Byrne & Balzano 3: Lunatic
noch anhört, ist er vermutlich unter vierzig«, sagte Mateo. »Ich würde sagen, dreißig, vielleicht sogar um die fünfundzwanzig.«
»Sonst noch was?«
»Ja. Der Anrufer war nervös. Man kann es daran erkennen, wie er das Wort ›da‹ zweimal ausspricht. Er hat den Satz bestimmt mehrmals geübt.«
»Sie sind ein Genie, Mateo«, sagte Jessica. »Sie haben was bei uns gut.«
»Dann gebt mal Gas. Weihnachten steht vor der Tür. Könnte eng werden mit den Einkäufen.«
Jessica, Byrne und Josh Bontrager standen vor dem Kontrollraum.
»Der Anrufer wusste, dass dort früher ein Händler Autoersatzteile verkauft hat«, sagte Jessica.
»Das könnte bedeuten, dass er aus der Gegend ist«, meinte Bontrager.
»Das schränkt unsere Suche auf ungefähr dreißigtausend Personen ein«, sagte Jessica.
»Ja, aber wie viele von denen hören sich Savage Garbage an?«, fragte Byrne.
»Garden«, korrigierte Bontrager ihn.
»Wie auch immer.«
»Ich könnte mich in den großen Läden umhören – Best Buy, Borders und so weiter«, schlug Bontrager vor. »Vielleicht hat dieser Typ die CD erst vor kurzem gekauft. Vielleicht erinnert sich jemand an ihn.«
»Gute Idee«, sagte Byrne.
Bontrager strahlte und nahm seinen Mantel. »Ich arbeite heute mit Shepherd und Palladino zusammen. Wenn ich etwas erfahre, melde ich mich später.«
Eine Minute, nachdem Bontrager gegangen war, kam ein Officer zu ihnen. »Detective Byrne?«
»Ja.«
»Oben ist jemand für Sie.«
Als Jessica und Byrne die Eingangshalle des Roundhouse betraten, sahen sie die kleine asiatische Frau, die in dieser Umgebung verloren wirkte. An ihrem Mantel hing ein Besucherausweis. Als sie sich ihr näherten, erkannte Jessica Mrs. Tran, die Frau aus dem City-Waschsalon.
»Mrs. Tran«, sagte Byrne. »Was können wir für Sie tun?«
»Mein Vater hat das hier gefunden«, sagte Mrs. Tran.
Sie griff in ihre Einkaufstasche und zog eine Zeitschrift heraus. Es war die Ausgabe des Dance Magazine vom letzten Monat. »Er sagt, sie hätte die Zeitschrift im Waschsalon liegen lassen. Sie hat an dem Abend darin gelesen.«
»Sie meinen Kristina Jakos? Die Frau, nach der wir uns erkundigt haben?«
»Ja«, sagte die Vietnamesin. »Diese blonde Frau. Vielleicht hilft Ihnen das weiter.«
Jessica fasste die Zeitschrift behutsam an den Ecken an, denn sie musste zuerst auf Fingerabdrücke untersucht werden. »Wo hat er die Zeitschrift gefunden?«, fragte sie.
»Sie lag auf einem Trockner.«
Jessica blätterte die Zeitschrift vorsichtig bis zum Ende durch. Eine Seite – eine ganzseitige Werbung von VW mit viel weißer Fläche ringsherum – war von oben bis unten vollgekritzelt: Sätze, Wörter, Zeichnungen, Namen, Symbole. Es sah aus, als hätte Kristina oder jemand anders stundenlang auf der Seite gekritzelt.
»Ihr Vater ist sicher, dass Kristina Jakos in dieser Zeitschrift gelesen hat?«, fragte Jessica.
»Ja«, erwiderte Mrs. Tran. »Soll ich ihn holen? Er sitzt im Wagen. Sie können ihn fragen.«
»Nicht nötig«, sagte Jessica.
Byrne saß oben im Büro und versuchte, die Bedeutung der Zeichnungen in der Zeitschrift zu entschlüsseln. Viele Wörter waren in kyrillischer Schrift geschrieben; er nahm an, dass es Ukrainisch war. Byrne hatte bereits mit einem Detective telefoniert, einem jungen Mann namens Nathan Bykowsky, den er aus dem Nordosten kannte und dessen Eltern aus Russland stammten. Außer den Wörtern und Sätzen waren auf der Seite Zeichnungen kleiner Häuser, dreidimensionale Herzen und Pyramiden zu sehen. Byrne entdeckte auch ein paar Skizzen von Kleidern, von denen aber keines dem altmodischen Kleid ähnelte, das Kristina Jakos getragen hatte.
Nachdem Nate Bykowsky angerufen hatte, faxte Byrne ihm die Seite zu. Nate rief sofort zurück.
»Um was geht es?«, fragte er.
Für Detectives war es selbstverständlich, sich untereinander zu helfen; dennoch wollten sie natürlich gerne wissen, was Sache war. Byrne erzählte es ihm.
»Ich glaube, es ist Ukrainisch«, sagte Nate.
»Können Sie das lesen?«
»Größtenteils. Meine Familie stammt aus Weißrussland. Es gibt viele Sprachen, die sich des kyrillischen Alphabets bedienen ... Russisch, Ukrainisch, Bulgarisch. Sie ähneln sich, aber einige Zeichen werden nicht in allen Sprachen benutzt.«
»Eine Ahnung, was das bedeutet?«
»Nun, zwei der Wörter – die beiden, die über der Motorhaube des Autos auf dem Foto stehen – sind unleserlich«, sagte Nate. »Darunter hat sie zweimal das Wort ›Liebe‹
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