Byrne & Balzano 02 - Mefisto
glaubte, zur Tagesordnung übergehen zu können. Er hielt eine Videokassette in die Höhe. »Ich möchte, dass Sie sich das ansehen«, sagte er.
7.
Jessica, Byrne und Ike Buchanan setzten sich in den Frühstücksraum, in dem ein paar kleine Monitore und Videorecorder standen. Kurz nach ihnen betrat ein dritter Mann den Raum.
»Das ist Special Agent Terry Cahill«, sagte Buchanan. »Terry wurde uns von der FBI-Sondereinheit für Gewaltverbrechen ausgeliehen, aber nur für ein paar Tage.«
Cahill war Mitte dreißig. Er trug den marineblauen Anzug des FBI, ein weißes Hemd und eine weinrot und blau gestreifte Krawatte. Er hatte blondes, sorgfältig gekämmtes Haar und machte einen ausgesprochen adretten Eindruck. Ein sehr gut aussehender Mann, der sein Geld auch als Dressman hätte verdienen können. Cahill roch nach duftiger Seife und gutem Leder.
Buchanan stellte ihm seine beiden Leute vor. »Das ist Detective Jessica Balzano.«
»Freut mich, Sie kennen zu lernen, Detective«, sagte Cahill.
»Ganz meinerseits.«
»Das ist Detective Kevin Byrne.«
»Freut mich.«
»Ganz meinerseits, Agent Cahill«, sagte Byrne.
Cahill und Byrne begrüßten sich mit einem kühlen Handschlag, dem die Herzlichkeit der freundlichen Worte fehlte. Die Rivalität zwischen den beiden Polizeibehörden war deutlich zu spüren. Cahill wandte sich Jessica zu. »Und Sie boxen also?«, fragte er.
Jessica musste schmunzeln. Aus seinem Munde hörte es sich an, als würde sie permanent Schläge austeilen. »Ja.«
Sichtlich beeindruckt, nickte er.
»Warum fragen Sie?«, wollte Jessica wissen. »Haben Sie vor, aus der Reihe zu tanzen, Agent Cahill?«
Cahill lachte. Er hatte gerade Zähne und ein Grübchen in der linken Wange. »Nein, nein, ich habe früher selbst mal geboxt.«
»Als Profi?«
»Nein, als Amateur. Um die US-Polizeimeisterschaft und die Golden Gloves.«
Jetzt war Jessica beeindruckt. Sie wusste, was es hieß, in den Ring zu steigen.
»Terry ist hier, um die Sondereinheit zu beobachten und zu beraten«, sagte Buchanan. »Die schlechte Nachricht ist, dass wir die Hilfe brauchen.«
Das entsprach der Wahrheit. Die Anzahl der in Philadelphia verübten Gewaltverbrechen war erschreckend hoch. Dennoch war niemandem im Roundhouse daran gelegen, dass das FBI sich in ihre Arbeit einmischte. Beobachten, dachte Jessica. Genau.
»Seit wann sind Sie beim FBI?«, fragte Jessica.
»Seit sieben Jahren.«
»Sind Sie aus Philadelphia?«
»Geboren und aufgewachsen«, sagte Cahill. »Tenth und Washington.«
Byrne stand die ganze Zeit als stiller Beobachter abseits. Das war seine Art. Andererseits war er schon seit über zwanzig Jahren dabei. Er hatte viel mehr Erfahrung und misstraute FBI-Agenten.
Buchanan, der bereits erste Spannungen spürte, schob die Kassette in eines der Videogeräte und drückte auf PLAY.
Nach ein paar Sekunden erschien auf einem der Monitore ein Schwarz-Weiß-Bild. Es stammte aus dem Spielfilm Psycho von Alfred Hitchcock, der 1960 mit Anthony Perkins und Janet Leigh in den Hauptrollen gedreht worden war. Die Filmqualität war nicht besonders gut und das Bild an den Rändern ein wenig verschwommen. Es begann mit der bekannten Szene, in der Janet Leigh sich auszog, um unter die Dusche zu steigen, nachdem sie sich im Bates Motel einquartiert und mit Norman Bates in einem Zimmer neben dem Büro ein Sandwich gegessen hatte.
Während der Film lief, warfen Byrne und Jessica sich einen Blick zu. Ike Buchanan hatte sie bestimmt nicht zur Vorführung eines Horror-Filmklassikers eingeladen, doch im Augenblick hatte keiner der Detectives die leiseste Ahnung, um was es ging.
Sie konzentrierten sich auf den Film. Norman Bates nahm das Ölgemälde von der Wand und spähte durch das kleine Loch, das er in die Wand gebohrt hatte. Janet Leigh zog sich in ihrer Rolle als Marion Crane aus und schlüpfte in einen Bademantel. Norman ging zum Haus seiner Mutter. Marion stieg in die Badewanne und zog den Vorhang zu.
Niemandem fiel etwas Ungewöhnliches auf, bis es eine kurze Störung gab – eine Art Balken, der durchs Bild lief. Eine Sekunde war der Monitor schwarz, dann erschien ein neues Bild. Das Band war offenbar überspielt worden.
Es folgte die Aufnahme eines Badezimmers, das aus einem hohen Winkel vermutlich in einem Motel aufgenommen worden war. Das Weitwinkel-Objektiv zeigte ein Waschbecken, eine Toilette, eine Badewanne, einen Kachelboden. Es war ziemlich düster, doch die Lampe über dem Spiegel spendete genügend
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