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Byzanz

Byzanz

Titel: Byzanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fleming
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Bart.
    »Herr, unsere Reichsidee ist der Nagel der Welt. Zieht man ihn heraus, stürzt die Welt ein! Das Reich ist nicht die Erfindung eines Philosophen, eines Gesetzgebers oder Herrschers. Wie soll es nicht mehr in Gottes Plan stehen, wenn es einmal in Gottes Plan stand? Schließlich ist der Allerhöchste, die Ursache allen Seins, im Gegensatz zu uns wetterwendischen Menschen unwandelbar. Gott ändert sich nicht. Wenn es einmal bei ihm beschlossen war, so wird es auch sein.«
    Johannes’ Blick verriet, dass sein Interesse an dem nur wenig jüngeren Mann wuchs.
    »Wir sehen das so«, sagte Manuel. »Der Papst und der Sultan haben eine vollkommen andere Sicht auf die Dinge. Vielleicht ist es aber auch der Lauf der Welt, dass Reiche entstehen und wieder untergehen. Hat unser aller Herr nicht gesagt: Mein Reich ist nicht von dieser Welt – und wir haben es nur falsch verstanden? Jesus Christus ermahnte Petrus: Du tust, was menschlich ist, nicht aber, was göttlich ist. Können wir unwissenden Menschen denn wirklich im Plan Gottes lesen? Wo, mein junger Kapitän, sind die Pharaonen geblieben, wo Alexander der Große? Alle, alle sind sie zu Staub zerfallen! Neue Völker kommen, alte gehen. Warum nicht auch wir eines Tages? Vielleicht ist unsere Zeit längst vorüber, und wir haben es nur nicht gemerkt. Und machen nur noch aus Trägheit und Gedankenlosigkeit weiter. Wir haben lediglich vergessen zu sterben, sind aber längst tot. Weil wir nie etwas anderes kennengelernt haben, glauben wir, es müsse ewig halten. Vielleicht haben wir aber auch nur aus unseren Gewohnheiten und Bequemlichkeiten eine Weltanschauung gezimmert.«
    »An Kultur und Bildung sind wir ihnen allen überlegen«, warf Loukas ein.
    »Kümmert das junge Völker, beeindruckt das Eroberer? Kultur liebt nur, wer sie besitzt, in allen anderen erzeugt sie bestenfalls Gleichgültigkeit, gemeinhin aber Wut, weil man sie zwar zerstören, nicht aber erobern kann.«
    Loukas schüttelte mehrmals den Kopf, als wolle er den Gedanken gar nicht erst an sich heranlassen. »Verzeiht, mein Herr. So wie ich an Gott, den Sohn und den Heiligen Geist glaube, bin ich dessen gewiss, dass wir Rhomäer zum Herrschen geboren sind. Oh Herr, nennt mir nur ein Reich, das älter ist als das unsere! Und wenn das Euch nicht überzeugt, dann schaut auf Gott. Ihr seid des Allmächtigen erster Diener, nicht der sogenannte Kaiser der Lateiner, nicht der Papst, nicht der Sultan, Ihr und nur Ihr seid es! Schaut Euch die Ikone des Pantokrators an, Jesus Christus als Himmelskaiser, ein Bildnis, das kein Maler geschaffen, sondern Gott selbst inspiriert hat, und dann verratet mir, wie ihr im Angesicht des Herrn zu zweifeln vermögt! Gott hat uns eine schwere Last auferlegt. Dieses Gewicht drückt uns nieder, lässt uns zweifeln und verzweifeln, aber er prüft uns nur. Es ist unsere Aufgabe. An ihr zu verzweifeln hieße von Gott abzufallen.«
    »Und doch schmilzt unsere Macht wie Schnee in der Sonne«, seufzte der Kaiser.
    »Vielleicht aber wächst sie auch in diesem Moment! Als das Kreuzfahrerheer der Lateiner vor zweihundert Jahren Konstantinopel erobert und geplündert hatte und Balduin von Flandern den Thron durch Usurpation besudelte, war es Euer Ahn, Michael VIII. Palaiologos, der sie verjagt und Konstantinopel zu neuer Größe geführt hat. Ewigkeit ist doch nur die Summe aus Aufstieg und Niedergang. Entscheidend ist einzig, dass man den Niedergang übersteht, dann wird man den Aufstieg erleben!« Loukas’ Augen leuchteten, weil er stolz war auf seine gelungene Beweisführung.
    »Sollen wir mit den Lateinern die Kirchenunion eingehen, um sie als Verbündete und als Helfer zu gewinnen?«, fragte der Kaiser unvermittelt.
    »Wenn das Konzil bei uns in Konstantinopel und nicht im Westen stattfindet, kann man zumindest zusammentreffen«, antwortete Nikephoros.
    »Ich habe die Frage deinem Sohn gestellt.«
    »Es kommt auf die Bedingungen an«, sagte Loukas. »Schließlich sind sie die Häretiker und wir die Rechtgläubigen. Wenn wir uns nicht dem Papst unterordnen und auch nicht ihre ketzerischen und wunderlichen Vorstellungen vom Ausgang des Heiligen Geistes aus Gott und dem Sohn übernehmen müssen, dann könnten wir es wagen, nur …« Loukas verstummte.
    »Nur?«, hakte der Kaiser nach, der ihn genau beobachtete.
    »Herr, mein Vater hat mir oft von der Reise erzählt, die er mit Euch durch den Westen nach Venedig, Paris und London unternommen hat, und davon, wie wenig dabei

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