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Byzanz - Konstantinopel - Istanbul

Titel: Byzanz - Konstantinopel - Istanbul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schweizer , Stephan W. E. Blum , Ruestem Aslan
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Parlament an, das ihn 1909 bezog.
     Doch bereits am 19. Januar 1910 brannte er, vermutlich aufgrund eines elektrischen Defekts, bis auf die Grundmauern aus, wobei
     auch zahlreiche Antiquitäten, Gemälde und Bücher sowie bedeutende Dokumente den Flammen zum Opfer fielen. Ende des Ersten
     Weltkriegs, während der Besetzung Istanbuls, wurde die Ruine durch die Franzosen als Kaserne genutzt, danach diente sie nur
     noch als Schutthalde, Bolzplatz und Schwimmbad, und der endgültige Verfall war nur noch eine Frage der Zeit. Erst durch die
     Umwandlung in ein Hotel in den 1990er Jahren konnten zumindest die Fassade und die Torbauten des in seiner Konzeption den
     europäischen neoklassischen mit dem lokalen osmanischen Stil verbindenden Baus gerettet werden. Und so kann man heute wie
     einst fürstlich dinieren, entspannen und in aller Ruhe den Möwen und den Wellen des Bosporus in der weitläufigen Gartenanlage
     lauschen – vorausgesetzt, das Portemonnaie gibt seine Zustimmung.
    Heute wie einst eine noble Herberge: der Çirağan-Palast.

[ Menü ]
    |144| Tünel
    Champagner untertage
    Kurz nach ein Uhr: die versammelten Gäste setzten sich an die stilvoll arrangierten Tische zu einem Gabelfrühstück nieder
     und ließen sich hierzu Champagner und andere ausgewählte Weine kredenzen. Als das Dessert aufgetischt wurde, brachte man einen
     Toast auf »die Gesundheit seiner Majestät Sultan Abdülaziz« aus. Nach weiteren dem Sultan schmeichelnden Worten und großem
     Applaus spielte die Band die türkische Nationalhymne, woraufhin Baron Foelckershamb auf »die Gesundheit der Königin von England«
     anstieß. Kurz darauf erklang »God Save the Queen«. So konnte man am 18. Januar 1875 in der englischsprachigen Istanbuler Zeitung
     »The Levant Herald« über ein Ereignis lesen, das als ein weiterer Schritt in der sog. Verwestlichung bzw. Europäisierung betrachtet
     wurde – die Einweihung und Inbetriebnahme der
Tünel -
Bahn.
    Modernisiert und luftbereift, überwindet die Tünel-Bahn heute in nur 90 Sekunden die Strecke zwischen Karaköy und Beyoğlu.
    Mit der Verwirklichung dieses damals für großes Aufsehen sorgenden Projekts nahm nach der Londoner U-Bahn Metropolitan Line,
     die am 10. Januar 1863 eingeweiht wurde, unter den Straßen Istanbuls die zweitälteste und mit 573 m Länge zugleich kürzeste
     U-Bahn der Welt ihren Betrieb auf. Zwar fanden etwa zur gleichen Zeit auch die Planungen der New Yorker U-Bahn statt, doch
     verschob sich deren Verwirklichung aufgrund von Finanzierungsproblemen noch um mehrere Jahre. Vorausgegangen war 1867 die |145| Suche des in Istanbul ansässigen französischen Ingenieurs Eugène Henri Gavand nach einer Lösung, um den Personenverkehr zwischen
     Galata/Karaköy am Ufer des Goldenen Horns und dem Finanzzentrum Pera/Beyoğlu zu verbessern. Zunächst zog er die Überwindung
     des Höhenunterschieds mit dem Bau einer Fahrtreppe in Erwägung, entwickelte dann aber das Modell einer Standseilbahn, das
     er dem damaligen Herrscher Sultan Abdülaziz (1861–1876) vorstellte. Nach ausgiebigen Beratungen und Bitten erhielt Gavand
     am 6. November 1869 die Genehmigung, das Projekt zu verwirklichen, und bekam das Betriebsrecht für 42 Jahre. Zwei Jahre später
     begannen die Bauarbeiten der Untergrundbahn, für die nur zwei Haltestellen vorgesehen waren und die eine Steigung von 16 Prozent
     zu überwinden hatte. Die Bauarbeiten waren 1874 beendet, und nach einigen Probefahrten mit Tieren und den Einweihungsfeierlichkeiten
     begann 1875 der normale Betrieb; gegen Ende der 1890er Jahre transportierte die Bahn bereits rund 3 Millionen Personen jährlich.
    |144|
    Hinter der Fassade des 19. Jhs. beginnt die U-Bahnstrecke hinab nach Karaköy.
    |145| Die
Tünel -
Bahn war jedoch weit mehr als nur ein Transportmittel: Sie war Symbol für einen fortschrittlichen, aufstrebenden und dynamischen
     Staat, der dem Bild des »kranken Mannes am Bosporus«, das in vielen Medien gezeichnet wurde, deutlich widersprechen sollte.
     So charakterisierte auch The Levant Herald die Untergrundbahn als
»a new link of fraternity to cement the friendship between Eastern and Western elements which met in Constantinople«.
    Die Rolle Großbritanniens wurde hierbei stets betont, da der Bau letztendlich nur durch britisches Kapital verwirklicht werden
     konnte, wofür 1871 die Aktiengesellschaft
The Metropolitan Railway of Constantinople from Galata to Pera
gegründet wurde.
    Zunächst wurden die seitlich offenen

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