BY703 - Der Boß schickt den Curare-Killer
herüberschlug. Gespannt hörte sie zu. Noch war sie skeptisch, aber die nächsten Worte des rauhbeinigen Seemanns machten ihr ein wenig Mut.
»Hab’ ich schließlich gar nicht nötig, Miß. Sie müssen wissen, daß ich mich mit meiner Frau gut verstehe. Und meine beiden Söhne hätten wenig Verständnis für ihren Boß, wenn der zu anderen Fahnen wechseln würde. Aber was rede ich denn…« Er brach ab und wartete, bis die Blondine zwei Whiskygläser auf den Tisch gestellt hatte. Mandy überwand sich und prostete ihm zu. Ein erstauntes Murmeln ging durch den Raum. Der Vierschrötige schmatzte genüßlich. »Ich will Sie nicht mit Familiengeschichten langweilen. Sicher ist es Ihnen nicht entgangen, daß sämtliche Burschen in diesem dreckigen Loch mit Ihnen anbändeln wollen. Ich möchte Ihnen helfen. Allein schaffen Sie es nicht, hier herauszukommen. Und das wollen Sie doch, oder?« Seine kleinen Augen waren starr und ausdruckslos auf sie gerichtet.
Mandy Collins schluckte nervös. »Ja, ich möchte hier heraus«, sagte sie dann leise. Sie wußte nicht, warum, aber sie begann diesem Mann zu vertrauen. War es nur seine Stimme, die dieses Gefühl in ihr hervorrief? Nein. Sie sagte sich, daß sie sich auf ihre Menschenkenntnis verlassen konnte. Er meinte es tatsächlich ernst, davon war Mandy fest überzeugt.
»Okay«, sagte er laut und deutlich, »dann wollen wir mal abdampfen.« Er erhob sich und ließ ein paar Geldstücke auf die Tischplatte klimpern.
Mandy Collins stand mit einem Ruck auf. Sie umklammerte ihre Handtasche und folgte dem untersetzten Mann, der zielstrebig auf den Ausgang der Kneipe zusteuerte. Wieder ging ein erstauntes Murmeln durch die Reihen der Seeleute. Diesmal lauter und erregter. Als der Vierschrötige ihr die wenigen Treppenstufen emporhalf, die vom Kellereingang der Kneipe zum Bürgersteig führten, atmete das Mädchen erleichtert auf.
»Sehen Sie«, lachte er zufrieden, »es hat bestens geklappt. Sollen die Brüder denken, was sie wollen.«
Mandy nickte dankbar. »Ich weiß gar nicht, wie ich das wiedergutmachen soll, Mister…«
»Camacho«, sagte er eifrig. »Dave Camacho. Aber bitte nennen Sie mich einfach Dave. Das ist in unseren Kreisen so üblich. Und jetzt werden wir ein Taxi besorgen, das Sie schleunigst in Sicherheit bringt. Unten an der Ecke ist eine Telefonzelle.«
Sie hatte Mühe, ihrem Beschützer zu folgen, der mit großen Schritten den Bürgersteig der schwach erleuchteten Straße entlangeilte. Wortlos riß er die Tür der Telefonzelle auf, warf eine Münze in den Automaten und wählte die Nummer, die auf dem Werbeplakat eines Taxiunternehmens stand.
Sie brauchten nicht lange zu warten. Es waren kaum drei Minuten vergangen, als der Driver eines Yellow Cab vor ihnen auf die Bremse trat. Camacho öffnete die hintere Tür des Wagens und schlug sie hinter dem Mädchen wieder zu. Er ging um die Kühlerhaube herum, beugte sich zu dem Fahrer hinunter und nannte ihm eine Adresse. Der Driver grinste. Dann ließ sich der Vierschrötige neben Mandy Collins auf den Rücksitz fallen. Das Taxi fuhr an.
»Aber Sie wissen doch noch gar nicht, wo ich wohne«, sagte das Mädchen erstaunt.
»Das will ich doch auch gar nicht wissen, meine Süße!« Er gluckste zufrieden. »Jetzt, wo wir uns so gut kennen, ist das doch unwichtig. Ich hab’ dir versprochen, dich in Sicherheit zu bringen. Und das werd’ ich auch tun, verlaß dich drauf!«
Mandy wich entsetzt zurück. Sie war fassungslos. Der Kerl hatte sie überlistet. Jetzt war sie ihm ausgeliefert. Aber sie würde sich zur Wehr setzen. Auf jeden Fall.
Dave Camacho, der angeblich so vorbildliche Familienvater, rückte erwartungsvoll näher. Seine riesigen Pranken grapschten gierig nach dem Mädchen. Mandy schrie auf. Es gelang ihr, sich aus der Umklammerung zu lösen. Sie trommelte mit beiden Fäusten gegen die Trennscheibe des Taxis.
Dem Driver entging es nicht. Er trat ruckartig aufs Bremspedal. Für den Seemann kam dieser Ruck überraschend. Er sauste nach vorn und rutschte zwischen die Sitze. Mandy sah ihre Chance gekommen. Blitzschnell öffnete sie die Tür des Wagens, sprang hinaus und rannte, so schnell sie konnte.
Im gleichen Augenblick fuhr das Taxi wieder an. Die Tür schlug von allein zu. Camacho rappelte sich mühsam auf. Dem Fahrer war die Sache gleich merkwürdig vorgekommen. An und für sich war es die alltäglichste Geschichte in dieser Gegend, daß die Sealords ihre Girls mit an Bord nahmen. Aber dieses Mädchen
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