Bußestunde
sieht man jetzt deutlich, dass Lisa Jakobsson ihm ins Freie folgen will. Sie wird von Johannes Åkerblom daran gehindert, der vom Erotikregal herüberkommt und ihr den Arm um die Schultern legt. Man sieht sie ein wenig zusammenzucken.
»Versucht sie, sich loszureißen?«, fragte Sara.
»Ich glaube es fast«, entgegnete Lena. »Sie will wirklich nicht bleiben.«
»Jetzt guckt sie wieder nach draußen. Wohin guckt sie?«
»Auf das hier«, sagte Lena Lindberg, hielt den Film an und zoomte eine diffuse Form auf der linken Seite außerhalb des Fensters heran. Es dauerte einen Moment, bis das grobkörnige Bild scharf gestellt war. Aber dann wurde der Gegenstand erkennbar.
Es war eine Kamera.
Eine Überwachungskamera.
»Was soll das denn jetzt?«, fragte Sara Svenhagen. »Noch eine Überwachungskamera? Wo denn?«
»An der Fassade auf der anderen Straßenseite«, sagte Lena Lindberg. »Wir haben sie bisher nicht gesehen, weil wir keinen Grund hatten, nach ihr zu suchen.«
»Aber was ist das für eine verdammte Kamera?«
»Ja, wenn man das wüsste. Sie sitzen ja jetzt überall in der Stadt. Private und öffentliche durcheinander. Es ist schwer zu sagen, wer sieht, was die Kameras sehen, und wozu es benutzt werden soll.«
»Wir müssen hinfahren.«
»Ja.«
Gesagt, getan. Vor Ort stellten sie fest, dass der Videoladen wieder geöffnet war. Als der Wagen auf der Jungfrugatan daran vorbeirollte, sahen sie Naoum Chamoun wie gewöhnlich im Laden stehen und Filme sortieren. Sie sorgten dafür, dass er sie nicht erkennen konnte, und stiegen aus. Sie sahen hinüber zur anderen Straßenseite.
Und sie sahen keine Überwachungskamera.
Die Fensterreihe im Erdgeschoss auf der anderen Seite der Jungfrugatan lag nur wenig über Kopfhöhe, gut drei Meter über dem Straßenniveau. Wo die Kamera sitzen sollte, war nichts zu sehen.
»Wir haben doch bestimmt ein Fernglas im Handschuhfach«, sagte Sara Svenhagen.
Lena Lindberg wühlte eine gute Weile in dem überfüllten Handschuhfach herum, bevor sie das kleine Fernglas fand. »Was ist denn das für ein lächerliches Fernglas?«, sagte sie, während sie es Sara reichte.
Sara nahm es und stellte es auf die Fensterreihe ein. Aber es war keine Kamera zu sehen. »Das ist doch komisch«, sagte sie und senkte das Glas. »Haben wir geträumt?«
»Kaum«, entgegnete Lena und schnappte sich das Glas.
Nach einigem Suchen gelang es ihr, die Stelle zu fixieren, wo die Kamera angebracht sein sollte. Aber es war nichts zu sehen außer ein paar Schraubenlöchern im Putz der Fassade.
»Verflixt«, sagte sie. »Jemand hat sie abgenommen.«
»Glaubst du wirklich?«
»Ja, jemand hat sie abgeschraubt.«
Sie sahen sich an. Es blieb Lena Lindberg überlassen, eine Zusammenfassung der Lage vorzunehmen. »Lisa Jakobsson wusste genau, dass diese Kamera da war, als sie sich im Laden befand. Sie guckte auf ihr Handy, um zu sehen, ob sich jemand gemeldet hatte. Es war eine Art Zusammenspiel mit der Kamera. Was ist das für eine verdammte Kamera?«
»Wir müssen bei der Stadt anrufen und herausfinden, ob es eine offizielle Überwachungskamera ist.«
»Das machen wir unterwegs«, entschied Lena Lindberg und ging zum Auto.
»In Ordnung«, sagte Sara Svenhagen und griff nach ihrem Handy.
Das Gespräch war gerade in dem Moment beendet, in dem ganz unerwartet eine Parklücke in der Gästrikegatan auftauchte. Während sie die Haustür öffneten, ohne den Türcode zu benutzen, sagte Sara zu Lena Lindberg, die noch am Türschloss fummelte: »Es ist keine offizielle Kamera.«
Doch Lena Lindberg murmelte nur: »Beim letzten Mal ging es doch wie geschmiert.«
»Du zitterst ja«, sagte Sara.
»Spürst du die Witterung nicht? Wir sind ganz dicht daran.«
»Vielleicht. Aber woran?«
»An etwas, das mir krank vorkommt«, sagte Lena Lindberg und hatte endlich die Tür aufbekommen. »Richtig beschissen krank.«
Während sie die wohlbekannten Treppen hinaufstiegen, erwiderte Sara: »Das Schlimmste ist, dass ich dir zustimme, ohne zu wissen, warum.«
»Wer bringt eine private Überwachungskamera an einer Hausfassade an? Und warum ist sie auf einen unansehnlichen Videoladen gerichtet? Hier geht etwas vor, was wir noch nie zuvor gesehen haben. Davon bin ich überzeugt. Und es hat mit Lisa Jakobsson zu tun. Aber jetzt gehen wir ganz leicht und locker in diese Wohnung rein.«
Sara fasste Lena an der Hand, sodass die schlüsselähnlichen Gegenstände klimperten.
»Sollten wir nicht vorher klingeln?«, fragte
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