Butterblumenträume - Rath, C: Butterblumenträume
fühle ich mich irgendwie verletzt.
»Ich weiß, ich bin vielleicht nicht die Richtige, dir Ratschläge zu erteilen. Aber ich habe dich in den ganzen Jahren immer um euer Glück beneidet. So, wie ihr miteinander umgegangen seid …, das war immer ein Vorbild für mich. Ihr wart für mich immer der Inbegriff der perfekten Familie. Vielleicht habe ich mich deswegen nicht getraut, mich fest an jemanden zu binden, weil es nie so … perfekt war wie bei euch. Und es wäre schade, wenn das für immer vorbei wäre. Ich glaube auch nicht, dass Tim das will. Und du tief in deinem Innern ebenfalls nicht. Vielleicht kriegt ihr’s ja wieder hin, das wäre sicher das Beste für die Mädels. Ob du das Vertrauen zu ihm wieder aufbauen kannst, musst du selbst herausfinden … Ich bin jedenfalls immer für dich da, egal, wie du dich entscheidest. Und auf meinem Sofa ist immer ein Plätzchen für dich.«
Eva freut sich über das Angebot, und wir verschwinden endlich im Bad, um aus meinem Wischmopp auf dem Kopf eine ordentliche Frisur zu machen.
Nachdem Eva die linke Seite dank ihres Glätteisens in eine glänzende Mähne verwandelt hat, fällt mir siedend heiß etwas ein: das grüne Kleid … Wie konnte ich das nur vergessen. Und schon stürme ich aus der Tür, egal, wie ich gerade aussehe, und renne durch Überlingens Fußgängerzone, aber als ich bei der Boutique ›Bunte Stube‹ ankomme, ist der Laden bereits geschlossen. Mist, was soll ich jetzt nur anziehen? Ich könnte heulen, nicht mal Nini ist da, mir zu helfen. Sie hat angerufen, um zu fragen, wie lange ich noch hier bin, und ich habe geantwortet, dass ich gegen 18 Uhr spätestens los muss.
Eva tut ihr Bestes, diesmal mich aufzuheitern, und gemeinsam wühlen wir in meinem Kleiderschrank nach etwas ›Standesgemäßem‹, um bei den Römfeld-Damen bestehen zu können. Das wird mir zwar nie im Leben gelingen, aber vielleicht kann ich wenigstens mit meiner Frisur punkten.
»Jetzt sei doch nicht so panisch«, sagt Eva. »Das ist doch kein Besuch bei der Queen von England. Du siehst gut aus und bist ein netter Mensch … Sei mal ein kleines bisschen selbstbewusst.«
Wenn sie wüsste, wie ich mich in dieser Schickimicki-Gesellschaft immer fühle. Weiße Jeans und Tops fliegen ebenso auf einen Haufen wie Blümchenkleider und Hosenanzüge. Es bleibt nur ›das kleine Schwarze‹, ein schlichtes Etuikleid, das immerhin eine gute Figur macht. Eva rät mir zu einer goldenen Modekette und auffälligem Make-up. Schwarze Sandaletten mit hohen Absätzen und die neue bestickte Handtasche dazu, fertig. Leon ruft an und bittet mich, jetzt schon zu kommen – klar, ich bin fertig. Ich frage Eva, ob sie vielleicht zum Sommerfest mit möchte, aber sie schüttelt den Kopf, sie sei nicht in Stimmung. Dann schreibe ich Nini eine SMS, ob sie und Marcus vielleicht nachkommen wollen, und schon bin ich an der Tür. Ich umarme Eva zum Abschied und verspreche, mit ihr bald einmal ins Kino oder auf einen Wein an die Promenade zu gehen, und düse mit meinem Mini Richtung Hagnau.
*
Das Erste ist: Ich bekomme keinen Parkplatz. Schon vorne an der B 31 stehen große Schilder, die mit Weintrauben bemalt sind und auf denen in Schönschrift steht : ›Kommen Sie zum Weinfest auf dem Römfeld-Weingut‹. Dieser Einladung sind anscheinend unglaublich viele Leute gefolgt. Und Leon hatte sich Sorgen gemacht, dass nicht genügend Gäste kommen … Aber bei dem schönen Wetter draußen zu sitzen, sich mit netten Leuten zu unterhalten und dazu ein Gläschen Wein zu trinken, ist einfach sehr verführerisch. Ich versuche, den Mini an den vielen Leuten, die am Verwaltungsgebäude vorbei auf dem Weg Richtung Gut marschieren, vorbeizubugsieren, was gar nicht so einfach ist. Als ich auf das Gut zufahre, bleibt mir die Luft weg. Es sieht unglaublich schön aus. Die Gärtner haben ganze Arbeit geleistet. Der Rasen sieht aus wie auf dem Golfplatz, und überall auf diesem grünen Teppich stehen beleuchtete weiße Zelte mit kleinen Stehtischen. Die Band auf der Bühne hat bereits zu spielen begonnen und es ertönt leise Tanzmusik. In einem Halbkreis sind bunt geschmückte und ebenfalls beleuchtete Buden aufgebaut, an denen man Römfeld-Weinspezialitäten ebenso wie kleine Leckereien erwerben kann. Kein Wunder, dass Leon in letzter Zeit so gestresst war. Dies alles vorzubereiten, war sicher richtig viel Arbeit … Und das neben seiner eigentlichen Aufgabe, schließlich werden im Juni die Reben zum ersten Mal
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