stieg eine dünne Rauchsäule zum blassblauen Himmel auf.
    Er klingelte dort. Nach einer guten Minute erschien eine kleine Dame in den Siebzigern und blinzelte ihn misstrauisch an. Er stellte sich so höflich wie möglich vor und fragte: »Meine Frage kommt Ihnen vielleicht sonderbar vor, aber ist in letzter Zeit hier im Ort etwas Ungewöhnliches passiert? Im letzten Monat ungefähr?«
    Die alte Dame sah aus, als ob sie lange nachdächte. Plötzlich leuchtete ihr leicht vom Star getrübter Blick auf, und sie zeigte hinüber auf das Nachbarhaus mit den Schrottautos.
    »Jansson«, sagte sie. »Vor ein paar Wochen ist eine seiner Waldhütten abgebrannt.«
    Paul Hjelm überlegte. Dann

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