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Byzanz

Byzanz

Titel: Byzanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fleming
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überraschend umschlossen ihre langen Finger sein Gemächt von unten. Aber es war so, als täte nicht sie es, sondern eine andere, so unverwandt, geradezu gelangweilt sah sie ihn weiter an.
    »Wollt Ihr mir heute zu Willen sein, Herr Ritter?«, fragte sie.
    Alexios schluckte und nickte. Es gelang ihm, die Zurückhaltung zu wahren.
    »Und morgen?« Sie drückte zu.
    Alexios schossen Tränen in die Augen. Er nickte und stellte sich im Geist Rechenaufgaben, um nicht zu explodieren.
    »Und übermorgen?«
    Wieder drückte sie zu, fester noch als beim ersten Mal. Er zwang sich, nicht zu husten. Einhundertvierundachtzig minus einhundertzweiunddreißig. Wie er auf die Zahlen kam, wusste er selbst nicht. Und nickte erneut.
    Jetzt hielt Barbara es nicht mehr aus. Sie zog ihn zu dem großen, einfachen Bett, einem breiten, ansonsten schlichten Kasten. Wie ein Sarg, wie eine Arche. Die Königin öffnete die Bänder ihrer Toga, die an ihrem porzellanweißen Körper hinunterglitt.

49
    Forsthaus bei Großwardein, Ungarn
    Als er, nach der Helligkeit im Raum zu urteilen, gegen Mittag erwachte, griff er zu seiner Überraschung neben sich ins Leere. Er richtete sich auf und suchte mit seinen Augen Bett und Zimmer ab, bis ihm klar wurde, dass sie fort war. Nur ihr Geruch hing noch im Zimmer, und sein Geruch, und ein dritter, der Geruch ihrer Liebe.
    Alexios sprang auf, er fühlte sich durchgeprügelt und dennoch wie neu geboren. Zuerst schlüpfte er ins Hemd, zog danach die Hose darüber und ging in den Vorraum. Dort stand ein Frühstück auf dem Tisch. Clara saß auf einem Stuhl und streichelte den Hund.
    »Guten Morgen«, sagte er.
    Clara nickte. »Ihre Majestät wünscht, dass Ihr aus dem Gasthof Eure Sachen holt. Sagt dort am besten, dass Ihr abreist, und kommt danach unauffällig hierher zurück.«
    So viel stand fest, der Fürst sollte sich heimlich im Forsthaus einquartieren. Barbara hatte das arrangiert. Bei Einbruch der Dunkelheit würde sie sich hierherschleichen, um morgens in den Palast zurückzukehren.
    »Ich soll Euch bestellen, dass Ihr der Königin etwas versprochen habt.« Alexios grinste unwillkürlich und sehr eindeutig. In der Tat hatte er etwas versprochen. Plötzlich störte ihn etwas. Mit Zeigefinger und Daumen griff er auf seine Zunge. Ein Haar. Von ihr.
    Nachdem er sich gestärkt hatte, erkundete er mit dem Kuvasz zusammen die nähere Umgebung, streifte durch den Wald und gelangte schließlich an einen Weiher. Die Mittagssonne lag mit ihrem breiten Hintern auf dem Wasser. Er zog sich aus und genoss das kühle Wasser. Mit ausgreifenden Schwimmzügen durchmaß er den kleinen See.
    Anschließend holte er seine Sachen, schlief eine Weile und aß dann mit der Königin zu Abend. Dann trieben sie sich in ihrer Lust bis zur totalen Erschöpfung. Diesmal brachte er sie im Morgengrauen zur Stadt zurück, dann schlief er den Schlaf der Gerechten. Clara wohnte im Forsthaus und bediente ihn. Sie sprachen nicht viel miteinander.
    Der Fürst stürzte in die Liebe, nichts hielt ihn, in eine Welt ohne Grund. Ein Fleisch, das ein anderes Fleisch begehrte. Aber er war glücklich.
    Zuweilen kam es vor, dass sie durch den nächtlichen Wald spazierten und Barbara von ihrer gewalttätigen Familie erzählte, dem Grafengeschlecht derer von Cilli, die an jeder Intrige in Ungarn beteiligt war. Von ihrer Tochter Elisabeth, die sie aber nicht zu sehen bekam, von dem Mann, den sie nicht liebte, diesem kalten Luxemburger, und der sie auch nicht liebte. Von ihrer Sehnsucht nach einer anderen Welt, in der alle Menschen glücklich werden würden, von den Geheimnissen des Lebens, die sie mithilfe der Alchemie zu entschlüsseln hoffte.
    »Stell dir vor, was wir alles machen könnten, wenn wir den Stein der Weisen hätten! Wir würden die Krankheiten und den Tod besiegen und, weil wir Geld hätten, auch die Armut«, sagte sie, und ihre Augen strahlten. Wenn sie diesen Gedanken folgte, fielen alle Politik, aller Zynismus, die von ihr wie eine Provokation gepflegte Verruchtheit ab und sie wurde wieder zu dem jungen Mädchen, das sie einmal gewesen war, rein und heilig, bevor Sigismund sie in ihrer Hochzeitsnacht vergewaltigt hatte. Ihre Mutter hatte sie nicht in die Geheimnisse der Sexualität eingeführt, ihr Vater sie nicht gewarnt, dass Sigismund von ihr steigen würde wie von seinem Pferd – sie war nur eine Währung im Spiel der Macht gewesen. Die Ehe galt als vollzogen und mithin als rechtmäßig. Sie war stark und verletzt genug, die

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