Byrne & Balzano 02 - Mefisto
Halfter an Byrnes Hüfte und hielt sie ins Licht der Straßenlaternen, das durchs Fenster ins Haus schien. »Süß«, sagte er. Byrne hatte die Waffe mit einem vollen Magazin geladen, nachdem er Darryl Porter verlassen hatte. »Sieht mir nicht nach einer Polizeiwaffe aus, Detective. Aber, aber.« Matisse legte das Messer auf den Boden und drückte Byrne die Mündung der Pistole gegen den Hals, während er ihn nach weiteren Waffen absuchte.
»Ich habe Sie früher erwartet«, sagte Matisse. »Darryl scheint mir nicht der Typ zu sein, der große Schmerzen lange aushält.« Matisse durchsuchte Byrnes linke Körperhälfte und zog ihm ein kleines Geldbündel aus der Hosentasche. »Mussten Sie ihm wehtun, Detective?«
Byrne schwieg. Matisse durchwühlte Byrnes linke Jackentasche.
»Ja, was haben wir denn da?«
Julian Matisse zog die kleine Metalldose aus Byrnes linker Jackentasche, während er ihm die Waffe gegen die Wirbelsäule drückte. In der Dunkelheit sah Matisse den dünnen Draht nicht, der sich den linken Ärmel hinauf, über den Rücken und den rechten Ärmel hinunter bis zum Schalter in Byrnes Hand schlängelte.
Als Matisse zur Seite trat, um sich die Dose genauer anzusehen, drückte Byrne auf den Knopf und jagte 60.000 Volt durch Matisse' Körper. Der Elektroschocker – einer der beiden, die er bei Sammy DuPuis gekauft hatte – war ein hochmodernes, voll geladenes Gerät. Als der Taser Funken sprühend seine Kraft entlud, brüllte Matisse auf und betätigte reflexartig den Abzug der Waffe. Die Kugel verfehlte Byrnes Rücken nur um Zentimeter und schlug in die Wand ein. Byrne wirbelte herum, um Matisse einen Faustschlag zu verpassen, doch der lag bereits auf dem Boden. Infolge des Stromstoßes zuckte sein Körper krampfartig, und auf seinen erstarrten Gesichtszügen lag ein stummer Schrei. Der Geruch versengten Fleisches erfüllte die Luft.
Als der Schock und die Schmerzwoge verebbten, verharrte Matisse erschöpft auf dem Boden, wobei er hektisch blinzelte. Die Angst stand ihm ins Gesicht geschrieben. Dass sich das Blatt so schnell wenden könnte, damit hatte er nicht gerechnet.
Byrne kniete sich neben ihn, nahm ihm die Waffe aus der erschlafften Hand und flüsterte ihm ins Ohr: »Ja, Julian. So trifft man sich wieder.«
***
Matisse saß in der Mitte des Kellers auf einem Stuhl. Auf den Knall des Schusses hatte niemand reagiert. Niemand hatte gegen die Tür gehämmert. In Nord-Philadelphia war so etwas nicht verwunderlich. Matisse' Hände waren mit Klebeband hinter der Stuhllehne gefesselt und seine Füße an die Beine des Holzstuhls gebunden. Als er zu sich kam, kämpfte er nicht gegen die Fesseln an. Vielleicht hatte er nicht die Kraft dazu. Ruhig musterte er Byrne mit seinen Raubtieraugen.
Byrne betrachtete den Mann. Julian Matisse hatte in den zwei Jahren, seitdem er ihn zuletzt gesehen hatte, ein wenig Gefängnisspeck angesetzt. Sein Haar war ein bisschen länger, seine Haut fettig und von Narben übersät, und seine Wangen waren eingefallen. Byrne fragte sich, ob er sich den Virus eingefangen hatte.
Byrne hatte den zweiten Taser unter Matisse' Hosenschlitz geschoben.
Als Matisse sich ein wenig erholt hatte, sagte er: »Sieht so aus, als wäre Ihr Partner – eigentlich sollte ich Ihr toter Ex-Partner sagen – ein falscher Fünfziger gewesen, Detective. Man muss sich das mal vorstellen. Ein hinterlistiger Philly-Cop, der eigentlich für Recht und Gesetz eintreten sollte.«
»Wo ist sie?«, fragte Byrne.
Matisse mimte den Ahnungslosen. »Wo ist wer?«
»Wo ist sie?«
Matisse starrte ihn schweigend an. Byrne stellte die Nylon-Sporttasche auf den Boden. Die ausgebeulte Form und das Gewicht der Tasche entgingen Matisse nicht. Byrne zog seinen Gürtel aus dem Hosenbund und wickelte ihn in aller Ruhe um seine Fingerknöchel.
»Wo ist sie?«, wiederholte er.
Nichts.
Byrne trat vor und schlug Matisse mit voller Wucht die Faust ins Gesicht. Matisse lachte und spuckte Blut und zwei Zähne aus.
»Wo ist sie?«, fragte Byrne.
»Ich weiß nicht, was Sie meinen.«
Byrne täuschte einen weiteren Faustschlag vor. Matisse zuckte zusammen.
Ein knallharter Bursche.
Byrne durchquerte den Raum, wickelte den Gürtel von seiner Hand und zog den Reißverschluss der Sporttasche auf. Dann verteilte er den Inhalt dort auf dem Boden, wohin das Licht der Straßenlaternen durchs Fenster schien. Matisse riss die Augen auf und kniff sie dann zusammen. Er ließ sich von den Folterwerkzeugen nicht beeindrucken.
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