Byzanz - Konstantinopel - Istanbul
Ibrahim Paşa das Bauwerk dann komplett
in steinerner Ausführung renovieren.
Die Abgeschiedenheit inmitten des Bosporus machte man sich ab 1829 zunutze, indem man den Mädchenturm zur Quarantänestation
machte. Auf Geheiß des Sultans Mahmud II. (1808–1839) wurde er dann im Jahre 1832 nochmals grundlegend erneuert.
Heute gilt der restaurierte Bau als eines der schönsten und zugleich geheimnisvollsten Wahrzeichen Istanbuls. Am Tage wird
er inzwischen als gemütliches Café genutzt, abends kann man bei Live-Musik gediegen speisen.
Als würde er schwimmen: Der Kız Kulesi wurde auf einem nur flach über das Wasser herausragenden Felsen errichtet.
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|127| Sultan Ahmed III.-Brunnen
Selbst fast ein Palast
Zweifellos sind die großen Moscheen mit ihren Stiftungsbauten die auffälligsten und meist schon von weitem sichtbaren Zeugen
der hohen osmanischen Baukunst. Doch nicht minder bewundernswert, obschon in ihren Ausmaßen natürlich nicht im Geringsten
zu vergleichen, sind einige auf öffentlichen Plätzen freistehende Brunnenbauten des 18. Jhs. Im Gegensatz zu den meisten der
zahlreichen Wandbrunnen und Brunnen an den Straßenkreuzungen sind diese Platzbrunnen allesamt Stiftungsbauten. An ihnen lässt
sich der westliche Einfluss im 18. Jh. auf die Bautätigkeit feststellen. Als herausragendes Beispiel entstand im Jahr 1728
die Brunnenanlage des Sultan Ahmed III. (türk.
Sultan Ahmed III. Çeşmesi
), die zu den Glanzstücken des osmanischen Rokoko in Istanbul zählt. Mit seinem vorspringenden, großen geschwungenen Dach
und den fünf vergoldeten kleinen Kuppeln wirkt der gegenüber der Schiffsanlegestelle auf dem Iskele-Platz unmittelbar vor
dem ersten Tor zum Topkapı-Palast errichtete Prachtbau im Grunde selbst wie ein kleiner Palast. Das ausladende Dach hingegen
unterscheidet ihn von den übrigen Platzbrunnen, wie etwa dem Tophane-Brunnen. Die Marmorwände des im Grundriss 10 × 10 m großen
Brunnenhauses sind mit üppigen polychromen Blumenornamenten – Tulpen, Rosen und Chrysanthemen – dekoriert, aufwendig gearbeitete
Marmorgitter schmücken die Fenster der Erker an den Ecken, die als Seblis (wörtl. »Wege Gottes«) dienten, während die vier
Röhrenbrunnen, die mittig an den Seitenwänden angebracht sind, als öffentliche Brunnen genutzt wurden. An jeder Seite des
Brunnens befinden sich jeweils zwei Spitzbogennischen mit aufwendig gestalteten Muquarnas sowie ein dekorierter Trinkbrunnen,
über welchen Marmorplatten mit Versen in goldener Schrift im Mauerwerk eingelassen sind. Es war üblich, die dichterischen
und kalligraphischen Arbeiten unter den bekannten zeitgenössischen Dichtern auszuschreiben, woraufhin diese ihre Verse einreichten.
Für den Sultan Ahmet III.-Brunnen erhielt der berühmte Kalligraph Hüseyin Seyyid Vehbi (ca. 1674–1736) den Zuschlag, der in
seinen Versen den Bau mit den heiligen Brunnen in Mekka und demjenigen vergleicht, der im Paradies stehen soll. Auch der Sultan
selbst soll eine kalligraphische Arbeit ausgeführt haben, die in monumentaler Größe den Besucher auffordert: »Öffne, trinke
das Wasser unter Basmala (Eröffnungsformel: Im Namen des barmherzigen und gnädigen Gottes), sprich ein Gebet für Sultan Ahmet
Hân!«
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Mit seiner reichen Verzierung und dem geschwungenen ausladenden Dach ist der Sultan Ahmed III.-Brunnen einzigartig.
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|129| Fâtih-Moschee
Doch der Name blieb
22. Mai 1766 – ein plötzlicher Ruck in der Erde bringt Konstantinopel zum Beben, Häuser stürzen ein, Menschen rennen auf die
Gassen, retten sich oder lassen ihr Leben unter herabstürzenden Trümmern. Das Gotteshaus des Eroberers, die Fâtih-Moschee
(türk.
Fâtih Camii
) fällt nahezu komplett in sich zusammen. Dies ist kein Szenario eines actionreichen Hollywoodstreifens, sondern einer jener
unzähligen Momente, die die Stadt am Bosporus zu einer der erdbebengefährdetsten Städte weltweit macht. Verantwortlich hierfür
ist die schlagartige Entladung der Spannung, die sich zwischen der westwärts driftenden Anatolischen Platte und der Eurasischen
Platte immer wieder aufbaut. Seit 1771 steht an dieser Stelle ein »Neubau«, der noch einige ursprünglichen Bauteile einschließt
und den Namen des Vorgängerbaus weiterführt.
Dieser barocke Bau auf dem vierten Hügel der Stadt, im Stadtteil Fatih, der heute zu den frömmsten Vierteln Istanbuls gehört,
blickt auf eine bewegte Vergangenheit zurück.
Bereits
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