Byrne & Balzano 02 - Mefisto
Little Jakes Erinnerungen an einen Mann in einer dunkelblauen Jacke, der sich nach der Los Angeles Times erkundigt hatte. Viel war das nicht. Solche Jacken gab es in Philadelphia sicherlich zu Tausenden. Doch heute Nachmittag würde ihnen ein Phantombild des Verdächtigen vorliegen.
Sichtlich erregt betrat Eric Chavez mit einem Computerausdruck in der Hand den Raum. »Wir wissen jetzt, wo Eine verhängnisvolle Affäre ausgeliehen wurde.«
»Wo?«
»In einem kleinen Laden namens Flickz in der Frankford«, sagte Chavez. »Ratet mal, wem der gehört.«
Jessica und Palladino ahnten es.
»Eugene Kilbane«, sagten sie wie aus einem Munde.
»Genau.«
»Dieser Scheißkerl.« Jessica ballte instinktiv die Fäuste.
Sie klärte Buchanan über das Gespräch mit Kilbane auf, wobei sie ihren Faustschlag allerdings verschwieg. Wenn sie Kilbane im Roundhouse verhörten, würde er es sicherlich erwähnen.
»Glauben Sie, er hat was damit zu tun?«, fragte Buchanan.
»Nein«, erwiderte Jessica. »Aber das kann doch unmöglich Zufall sein, oder? Er weiß etwas.«
Wie Pitbulls, die aufgeregt auf den Beginn des Kampfes warteten, starrten sie Detective Buchanan an.
Buchanan sagte: »Schafft ihn her.«
***
»Ich wollte da nicht hineingezogen werden«, sagte Eugene Kilbane, der an einem Schreibtisch im Dienstraum der Mordkommission saß. Wenn den Detectives seine Antworten nicht gefielen, würden sie gleich mit ihm in einen der Verhörräume umziehen.
Chavez und Palladino hatten Kilbane im White Bull aufgespürt.
»Sie dachten wohl, wir wären nicht in der Lage, die Spur bis zu Ihnen zurückzuverfolgen?«, fragte Jessica.
Kilbane blickte auf die Kassette, die in einer Plastiktüte vor ihm auf dem Schreibtisch lag. Scheinbar hatte er allen Ernstes geglaubt, er könnte 7.000 Polizisten an der Nase herumführen, wenn er das Label abkratzte. Vom FBI ganz zu schweigen.
»Mensch, Sie kennen doch meine Vorstrafen«, sagte er. »Ich hab das Talent, jedes Mal in die Scheiße zu treten.«
Jessica und Palladino wechselten einen Blick, als wollten sie sagen: Komm uns jetzt bloß nicht auf diese Tour, Eugene. So was müssen wir uns ständig anhören. Wenn wir jetzt auch noch mit dir darüber diskutieren müssen, sitzen wir den ganzen Tag hier.
Sie hielten sich zurück. Vorerst.
»Zwei Filme. Beide enthalten Beweise für Mordfälle, und beide wurden in Videotheken ausgeliehen, die Ihnen gehören«, sagte Jessica.
»Ich weiß«, knurrte Kilbane. »Sieht beschissen aus.«
»Finden Sie?«
»Ich … ich weiß nicht, was ich sagen soll.«
»Wie ist der Film hierhergekommen?«, fragte Jessica.
»Keine Ahnung«, meinte Kilbane.
Palladino hielt das Bild des Phantombildzeichners hoch, das nach Angaben des Fahrradkuriers angefertigt worden war. Das Bild wies unglaubliche Ähnlichkeit mit Eugene Kilbane auf.
Kilbane senkte kurz den Kopf; dann schweifte sein Blick von einem zum anderen. »Brauche ich jetzt einen Anwalt?«
»Beantworten Sie die Frage«, sagte Palladino. »Haben Sie was zu verbergen, Eugene?«
»Mann«, sagte er. »Man versucht, das Richtige zu tun, und guckt erst mal, was dabei rauskommt.«
»Warum haben Sie uns den Film geschickt?«
»Eh, mein Gewissen hat sich gemeldet, verstehen Sie?«
Palladino nahm Kilbanes Strafregister in die Hand und hielt es ihm vors Gesicht. »Seit wann haben Sie ein Gewissen?«, fragte er.
»Schon immer. Ich bin katholisch erzogen.«
»Ein Mann, der mit Pornos sein Geld macht«, sagte Jessica. Sie wussten alle, warum Kilbane ihnen den Film geschickt hatte, und das hatte mit seinem Gewissen nichts zu tun. Er hatte seine Bewährungsauflagen verletzt, indem er bei der Befragung in der Spelunke eine verbotene Waffe bei sich geführt hatte, und jetzt versuchte er, die Detectives zu bestechen. Ein einziger Anruf, und Kilbane würde noch heute Abend zurück in den Knast wandern. »Verschonen Sie uns mit diesem Quatsch.«
»Ja, okay. Ich bin in der Unterhaltungsbranche tätig. Na und? Das ist legal. Wem schadet das?«
Jessica wusste nicht, womit sie beginnen sollte. Sie versuchte es dennoch. »Überlegen wir mal. Aids? Chlamydien? Tripper? Syphilis? Herpes? HIV? Kaputte Leben? Zerstörte Familien? Drogen? Gewalt? Sagen Sie mir, wann ich aufhören soll.«
Kilbane schaute sie ein wenig niedergedrückt an. Jessica starrte ihm in die Augen, bis er den Blick abwandte. Sie hätte ihre Aufzählung gerne fortgesetzt, aber was hätte das gebracht? Sie war nicht in der Stimmung, und Ort und Zeitpunkt
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