Byzanz - Konstantinopel - Istanbul
an den Ecken mit aufrecht stehenden, die Flügel weit
ausbreitenden Adlerfiguren geschmückt ist. Auf diesem liegt ein weiterer Block, der wohl einmal die Basis einer heute nicht
mehr vorhandenen Statue war.
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Dass der Platz, auf dem die Markiansäule steht, heute meist menschenleer ist, liegt wohl eher an der Lage abseits der Touristenpfade
als an der Furcht vor Bloßstellung.
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|51| Imrahor-Moschee
Des Oberstallmeisters Moschee
Als würden Kulissen eines längst gedrehten Films in irgendeinem der großen Filmstudios darauf warten, endlich abgebaut zu
werden, erheben sich die imposanten Außenmauern der Imrahor-Moschee und lassen auf den ersten Blick kaum erahnen, dass es
sich hierbei einst um die Kirche eines der bedeutendsten Klöster Konstantinopels handelte. Die aus Bruch- und Ziegelsteinen
bestehenden Reste gehören heute zu einer der ältesten in Teilen noch erhaltenen byzantinischen Anlagen der Stadt.
Als hätte man sie vergessen, zeugen die freistehenden Außenmauern der Imrahor-Moschee von einer glanzvolleren Zeit.
Etwa 453 begann man auf einem Gelände, das in der Nähe der Porta Aurea, des mächtigen Stadttors der Theodosianischen Landmauer,
lag und bereits mit einem Kloster besetzt war, mit dem Bau einer Johannes dem Täufer geweihten |52| Kirche. Der Grundstein der dreischiffigen Basilika mit dreiteiligem Narthex und polygonaler Apsis wurde auf einem vom späteren
Konsul Patricius Studios gestifteten Gelände gelegt. Während des Bilderstreits und der Ikonoklasten-Verfolgung durch Konstantin
V. mussten die Mönche zwar die Klosteranlage verlassen, doch blieb das Kloster weiterhin bestehen und war sogar beim 7. ökumenischen
Konzil von Nikäa im Jahre 787 durch seinen Abt Sabbas vertreten.
Seine herausragende Bedeutung erlangte es in den ersten Jahren des 9. Jhs. unter Abt Theodoros Studites (798–826), der aus
einer vornehmen bilderfreundlichen Familie kam und zum einflussreichsten Theologen und Klostervorsteher während der Zeit des
Bilderstreits wurde. Seinen Beinamen Studites erhielt er, als er zum Abt des Studios-Klosters wurde. Während dieser Zeit beherbergte
das Kloster über 700 Mönche (die sog.
studites
). Der äußerst streitlustige Abt nahm eine zentrale Stellung sowohl im theologischen als auch oppositionell im öffentlich-politischen
Dasein ein. Bemerkenswert ist hierbei, dass unter ihm im Kloster eine umfangreiche Dekoration inklusive Heiligenzyklus entstand.
Sein Mönchsideal war darüber hinaus Vorbild für viele Orden und sollte das Mönchstum bis nach Russland hinein prägen. Doch
seine kritische Haltung gegenüber der weltlichen Macht führte ihn dreimal in Exil. So wurde er auch 818 durch Leo V. (813–
820) verbannt, und zahlreiche seiner Anhänger mussten flüchten oder fanden durch Hinrichtung den Tod. In der Zeit des Theodoros
Studites gehörten zum Kloster auch eine Schreibschule, eine Bibliothek sowie ein Xenodochium (Fremdenherberge) und es erlangte
als Zentrum kirchlicher Wissenschaft für die Herstellung von Handschriften und Ikonen für längere Zeit große Bedeutung.
Im 11. Jh. wurde das Kloster auch zum Rückzugsort für entmachtete Kaiser; so verbrachte Kaiser Isaak I. Komnenos (1057–1059)
ebenso wie Michael VII. Dukas (1071–1078) hier seine letzten Tage. Im 13. Jh. verfiel das Kloster allmählich, und die Mönche
verließen während der fränkischen Besetzung den Ort, bis Konstantin Palaiologos (1448–1453) Kloster und Kirche renovieren
und eine Mauer um die Anlage errichten ließ. Durch seinen umfangreichen Reliquienbesitz – das Kloster erhielt u. a. im 10.
Jh. das (vermeintliche) Haupt Johannes des Täufers – wurde es zu einer viel besuchten Pilgerstätte und erneut bedeutendstes
Kloster der Stadt.
Das Ende schien ihm nach 1453 beschieden, als es nach der Eroberung Konstantinopels geschlossen wurde und seine Gemäuer Anfang
des 16. Jhs. als Steinbruch für den Bau eines Pavillons im Topkapı-Palast dienten. In dieser Zeit wurde die Kirche, wie zahlreiche
andere Gotteshäuser, in eine Moschee umgewandelt. Hierfür war der Oberstallmeister (
İmrahor
) des Sultans Beyazıt II. verantwortlich. Nach verschiedenen notwendig gewordenen Renovierungsarbeiten beschädigte ein Erdbeben
im Jahre 1894 den Bau erheblich, woraufhin keine größeren Ausbesserungsmaßnahmen mehr stattfanden.
Endgültig zerstört wurde die Moschee bei einem Brand 1920, und die Reste blieben sich selbst überlassen.
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