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Butter bei die Fische: Ein Ostfriesen-Krimi (Piper Taschenbuch) (German Edition)

Butter bei die Fische: Ein Ostfriesen-Krimi (Piper Taschenbuch) (German Edition)

Titel: Butter bei die Fische: Ein Ostfriesen-Krimi (Piper Taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Levke Winter
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nicht gekommen. Wahrscheinlich hatte sie sich gedacht, dass sie Gitta ohnehin nicht überflügeln konnte, wenn es um Bleistift und Papier ging.
    Elias überlegte, ob sie stolz auf ihren Sohn war, der von ihrer Familie ja als kleiner Schatz betrachtet wurde. Immerhin hatte sie ihn zur Welt gebracht. Ihr Fleisch und Blut. Und war sie auch auf Steffi stolz gewesen? Oder hatte sie in der Tochter einen kränkenden Nachweis gesehen, dass bei ihr halt doch immer nur alles Murks wurde? Man wusste es nicht. Er bückte sich nach dem Schreibheft, um es bis zum Ende durchzublättern, sicherheitshalber.
    Und in diesem Moment wurde er niedergeschlagen.
    Normalerweise kommen solche Sachen ja nur im Fernsehen vor. Man wundert sich dann über die Idioten, die arglos an Tatorten herumschnüffeln und sich überhaupt nicht vorstellen können, dass sie selbst irgendeiner Gefahr ausgesetzt sein könnten. »Ich hätte nicht im Traum daran gedacht«, sagte Elias später zu Hedda, die ihn mit Aspirin und Eisbeuteln versorgte. »Ich habe mich nur über das Geräusch hinter mir gewundert – und da knallte es auch schon.«
    Hedda hatte ein mordsschlechtes Gewissen. Eigentlich bildeten sie und Elias ja ein Team, und wenn sie ihn begleitet hätte, wäre das Ganze vielleicht gar nicht passiert. Das war natürlich kompletter Quatsch, aber sie saß trotzdem im ersten Polizeiauto, das mit kreischenden Bremsen auf dem coordesschen Hof hielt, und stand der Notärztin im Weg, die Elias’ Blutdruck messen wollte.
    Oma Inse hielt eine Packung Hansaplast parat, für alle Fälle. Gitta rang die Hände. Und Boris flutschte zwischen den Erwachsenen durch und reichte Elias einen angenuckelten Teddybären. Die Gruppe hielt zusammen.
    Natürlich war auch Harm an Ort und Stelle. Während er seiner Imogen am Telefon versicherte, dass er auf alle Fälle pünktlich zum Kino zu Hause sein würde – was völlig unmöglich war, es sei denn, sie wollten in die Drei-Uhr-Früh-vorstellung –, gestikulierte er wild mit den Händen, um Hedda klarzumachen, dass sie die Spurensicherung holen sollte. Wenn ein Kollege zu Schaden kam, setzte man natürlich sämtliche Hebel in Bewegung.
    Aber Elias bremste ihn aus. Sie brauchten keine Spusi, um herauszufinden, wer ihn niedergeschlagen hatte. Er hatte Bärbel Coordes einwandfrei erkannt, als sie wegrannte.

»Warum tut sie so was? Warum greift Bärbel einen Beamten der Kriminalpolizei an?«, grübelte Harm, als er vor ihnen in seinem Büro stand, wo sich außer Hedda noch zwei Kollegen vom Betrugsdezernat und einer vom Polizeilichen Staatsschutz und außerdem die Putzfrau, die nachts immer sauber machte, versammelt hatten. Also alle, die noch im Gebäude waren. Nur die Kollegin unten in der Wache hatte ihr Glaskabäuschen nicht verlassen dürfen.
    Es ging ihnen nahe, dass jemand aus den eigenen Reihen Opfer einer Gewalttat geworden war. Sie klopften Elias auf die Schulter, und die Putzfrau reichte Schokolinsen herum, was sie dankbar annahmen, weil sie sich alle erst mal beruhigen mussten.
    »Warum tut Bärbel so was?«, wiederholte Harm.
    Elias war das völlig klar, aber sein Schädel brummte zu sehr, als dass er der übermüdeten Kollegenschar seine Theorie hätte erläutern mögen. Viel wichtiger kam ihm auch die Frage vor, warum Bärbel den Hof überhaupt verlassen hatte. Dazu hatte er ebenfalls eine Idee, aber die machte ihn todtraurig, und so verschob er das Problem auf den nächsten Tag.
    Sie schliefen wieder in Harms Boot. Vielmehr, Elias schlief, während Harm offenbar den Rest der Nacht mit Imogen telefonierte. Elias fand ihn morgens zusammengesunken auf der Bank der kleinen eingebauten Essecke, wo er mit dem Smartphone in der Hand lautstark schnarchte.
    Im Büro ging es dann hektisch zu. Die Fahndung nach Bärbel lief jetzt mit dem Zusatz Täterin und Vorsicht, gefährlich, bitte nicht ansprechen, sondern die nächste Polizeidienststelle informieren oder über 110 anrufen.
    Dieses Getue war Elias unangenehm, schließlich ging es nur um Bärbel Coordes, die ihn in ihrer Wohnung überrascht und in einer Gefühlsaufwallung mit ihrer Blumenvase zugeschlagen hatte – denn so beurteilte er den Anschlag auf seine Person. Sie betrat ihre Wohnung, entdeckte einen fremden Kerl, der in ihren Sachen schnüffelte, und kriegte es mit der Angst zu tun. Vielleicht hatte sie ihn auch erkannt und instinktiv als Feind eingestuft, der ihr und ihrer Familie etwas Böses wollte. Er fühlte sich ein bisschen schuldig.
    Sonja Lindenberg,

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