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Byrne & Balzano 4: Septagon

Titel: Byrne & Balzano 4: Septagon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Montanari
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bahnte sich den Weg nach hinten, wo ihr Partner saß. Byrne hob den Blick vom Inquirer .
    »Konntest du schlafen?«, fragte er.
    »Soll das ein Witz sein?« Jessica setzte sich, nahm Byrnes Kaffeebecher und trank einen Schluck. Byrne winkte die Kellnerin heran und bestellte sich einen neuen Kaffee.
    Jessica musterte ihren Partner. Er sah noch schlimmer aus, als sie sich fühlte. Er trug dasselbe Hemd und dieselbe Krawatte wie gestern. Jessica fragte sich, ob er überhaupt zu Hause gewesen war. Wahrscheinlich nicht.
    »Ich stelle dir jetzt eine Frage«, sagte sie.
    »Tu dir keinen Zwang an.«
    »Was ist gestern passiert?«
    Byrne zuckte mit den Schultern. Als die Kellnerin ihm den Kaffee brachte, riss er ein Zuckertütchen auf und schüttete den Inhalt in die Tasse. Byrne trank normalerweise nie Kaffee mit Zucker. Wenn man in diesem Job einen neuen Partner bekam, wusste man nach kürzester Zeit, wie er oder sie den Kaffee trank. Byrne musste ziemlich am Ende sein.
    »Da kann ich nur Vermutungen anstellen«, sagte er. »Genau wie du.«
    Er ruckte unruhig auf dem Stuhl und schloss kurz die Augen.
    »Macht dein Ischias dir wieder zu schaffen?«, fragte Jessica. Es war eine rhetorische Frage. Als Byrne vor fast drei Jahren bei einer Verfolgungsjagd niedergeschossen worden war, hatte er eine Hirnverletzung erlitten und lange Zeit im Koma gelegen. Er hatte überlebt, doch eine Quetschung des Ischiasnervs, die stechende Schmerzen im Lendenwirbelbereich und in den Beinen hervorrief, war geblieben. Diese Schmerzen flackerten immer wieder auf. Byrne versuchte, sie mit seinem irischen Machogehabe herunterzuspielen.
    »Tut ein bisschen weh«, sagte er. »Nicht der Rede wert.«
    Jessica kannte Byrne sehr gut. Wenn es nicht der Rede wert war, brachte der Schmerz ihn wahrscheinlich fast um. Sie trank einen Schluck Kaffee, nahm die Speisekarte und schaute auf die erste Seite. Unter anderem gab es mit Eiercreme überbackenen französischen Toast, dazu Philadelphia Scrapple, den typischen Hackbraten dieser Gegend. Jessica rief die Kellnerin und bestellte das Gericht.
    »Gibt es jemanden bei der Feuerwehr, den wir kontaktieren können, Kevin?«, fragte sie dann.
    »Hab ich schon getan«, erwiderte Byrne. »Mickey Dugan. Er hat versprochen, sofort anzurufen, sobald sie was gefunden haben. Kennst du Mickey?«
    Jessica schüttelte den Kopf.
    »Ein großartiger Bursche. Zwei Söhne von ihm sind im Trainingslager der Eagles. Zwei. Gleichzeitig. Kannst du dir das vorstellen?«
    Jessica verneinte die Frage. Sie interessierte sich kaum für Ballsport. Ihr Interesse beschränkte sich auf das Boxen, speziell aufs Frauenboxen, und ab und zu sah sie sich ein Spiel der Phillies oder Eagles an. Ihr Mann hatte einen ganzen Hobbyraum voller Fanartikel der Flyers und Sixers, doch weder Football noch Baseball hatten je Jessicas Begeisterung geweckt.
    »Was sagst du?«, erwiderte sie. »Zwei Jungs gleichzeitig. Wahnsinn.«
    »Ja, Wahnsinn«, sagte Byrne, dem Jessicas Desinteresse nicht entging. »Du willst wissen, was gestern passiert ist? Ich sag es dir. Folgendes ist passiert: Eine alte, sehr exzentrische, sehr verwirrte Frau ist aus dem Fenster gesprungen. So einfach ist das.«
    »Und wie der Zufall es wollte, waren wir zu dem Zeitpunkt gerade bei ihr.«
    »Ja.«
    »Du meinst, Laura Somerville war die anonyme Anruferin bei der Baubehörde?«
    »Eine andere Erklärung fällt mir nicht ein. Ich nehme an, sie hat gelogen, als sie so getan hat, als wüsste sie von nichts.«
    Als Polizist war man es gewohnt, ständig belogen zu werden. Das brachte der Job mit sich. War nicht da ... Kenne ich nicht ... Gehört mir nicht ... Kann mich nicht erinnern ... Keine Ahnung. Laura Somerville allerdings musste irgendetwas getan haben, das sie mehr als beunruhigt hatte. Mit ein paar Lügen glaubte sie sich offenbar nicht aus der Affäre ziehen zu können.
    »Irgendeine Idee, warum sie das getan haben könnte?«
    »Keinen blassen Schimmer«, sagte Byrne. »Ich mache den Job schon über zwanzig Jahre, und in neunundneunzig Prozent der Fälle erkenne ich einen Lügner auf den ersten Blick. Die Frau hat mich reingelegt wie einen grünen Jungen.«
    Jessica empfand genauso. Alle Polizisten, die einmal Streifendienst gemacht hatten, vertrauten darauf, dass sie auf hundert Meter Entfernung bemerkten, wenn ihnen jemand Mist erzählte – was meistens gerechtfertigt war, manchmal aber auch reine Großspurigkeit. Und jeder ärgerte sich, wenn er dann erkennen musste, dass er mit

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