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Byzanz

Byzanz

Titel: Byzanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fleming
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gesagt, ja, ich hasse ihn geradezu! Wisst Ihr, wie schön Thüringen ist, mit seinen tiefen Wäldern und sanften Bergen? Und Mädchen gibt es bei uns, dafür würdet Ihr einmal um die Welt reiten, um ihnen die Ehe antragen zu dürfen! Um freien zu können und eine Familie zu gründen, müsste ich schon ein Gut erkämpfen. Und bei Gott, das werde ich!«
    »Ja, das wirst du!«, sagte der Fürst. Ein Staunen, mit dem sich die Männer gegenseitig ansteckten, lief durch den Raum und erreichte schließlich auch den Fürsten. Drei Frauen – eine ältere und zwei deutlich jüngere – traten herein. Es war offenkundig, dass sie von besonderen Damen Besuch erhielten. Alexios erkannte die ältere, die eine Art schwarzes Cape über ihrem dunklen Kleid trug, sofort und eilte ihr pflichtschuldig entgegen.
    »Majestät!«, sagte er und verbeugte sich. »Treue Herren, kniet nieder! Die Kaiserin beehrt uns«, rief er den Rittern zu.
    Ein Raunen ging durch die Reihen, doch Helena erhob abwehrend die Hände.
    »Bleibt. Keine Verbeugung. Ruht euch aus, liebe Herren. Die Kaiserin ist dankbar, dass ihr zu uns geeilt seid, um uns gegen den Ansturm der Heiden zu verteidigen. Gottes Ritter und Retter der Christen, seid willkommen! Und du, mein lieber Alexios, erhebe dich. Wir haben zu reden.« Er folgte ihrer Aufforderung. In ihren Augen entdeckte er Freundlichkeit und Güte. Es tat ihm gut, so behandelt zu werden.
    »Gut, dass du endlich wieder bei uns bist. Rechtzeitig in der Stunde der höchsten Gefahr. Und du kommst nicht allein. Gut gemacht. Ich habe gehört, mein Sohn hat dir einen allzu kühlen Empfang bereitet. So ist es an seiner Mutter, dich zu begrüßen, wie es deinem Rang und deinen Verdiensten gebührt.« Sie lächelte mit einer genau berechneten Wärme, die bei aller menschlichen Sympathie den Unterschied nicht aufhob, der zwischen der Kaiserin und einem Fürsten bestand, wie es nur eine lange Erfahrung so treffsicher vermochte. Ihr Verhalten milderte den demütigenden Empfang, den ihm Johannes vor seinen Leuten bereitet hatte.
    »Ihr alle, gute Herren, seid Gäste der Kaiserin. Ich schicke euch Diener und Köche, außerdem einen lateinischen und einen orthodoxen Priester. Zur Entlastung eurer Knappen sollt ihr noch ein paar Pferdeknechte gestellt bekommen, die das Futter für eure Rösser herbeischaffen werden.«
    Die Ritter verneigten sich zum Dank. In der Tat hatten die Knappen vollauf damit zu tun, die Pferde der Ritter und ihre eigenen zu versorgen. Der Stall des Fürsten erwies sich als zu klein für die vierhundertzwanzig Tiere, und so waren der Rasen und die Blumenrabatten zur Pferdeweide geworden.
    Alexios führte die Kaiserin in sein Arbeitszimmer im ersten Stock des zweistöckigen Palastes, während ihre Zofen unten im Saal warteten und sich unsicher fühlten, umgeben von so viel geballter Männlichkeit. Aber die Ritter wussten sich angesichts des Standes der Damen zu benehmen, kein unzüchtiger Blick, keine Zote. Schließlich waren sie keine Söldner, keine Spießgesellen.
    Als sich Helena und Alexios in den reich verzierten Lehnstühlen aus Ebenholz gegenübersaßen, machte die alte Kaiserin dem Fürsten Hoffnung, dass Johannes bald in sein altes Verhältnis ihm gegenüber zurückfinden würde. Wichtiger war im Augenblick, dass alle zusammenstanden, um Konstantinopel zu verteidigen. Helena sprach langsam, ruhig und mit der Gewissheit der Erfahrung. Von der Wand schaute ein sechsflügeliger Engel mit einer Lanze in der Hand. Es hieß, im Gesicht des Engels hätte der Maler Isaak Angelos, den ersten der drei Angeloi-Kaiser, porträtiert. Obwohl diese Behauptung keiner Prüfung standhielt, nahm Alexios sie gern für bare Münze. Er hatte es so einzurichten gewusst, dass die Kaiserin den Engel anschauen musste. »Mach deinen Frieden mit Loukas Notaras, er ist so tüchtig wie du. Nach dem Sieg kümmere ich mich persönlich darum, dir eine passende Frau von kaiserlichem Geblüt auszusuchen. Aus dem Verlust soll dir vielfacher Gewinn entstehen«, schloss die Kaiserin und lächelte huldvoll.
    Alexios wünschte nichts weniger, als zu heiraten. Überdies empfand er zum ersten Mal in seinem Leben so etwas wie Treue zu einer Frau, zumindest kein Verlangen nach einer anderen. Dennoch gebot es ihm die Pflicht, auf die Knie zu sinken, den Rubin des goldenen Rings der Kaiserin zu küssen und sich für die unaussprechliche Gunst zu bedanken. Den Zorn darüber legte er in die Watte der Politik.

53
    Auf dem Weg nach Bursa,

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