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Butterschmalz zum Fruehstueck

Butterschmalz zum Fruehstueck

Titel: Butterschmalz zum Fruehstueck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helga Jursch
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ich will nicht. Es ist bei mir zu einer gewissen Reisfeld-Sättigung gekommen. Bawa ist beleidigt. Das finde ich übertrieben. Schließlich verlangen wir von keinem Asiaten, dass er beim Anblick eines Weizenfeldes in Verzückung gerät. Aber vielleicht geraten die Asiaten in Verzückung und zeigen es nur nicht? Ich will nicht, dass Bawa sauer ist, und mache anstandshalber ein Bild. Das mache ich fortan artig jedes Mal, wenn er mich mit „Take picture , Ma'am“ zum Fotografieren auffordert.
    Wir fahren weiter zum Besakih -Tempel. Der Besakih - oder Muttertempel ist der wichtigste hinduistische Tempel in Bali oder möglicherweise gar in ganz Indonesien. Er liegt an der Flanke des Berges Agung , weil er so dem Himmel etwas näher ist. Ich finde ihn umwerfend schön. Dem balinesischen Hinduismus fehlt das Schrille und Plakative des indischen Hinduismus. Hier kommen überwiegend zwei Farben zum Einsatz: Grau und ziegelfarben, manchmal noch ocker . Die Figuren und Verzierungen sind symmetrisch und teilweise sehr filigran ausgearbeitet. Um einen Tempel betreten zu können, muss man einen Sarong tragen. Das gilt für Frauen wie für Männer, denn der Sarong steht für Ausgewogenheit, für einen ausgeglichenen Geist. Deshalb sind auch so viele Statuen mit Stofftüchern bedeckt: Sie tragen einen Sarong (der nach längerer Tragedauer im Freien etwas mitgenommen wirkt). Wenn es doch bloß so einfach wäre: Tuch umschlingen, seelisches Gleichgewicht finden, fertig!
    Auswärtige Führer dürfen den Besakih -Tempel nicht betreten. Man muss sich einen örtlichen Führer nehmen. Diese sind zum Teil ziemlich aufdringlich, obwohl es schon viel besser ist, als noch vor ein paar Jahren. Damals hat die Tourismusindustrie den Besakih -Tempel deswegen boykottiert. Jetzt geht es einigermaßen, wobei es mir natürlich eine große Hilfe ist, dass Bawa mir vorher die richtigen Preise verraten hat und auch, dass ich keine Schärpe zu meinem Sarong tragen muss. Das müssen nur Leute, die beten wollen, aber die fliegenden Händler behaupten, dass die Touristen sie auch brauchen. Ich nehme mir also einen örtlichen Führer, der mich erst mal auf sein Motorrad bittet, weil es noch ein ganzes Stück bis zum Eingang ist. Ich erfahre einiges über die wichtigsten drei Götter im Hinduismus: Brahma, den Schöpfer, Vishnu , den Bewahrer und Shiva, den Zerstörer. Ebenso über das Kastenwesen: Ganz oben stehen die Brahmanen oder Priester, also die Besitzer der absoluten Wahrheit. Dann kommt die Kaste der Krieger, danach die Kaufleute und am Ende jene, die ihr Geld durch körperliche Arbeit verdienen, allen voran die Bauern. Sie alle haben voneinander getrennte Ahnentempel. Hinzu kommt die Ahnentempelpflege zu Hause. Drei Mal täglich, morgens, mittags und abends, muss man den Ahnen ein Opfer bringen, sonst passiert was Schlimmes. Geopfert wird ein kleines Schälchen aus Palmblatt mit Blumen oder einer Kleinigkeit zu essen.
    Dann ist das Mittagessen bei einem empfehlenswerten Touristenrestaurant mit Blick auf Reisterrassen angesagt. Ich reagiere auf diese Ansage ziemlich gleichgültig. Immer dieser Reis … bis ich das Lokal betrete. Eigentlich hätte ich gedacht, dass Reisfelder mich nicht mehr erschüttern können, aber der Anblick ist so toll, dass ich auf der Stelle Landschaftsmalerin werden möchte. Wieder eine bis auf den Grund terrassierte Senke. Das Restaurant ist wie eine Loge knapp unterhalb des Senkenrandes gebaut. Wie auf einer Bühne präsentieren sich die knallgrünen und dicht bewachsenen Terrassen, deren verblüffende Regelmäßigkeit hier und da von einer Palme unterbrochen wird. Kleine Bambushäuschen sitzen wie Sprengsel mittendrin. Über dem Ganzen liegt großer Frieden. Zumindest vom Restaurant aus. Ich würde einfach nur stundenlang mit meiner Staffelei vor dieser Aussicht sitzen und alle Einzelheiten aufnehmen, wenn ich denn vernünftig malen könnte.
    Anschließend besuchen wir eine Gold- und Silberschmiede. Ein Mann bearbeitet Silberplatten mit einem Gasbrenner. Dann geht er damit an eine altmodische Walze und walzt damit das Material dünner. Daraus entstehen dann jede Menge wunderbare Produkte.
    Der nächste Programmpunkt ist die Weberei. In einem dunklen Raum sitzen viele junge Mädchen an vorsintflutlichen Webstühlen und weben traditionelle Stoffe. Das geht sehr langsam. Weiter hinten spinnen Frauen und verwenden ausrangierte Fahrradräder als Spinnräder. Wie viel sie wohl verdienen? Marco hat mir gesagt, dass ein

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