Byzanz
schrie er. Der Kommandeur seiner Eskorte stand im nächsten Moment im Saal.
»Bring sie zum Stadtpräfekten, bestell ihm, dass sie eine Hexe und eine Giftmörderin ist. Er soll sich vor ihr in Acht nehmen und kurzen Prozess machen, zu seiner und unser aller Sicherheit.«
Emilija machte einen Schritt auf ihn zu und lächelte ihn an. »Die serbische Himmelfahrt habe ich dir versprochen. Willst du sie nicht kennenlernen, bevor du mich dem Henker übergibst? Einmal noch.« Alexios spürte, dass sich tief in seinem Innern etwas regte, ein unverständliches Verlangen erwachte.
»Ich bin doch sowieso hinüber. Willst du nicht auch noch die Lüste genießen, die ich dir bisher vorenthalten habe? Im Vergleich dazu ist das, was du bisher erlebt hast, nichts.«
»Aber warum hast du mir etwas vorenthalten?«
»Oh, wie naiv du bist, mein kleiner Alexios! Die dummen Huren geben alles, die klugen eine Ahnung von dem, was noch kommen könnte. Einen Freier darf man nicht befriedigen, sondern man muss ihn bei der Stange halten. Du hast nicht mehr gewollt, obwohl du alles hättest haben können. Es lag einfach außerhalb deiner Vorstellungskraft.«
Das traf ihn, denn er hatte immer geglaubt, dass er nichts ausgelassen hatte. Nun verwandelten ihn ihre Worte in einen naiven Schulbuben mit ein paar ungezogenen Phantasien. Sie nahm seine unmerkliche Betroffenheit instinktiv wahr und folgte weiter ihrer Taktik der Verlockung. »Du besitzt eine viel zu geringe Vorstellung von dem, was ein Fleisch mit dem anderen machen kann. Noch weißt du es nicht, glaub mir, Liebster, aber du bist neugierig, du willst es wissen, und du bist eitel, das heißt, du musst es wissen. Schick den Kerl raus, und ich zeige dir, wovon du bis jetzt noch nicht einmal zu träumen in der Lage bist. Schick ihn raus, Alexios!« Ihre Augen schienen verhüllt. Ekel erfasste ihn bei ihrem Anblick, dieses verschlagene, triefende Wesen, dieser Schmutz, dieser schiere Körper, den er sehen, hören, greifen, riechen und schmecken konnte, den er hasste, die Wollust des Ekels, die ihm unter die Haut ging. Gleich hier hätte er sich mit ihrem Leib paaren wollen, wie die Hunde, ihr zeigen, dass all ihre Künste vor seiner Männlichkeit versagen würden und von ihrem selbstgewissen Wesen nur ein Winseln übrig blieb.
»Hast du Angst, Angst vor einer gefangenen Frau? Angst vor dir selbst, Angst, dich zu blamieren? Alexios?«
Herausfordernd lachten ihre Augen ihn an. Er fühlte sich nackt vor ihr mit seiner entblößten Seele. Mit der rechten Hand packte er die Frau am Hals, schob sie gegen die Wand und drückte zu. In ihrem Gesicht standen Triumph und Selbstgewissheit, und beides reizte seinen Zorn und seine Lust. Doch der Widerwille siegte.
Die Berührung ihrer abgegriffenen Haut war ihm auf einmal so unangenehm, dass er nur noch seine Hände waschen wollte und sie losließ. Emilija rang nach Atem und hustete. Obwohl sie seine Schwäche bestens ausnutzte, konnte sie jedoch mit einem nicht rechnen, mit seinem Stolz, mit seiner Abscheu, damit, dass er, wenn er sie sah, er auch den Seemann, Eugenios, vor sich hatte, mit dem er sich gemeinmachen würde. Natürlich blieb es seiner Vorstellungskraft nicht verschlossen, dass ihr Körper durch die Hände vieler Männer gegangen war. Das machte ihm nichts aus. Ihm ging es nur um den einen, um jene armselige Gestalt, die er dem Henker überantwortet hatte. Es war der Mann, den er erkannte, der eine Mann zu viel. Sie hatte für ihn jeglichen Wert verloren.
»Bringe sie zum Stadtpräfekten!« Emilija wollte noch etwas sagen, doch Photios hatte sie bereits am Oberarm gepackt und zog sie unbeeindruckt mit sich hinaus.
Zwei Tage später benachrichtigte der Stadtpräfekt den ehrenwerten und hochverehrten Fürsten, dass man Eugenios, dem Giftmischer, Gülle eingeflößt hatte, bis er dran erstickte, während man Emilija, nachdem sie mit feurigen Zangen gezwickt worden war, als Hexe verbrannt hatte. Er hoffe, so der Stadtpräfekt, dass der gnädige Herr Fürst erkennen möge, dass er zum Wohle der Stadt streng nach dem Gesetz vorgegangen sei. Die Unterwürfigkeit des Beamten beschäftigte Alexios nicht weiter, für ihn zählte nur, dass geschehen war, was zu geschehen hatte.
Nun endlich konnte er im Garten seines Palastes den Kuvasz begraben. Lange saß er auf einer kleinen Bank, die er eigens hatte aufstellen lassen, und dachte an die vielen Abenteuer, die sie gemeinsam bestanden hatten. Wie einen Mantel aus Samt zog sein Herz die Wehmut
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