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Byrne & Balzano 4: Septagon

Titel: Byrne & Balzano 4: Septagon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Montanari
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jetzt schien er völlig von der Rolle zu sein. Am liebsten hätte Lilly die Flucht ergriffen, aber das war nicht möglich: Vorhin war sie zur Tür gelaufen und hatte versucht, die Klinke herunterzudrücken, doch die Tür war verschlossen.
    »Erinnerst du dich an Blackstone?«, fragte er.
    Lilly schaute auf die Wand. Sie sah ein gerahmtes Poster, auf dem die Karikatur eines Mannes zu sehen war. Zu seinen Füßen saßen zwei kleine Teufel; ein dritter saß auf seiner Schulter. Unten auf dem Poster stand in großen Lettern der Name BLACKSTONE. Darunter stand noch etwas in kleinerer Schrift. Lilly zitierte es laut.
    »Blackstone?«, fragte sie. »Der Zauberkünstler mit der sensationellsten Zaubershow aller Zeiten?«
    Jetzt lebte der alte Mann auf. Ein rosiger Schimmer überzog seine Wangen. »Ja!«, rief er. »Der größte Magier, den die Welt je gesehen hat.« Karl Swann versuchte aufzustehen. »Es wird Zeit, dass wir uns für die Bühne vorbereiten.« Er reichte ihr seine knochige Hand. Lilly ergriff sie und half ihm auf die Beine.
    »Was ist das Feuerinferno?«, fragte sie.
    Er musterte sie mit seinen milchigen Augen. »Ich zeige es dir.«
    Der alte Mann durchquerte den Raum, zog die Schublade aus einem kleinen Tisch und schob sie wieder zu. Die Wandvertäfelung neben dem Tisch glitt nach oben, worauf eine Reihe von Holzschränken zum Vorschein kam. Es waren an die zwanzig.
    Karl Swann schaute eine Weile auf die Beschriftungen, ehe er eine Schublade aufzog und darin wühlte. Dann zog er einen Umschlag mit Fotos heraus.
    »Hier bist du auf dem Jahrmarkt in Baton Rouge«, sagte er.
    Er zeigte ihr das alte Foto einer jungen Frau in einem scharlachroten Kleid, die neben einer Kiste stand, aus der sieben Schwerter ragten. Ein Mann, der einen Umhang und einen Zylinder trug, stand rechts neben ihr. Der Mann war Karl Swann. Ein blonder Junge stand ein Stück abseits. Er war schätzungsweise fünf Jahre alt. Lilly erkannte die Augen wieder. Es war ihr Entführer.
    Der alte Mann zeigte ihr ein zweites Foto. »Hier ist ein Foto von Faerwood. Es wurde an dem Tag aufgenommen, als wir hier eingezogen sind. Das war Anfang des Jahres. Ist es nicht wunderschön?«
    Dann zeigte Karl ihr ein Foto von sich und seinem jungen Sohn. Auf dem Bild sah der Greis jung und kräftig aus. Sein Sohn machte ein mürrisches Gesicht.
    Anfang des Jahres, dachte Lilly. Der Alte war offensichtlich völlig verwirrt. Sie hielt das Foto ins Kerzenlicht und betrachtete es aufmerksam. Was sie sah, nahm ihr den Atem. Ihr Schock hatte nichts mit dem Gesichtsausdruck des alten Mannes oder des Jungen zu tun oder mit dem Eindruck, dass sie in zwei verschiedenen Welten zu leben schienen. Nein, es ging um das Haus. Der Turm, das riesige Portal, die vier Schornsteine, die wie kahle Bäume in den Himmel ragten.
    Dieses Bild hatte sich Lilly ins Gedächtnis gebrannt. Seit Monaten hatte sie es ständig vor Augen.
    Er ist es, dachte sie. Mein Gott, er ist es. Sein Name war Joseph Swann. Sie hatte ihm alles erzählt, und er hatte sie entführt und hierhergebracht.
    Lilly krallte eine Hand um die Tischkante, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Übelkeit stieg in ihr auf.
    »Sehen Sie hier ... den Blumengarten.«
    Lilly schaute den alten Mann an. Er wühlte noch immer im Schrank. Er hatte kein Wort gesagt. Die Geräusche kamen woandersher. Lilly drehte sich um. Der Fernseher lief jetzt. Auf dem Bildschirm sah sie sieben Rechtecke. Sechs verschiedene Videos liefen. Oben links war etwas, das »der Blumengarten« hieß. Daneben ein Zaubertrick, der »das Mädchen ohne Unterleib« genannt wurde. Als Lilly sich den dritten Videofilm ansah, blieb ihr fast das Herz stehen. Sie kannte das Mädchen in dem großen Wassertank. Ihr wurde schwindelig. Als sie wieder auf den Bildschirm schaute, lief das letzte Video. Sie sah ein Mädchen in einem Brautkleid, das zu einer großen Truhe geführt wurde. Das Mädchen in dem Video war Claire.
    Joseph Swann war ein Mörder. Er kleidete sich wie sein Vater und tötete junge Frauen in einem Horrorkabinett.
    Ein Rechteck auf dem Bildschirm war schwarz. Bis jetzt. Lilly wusste genau, für wen es vorgesehen war.
    Karl Swann wühlte in einer anderen Schublade und zog einen Ordner heraus. Der Ordner enthielt zahllose Zeichnungen, zerknitterte Schaubilder und vergilbte Blaupausen. Er nahm eine Seite heraus.
    »Das hier«, sagte er, »ist das Feuerinferno.«
    Auf der Zeichnung war eine große Kiste zu sehen, ein Käfig aus Stahl und Rauchglas.

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