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Byzanz

Byzanz

Titel: Byzanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fleming
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wisst, wann ich Unterricht im Kloster habe.« Mit diesen Worten ließ sie den Gelehrten stehen und eilte in Richtung des Palastes. Dabei wunderte sie sich, wie schnell sie sich mit dem Lateiner verabredet hatte. Sorgen darüber, dass die Diener etwas ihren Eltern berichten könnten, musste sie sich zum Glück nicht machen, denn von denen verstand keiner Latein. Und dass es auf den Straßen der Stadt zu unliebsamen Begegnungen kam, stellte nichts Neues dar, dafür hatte sie ja den Begleitschutz.
    Nach dem Abendessen, das die Familie bei dem schönen Wetter im Garten eingenommen hatte, fragte sie ihren Vater, warum er sich so ablehnend gegen das Unionskonzil verhielt.
    »Weil es Sünde ist, denn die Lateiner verbreiten häretische Vorstellungen und nehmen zur Eucharistie ungesäuertes Brot. Außerdem würden die Türken die Union zurecht als gegen sich gerichtet empfinden. Ein unnötiger Konflikt mit ihnen wäre die Folge.«
    »Aber Bessarion ist dafür«, warf Eirene ein.
    Loukas schüttelte den Kopf. »Bessarion ist ein Träumer, ein Philosoph. Er muss aufpassen, dass er eines Tages nicht einmal in ein Loch fällt, weil seine Augen immer am Himmel kleben.«
    »Vor allem ist er unser Freund!«, sagte Eirene. Ihr gefiel es nicht, wie ihr Mann über ihren langjährigen Gefährten sprach.
    »Das wird er auch bleiben, meine Liebe. Aber du könntest zur Abwechslung dem Kind einmal erklären, was die Lateiner in den fünfzig Jahren, in denen sie in Konstantinopel herrschten, alles zerstört und gestohlen haben!«, entgegnete Loukas schroff.
    Eirene wurde blass. »Wie sprichst du eigentlich mit mir?«
    Loukas entschuldigte sich.
    Eirene verschränkte die Arme. »Du bist sehr angespannt, Loukas. Merkst du das eigentlich noch?«
    »Du hast recht.« Loukas atmete tief ein und wieder aus. »Aber ich habe Angst vor einem Unglück, um nicht zu sagen vor einer Tragödie. 1422 konnten wir die Katastrophe, die von den Abenteuern einiger adliger Herren und auch des Kaisers ausgegangen war, im letzten Moment noch abwenden. Die Türken sind seitdem nicht schwächer geworden.«
    »Müssten wir nicht gerade aus dem Grund Verbündete suchen und die Türken schlagen, bevor sie uns über den Kopf wachsen?«, fragte Eirene.
    In Loukas’ Lächeln lag ein Hauch von Resignation. »Sie sind uns längst über den Kopf gewachsen.«

23
    Kaiserpalast, Konstantinopel
    In dem kleinen Saal im Erdgeschoss des Palastes, den die Fürstin dafür benutzte, die Dienstboten einzuteilen und mit dem Koch die Speisefolge für den kommenden Tag zu besprechen, saß Alexios in einem bequemen Lehnstuhl, den er sich extra aus seinem Gesellschaftssaal im ersten Stock hierher tragen ließ. Gestützt auf seinen Sekretär, einem Neffen von Georgios Sphrantzes, hatte er das Bett verlassen und sich, noch ein wenig wacklig auf den Beinen, nach unten begeben. Eile tat not. Wollte er mit seinen Ermittlungen überhaupt noch einen Erfolg erzielen, durfte er keine Minute ungenutzt verstreichen lassen. Er wähnte die Übeltäter ohnehin schon fern der Stadt. Îngers Anblick, der im Vestibül aufgebahrt lag, ging ihm nicht aus dem Kopf. Traurig wünschte er sich, noch einmal das Bellen des Hundes zu hören, noch einmal mit ihm herumzutollen. Zorn über die Vergiftung des treuen Tieres drückte die Trauer in den Hintergrund. Unter dem Kommando eines Griechen aus Mistra namens Photios führten zehn Bewaffnete die fünf Diener des Stadtpalastes herein. Zur grimmigen Freude des Fürsten befand sich Eugenios, der zweite Diener, den Emilija angeschleppt hatte, unter ihnen. Nicht im Palast, sondern im Hafen, wo er eine Heuer suchte, um die Stadt zu verlassen, hatte Photios ihn aufgegriffen.
    »Warum war von euch keiner im Palast?«, fragte der Fürst kehlig.
    Der Koch, ein runder Kerl mit lustigen Augen, trat einen Schritt vor und verbeugte sich. »Herr, Emilija hatte uns allen freigegeben, weil sie mit Euch allein sein wollte.«
    »Ist keinem von euch etwas aufgefallen?«, herrschte er die Männer an, deren Angst er riechen konnte. Sie schüttelten den Kopf. »Hat jemand eine Idee, wo sich diese Frau aufhält?« Keiner der Diener rührte sich. »Wer mir etwas sagen kann, darf in meinen Diensten bleiben, die anderen sind entlassen.« Die Domestiken schwiegen betroffen. Damit hatten sie offenbar gerechnet und konnten glücklich sein, dass ihnen nicht Schlimmeres widerfuhr, dennoch verloren sie ohne eigenes Verschulden eine lukrative Stellung.
    »Wenn mir zu Ohren kommt, dass einer von

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