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Butenschön

Butenschön

Titel: Butenschön Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Imbisweiler
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ausgegangen wäre.«
    »Woher, Fatty?«
    Ich spürte Evas Hand auf meinem Arm. »Einen Moment, Max. Bitte keine Privatscharmützel! Wenn ihr mich schon aus dem Bett schmeißt, damit ich Samariterdienste leiste, will ich auch wissen, für wen und warum. Deshalb schön der Reihe nach. Wer sind diese Leute und was ist passiert?«
    »Okay, okay«, lenkte ich ein. Sie hatte ja recht, es zeugte nicht eben von guter Kinderstube, spät am Abend und ohne Vorwarnung hier einzufallen, blutende Fremde im Schlepptau. Fatty hatte sich um kurz nach neun mit dem vagen Hinweis auf ein Treffen mit mir verabschiedet, und Eva war natürlich davon ausgegangen, dass es sich wie üblich um eine Verabredung zum Bier handelte. Nach den Vorkommnissen am Wehrsteg schien uns ihre und Fattys Wohnung die beste Option: sicherer als meine und ebenfalls nur wenige Minuten entfernt. Davon abgesehen, verspürte ich keine Lust auf Christines vorwurfsvolle Miene, wenn sie all ihre Kassandrarufe bestätigt sah.
    Also begann ich die Vorstellungsrunde. Romana hieß natürlich nicht Romana, sondern Agata, wie sie flüsternd bekannt gab. Aus Kroatien, Zagreb. Ihre Berufsbezeichnung verkniff ich mir.
    »Kann es sein, dass ich Sie schon mal gesehen habe?«, fragte Eva stirnrunzelnd, während sie ihr einen Becher Tee einschenkte. Agata nickte. Mit der prallen Verführerin, die einem seit Tagen aus allen Blättern entgegenlachte, hatte sie rein optisch kaum noch etwas gemein. Das blondierte Haar war lose im Nacken zusammengebunden, die Haut wirkte rau und ungepflegt. Sollte sie einen begehrenswerten Körper ihr eigen nennen, so verbarg sie ihn geschickt unter abgewetzten Jeans und einer ausgebeulten Jacke.
    Während ich Schnaps ausschenkte, fuhr ich in meinem Bericht fort. »Der Blutspucker dort hinten nennt sich Journalist. Prügelt sich gern um die superheißen, superexklusiven Storys, wie man sieht. Wenn einer den Überblick über den heutigen Abend hat, dann er.«
    »Von wegen«, braddelte Koschak, den Kopf im Nacken. »Dass der Dicke plötzlich auftauchte, geht ja wohl auf Ihre Rechnung.«
    »Allerdings. Bin gespannt, wann Sie sich dafür bedanken. Sogar mir fiel irgendwann auf, dass der Wehrsteg zwei Enden hat, und überwachen konnte ich nur eines von den beiden. Also beorderte ich einen Kumpel an das andere Ende. Gestatten: Herr Sawatzki. Er war bereits um halb zehn auf seinem Posten.«
    »Und gefroren hab ich für zwei«, stöhnte Fatty.
    »Wo genau hast du gesteckt?«
    »Direkt beim Trafohäuschen. Im Gebüsch drin.«
    »Was wolltet ihr überhaupt am Wehr?«, fragte Eva.
    In knappen Zügen umriss ich die Geschichte der Butenschön-Akten: Deiningers Promotion, der Russe, unser nächtlicher Treffpunkt. »Mit der Übergabe selbst schien keine Gefahr verbunden. Aber Koschak in seinem Verfolgungswahn machte mich so kirre, dass ich Fatty dabei haben wollte, nur zur Sicherheit. Konnte ja nicht ahnen, dass er mit einer Waffe anrückt!«
    »Und dann?«
    »Gute Frage. Wir waren gegen zehn vor Ort. Eine halbe Stunde lang passierte nichts. Kein Russe in Sicht, nur ein paar Radler und Spaziergänger. Aber plötzlich ging alles ganz schnell. Am anderen Ufer schrie eine Frau, ein Schuss fiel, Koschak wurde von einem Mann niedergeschlagen. Ich natürlich nichts wie hin, da flitzte der Mann davon, und drüben am Häuschen kam Fatty aus den Büschen gekrabbelt.«
    »Ich bin nicht gekrabbelt!«
    »Stolziert aber auch nicht. Was war denn nun los bei dir?«
    Er nahm einen großen Schluck Schnaps und schüttelte sich. »Wenn ich das wüsste! Es war ja stockfinster. Okay, es gab eine Lampe direkt am Steg, aber deren Licht fiel nur auf die Treppe. Ich saß völlig im Dunkeln. Und kalt wars, Leute, ich sage euch …«
    »Das hatten wir schon. Außerdem war es nicht kalt.«
    »Saukalt sogar!« Fatty warf mir einen bösen Blick zu. »Also, erst kam dieser Jogger vorbei, dann eine Frau.« Er nickte zu Agata hinüber. »Sie hier. Traute sich nicht so recht, den Steg zu betreten, vielleicht wegen der Lampe. Dann standen wie aus heiterem Himmel drei Typen neben ihr, und ich hörte Geräusche, die mir gar nicht gefielen. Was machen die mit der?, fragte ich mich. Einer von den Kerlen ging hoch zum Steg, die anderen verschwanden irgendwo in der Dunkelheit.« Er trank ein zweites Mal. »Und dann schrie sie. So was habe ich noch nicht gehört. Mir platzte schier das Trommelfell!«
    Agata nickte stumm.
    »Weiter?«
    »Vielleicht habe ich sogar mitgeschrien, aus lauter Panik. Jedenfalls

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