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Byzanz

Byzanz

Titel: Byzanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fleming
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im Sattel zugebracht hatte und wohl kaum etwas besser konnte als zu reiten, gelang es ihm und seinem Führer nicht, die Königin einzuholen. Nach einer endlosen Ebene tauchten sie endlich in das Gebirge ein, das ihnen anfangs Lieblichkeit vorgaukelte, dann aber sehr rasch immer schroffer wurde. Zum Krächzen der Raben gesellten sich bedrohlich die Geräusche unreiner Geister aus den Wipfeln der Bäume und den Tiefen der Büsche. Was sich hinter den Vorhängen aus Grün versteckte, ließ sich nur ahnen. Die Mücken, die in den vielen morastigen Senken ihre Paradiese fanden, fraßen sie fast auf. In der anbrechenden Dunkelheit entdeckten sie am Ende des Hohlweges Licht. Wölfe stimmten ein Geheul an zum Zeichen, dass ihre Stunde anbrach.
    Immer genauer schnitt sich aus dem Filz der Nacht die hohe Burg mit ihren vielen kleinen Türmen heraus, aus denen verschwenderisch der Schein der Fackeln und Kerzen drang. Eine riesige Fichte griff mit einem Ast über den Weg, unter dem ein Beutel hing. Bevor Alexios danach greifen konnte, öffnete sich der Beutel, und spitze Zähne fletschten den Fürsten an. Dann flog der Beutel, der sich als Fledermaus herausstellte, in die Finsternis der Nacht, um zu jagen. Mond und Sterne verbargen sich hinter dichten Wolken. Obwohl die Sommersonne noch in der Steppe gedrückt hatte, pfiff im Gebirge ein kühler Wind.
    Endlich standen sie vor der Burg.
    »Wir sind da«, sagte der Wegführer, der sich kaum noch im Sattel zu halten vermochte. Alexios sah ihm an, dass er ohne Murren den raschen Ritt mitgemacht hatte, weil die Furcht ihm im Nacken saß, im Wald übernachten zu müssen. Nur ein Dummkopf vergaß, dass hier Höhlen existierten, die eine Verbindung zur Hölle besaßen, und dass nachts die Unterwelt ihre Tore öffnete und das Böse das Gebirge beherrschte.
    Die Zugbrücke war bereits hochgezogen. Alexios brüllte sich fast die Seele aus dem Leib, bevor ein Wachmann von der Zinne herunterschaute und etwas sagte, das er nicht verstand. Sein Begleiter antwortete in der gleichen Sprache. Der Wachsoldat schimpfte, das nahm sogar Alexios wahr – und es schien ein derber Fluch zu sein, der aus seiner obstbrandgewohnten Kehle kam. Sein Begleiter kommentierte nur: »Fahr zur Hölle!« Ächzend und rasselnd senkte sich die Zugbrücke herab. Die Kante setzte kaum auf dem gegenüberliegenden Felsen auf, da gab Alexios bereits seinem Pferd sanft die Sporen. Ihn beherrschte nur ein einziger Gedanke: Gleich würde er Barbara gegenüberstehen! Sicher würde sie ihn wieder an der Nase herumführen wollen. Aber inzwischen kannte er sie gut genug, um ihre Absichten zu durchkreuzen.
    Mitten im Burghof vor dem Hauptgebäude zügelte er sein Pferd und sprang aus dem Sattel. Er reckte und streckte sich. Es tat gut, ein paar Schritte zu gehen. Mit einer Selbstverständlichkeit, als hätte sie ihn erwartet, kam ihm Clara von Eger, die Erste Zofe der Königin, entgegen. Die kleine Missbilligung, die sich im Zucken ihrer hängenden Mundwinkel verriet, drückte Überraschung darüber aus, dass er so spät erst eintraf.
    »Ihre Majestät ist jetzt leider beschäftigt, aber Ihr seid willkommen. Ich soll Euch Euer Quartier zeigen, für Euer Abendessen und Euer Wohlbefinden Sorge tragen. Ihre Majestät erwartet Euch morgen zum Frühstück.«
    Alexios’ Augen blitzten, aber er unterdrückte den Zorn, der in ihm aufstieg. »Ist das die Art, einen Gast zu empfangen?«
    »Ruht Euch aus, mein Herr, Ihr werdet Eure Kräfte noch brauchen«, antwortete Clara – mit einem spöttischen Unterton, wie es ihm schien.
    Seine Kemenate befand sich unweit des Rittersaales. Diener deckten ein kleines Abendessen, etwas Fleisch, Geflügel, Brot, Waldbeeren und Wein auf. Er war hungrig wie ein Bär. Nachdem er alles verputzt und keinen Krümel und keine Faser Fleisch übrig gelassen hatte, zog er sich aus, wusch sich und legte sich nackt ins Bett. Auf einem Schemel lag zwar saubere Kleidung, aber er konnte sich nicht recht entschließen, den Haufen durchzusehen. Es tat ihm gut zu liegen. Er spürt seinen Körper, und die Nacktheit gefiel ihm. Jetzt wünschte er sich nur noch ein weiteres Stück Fleisch hinzu, das ihn zudecken würde. Alexios Angelos empfand eine viel zu große Spannung. Der Schlaf stellte sich nicht ein. Obwohl er müde war und die Strapaze der Reise in seinen Knochen hing, hielt ihn das Verlangen, seine Lust zu stillen, wach. Er überlegte, ob er sich an die Zofe wenden sollte. Schließlich hatte sie schon in Buda

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